Raus aus der Bank, Teil 1 „Kunden sollen ein Verständnis für ihr modernes Portfolio bekommen“

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Ratsam ist es dann weiterhin, sich an einer Checkliste zu orientieren: Gesellschaftsvertrag, Firmenname, Firmensitz, Gegenstand des Unternehmens, Stammkapital, Notartermin mit Beurkundung. Und natürlich braucht man ein Firmenkonto. Nach der Registrierung der Firma beim Amtsgericht durch einen Notar und dem Eintrag der Gesellschaft meldete ich die Tätigkeit noch beim Gewerbeamt an und erhielt innerhalb einiger Wochen die Steuernummern vom Finanzamt.

Boris Bochnig, BB&V Investment Consulting

Repräsentative Geschäftsräume sind auch für den selbständigen Berater obligatorisch, das waren meine Kunden aus dem Private Banking gewöhnt und ließ sich mit etwas Glück schnell einrichten. Die Suche nach einem geeigneten Firmennamen hat dagegen etwas länger gedauert, denn ich musste zuerst einen Namen finden, der noch nicht vergeben ist, damit es später nicht zu Problemen kommt. Dabei hilft das Unternehmensregister der IHK, das man kostenlos online abfragen kann.

Mir war es außerdem wichtig, einen Firmennamen zu wählen, der einprägsam ist und mein Dienstleistungsangebot sofort erkennbar werden lässt: BB&V Investment Consulting – bestehend aus meinen Initialen „BB“, dem Zusatz „V“ für Vermögen und der Bezeichnung „Investment Consulting“, die international, etwa in den USA, häufig von Finanzberatern verwendet wird.

Für den Außenauftritt und die Corporate Identity sollte man sich professionell beraten lassen, damit die Dienstleistung auch entsprechend wahrgenommen wird. Man benötigt ein Firmen-Logo, Visitenkarten, Broschüren und natürlich eine Unternehmens-Website, die das gesamte Beratungsangebot attraktiv und verständlich präsentiert. Unter www.bbundv.de veröffentliche ich zum Beispiel Artikel zu aktuellen Börsenthemen. Meine Kunden können sich außerdem online über meine Seite in ihre Portfolios einloggen – ein hervorragender Service, der mit einer modernen Oberfläche von Netfonds bereitgestellt wird und auch über das Handy abrufbar ist.

Ergänzend dazu ist die Präsenz des eigenen Unternehmens in den sozialen Medien wie Facebook, LinkedIn oder Instagram sinnvoll, allerdings auch zeitintensiv, zumal die verschiedenen Plattformen im Sinne der Corporate Identity gut aufeinander abgestimmt sein sollten.

Mehr Freiheiten, mehr Verantwortung

Als früherer Angestellter im Private Banking hatte ich immer die Eigenverantwortung für meine Kunden und meinen Arbeitsplatz. Ich konnte weitgehend selbständig arbeiten, organisierte meine Arbeitswoche selbst, plante Kundentermine und war auch in der Beratung relativ frei – das waren gute Voraussetzungen für meine spätere Selbständigkeit.

Im Gegensatz zu früher habe ich heute zwar flexiblere Arbeitszeiten, aber auch insgesamt mehr Verantwortung und zusätzliche Aufgaben, die mit der eigentlichen Beratung oft wenig zu tun haben. Ich organisiere etwa den eigenen Marktauftritt, mache die Buchhaltung und kaufe Büromaterial ein. Auch viele administrative Aufgaben übernimmt man jetzt selbst, die man früher an Kollegen abgeben konnte, zum Beispiel die Erstellung der Kontoeröffnungsunterlagen. Das führt in der Anfangszeit des Unternehmens auch mal dazu, dass man am Wochenende oder abends am Computer sitzt, aber es lohnt sich, weil man die Früchte seiner Arbeit selbst erntet.

In den letzten Jahren haben viele Banken ihre Vermögensverwaltungskonzepte ausgebaut, aber auch standardisiert. Als selbständiger Berater kann ich heute individuelle Lösungen auch im Rahmen einer Verwaltung anbieten – das ist ein Wettbewerbsvorteil in der Nische. Jede Kundensituation ist einzigartig, da reichen standardisierte Beratungsmuster nicht mehr aus.

So entwickeln sich neue Beratungsansätze, weil Mandanten sich noch mehr öffnen und den selbständigen Berater als ersten Ansprechpartner in ihren Vermögensangelegenheiten wahrnehmen. Das Vertrauensverhältnis zum Kunden vertieft sich, neue Mandate kommen durch dessen Empfehlungen innerhalb privater und beruflicher Netzwerke hinzu.

Wer sich über viele Jahre einen Kundenstamm aufgebaut hat, wird es in der Selbständigkeit leichter haben: Der Kunde wechselt lieber die Bank als seinen langjährigen Berater. Der Trend hin zu einem persönlichen Finanzberater außerhalb der Bank als stabilem Fixpunkt in einer sich schnell wandelnden, zunehmend ambivalenten und komplexen Welt wird sich meiner Einschätzung nach fortsetzen. Das Private Banking ist ohne Zweifel „necessary“ – in welcher Form, das bestimmt am Ende der Kunde.


Über den Autor:
Boris Bochnig ist Gründer der BB&V Investment Consulting. Den Berliner Finanzdienstleister hat er im Oktober 2020 gegründet. Zuvor war er im Private Banking und Wealth Management der Bankhäuser Lampe, Sal. Oppenheim, Commerzbank und der früheren Dresdner Bank tätig. Mit 25 Jahren Berufserfahrung macht er sich dann mit der BB&V selbstständig.

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