Kunden- und Erlösstruktur legen offen Diese Faktoren sind für Erfolg im Private Banking besonders wichtig

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Zeit für verschiedene Betreuungsansätze

Ein Ansatz, um zu differenzierten Betreuungsansätzen und damit angepassten Betreuungsrelationen zu kommen, ist die Betrachtung nach unterschiedlichen Kundentypen im Private Banking. Das Ganze in Abhängigkeit vom aktuellen und künftigen Ertragspotenzial. Die Unterscheidung in vier Kundentypen ist dabei sinnvoll: Standard-, Pflege-, Intensiv- und Wachstumskunden. Jeder Kundentyp wird mit anderen Leistungen und anderen Zeitansätzen versehen. Für die Einordnung und die unterschiedlichen Betreuungsstrategien müssen klare Abgrenzungskriterien gefunden werden. Woran wir im Private Banking hohes aktuelles und künftiges Ertragspotenzial festmachen, muss für die Bewertung der Portfolios möglichst interpretationsfrei festgelegt werden.

Beispielhafte Kriterien für aktuelles Ertragspotenzial:

• Gesamthöhe liquider Assets im Hause
• Einfacher, pflegeleichter Kunde
• Risikobereitschaft und Bereitschaft, auch in ertragsreiche Produkte zu investieren et cetera.

Beispielhafte Kriterien für künftiges Ertragspotenzial:

• Bekannte oder vermutete fremde Vermögenswerte in nennenswerter Höhe
• Sehr vermögender familiärer Hintergrund
• Bekannte oder vermutete vermietete Immobilien in nennenswerter Höhe
• Noch nicht erschlossener Zugang zu weiteren vermögenden Familienmitgliedern et cetera.



Quellen: Morof, Kennzahlen und Benchmarks im Private Banking 2014

Sind sowohl aktuelles als auch künftiges Potenzial standardisiert bewertet, kann die Einordung des Portfolios erfolgen. Im Ergebnis kann das dazu führen, dass ein Berater, der sehr viele Pflegekunden zu betreuen hat – man denke an den Typ alleinstehende, konservative, aber dennoch sehr vermögende ältere Dame –, deutlich mehr Kunden aufnehmen muss. Anders der Private-Banking-Betreuer, der viele aktive Unternehmerfamilien mit komplexen Vermögensstrukturen im Kundenportfolio hat.

Was zu tun ist

In den Blick nehmen sollte man daher die Kunden-Berater-Relation. Landläufig wird im Private Banking sehr einfach von 90 bis 150 Kunden pro Berater ausgegangen. Bei dieser pauschalen Zielkundenzahl wird vorausgesetzt, dass es sich bei allen Kunden tatsächlich um vermögende Kunden mit einer bestimmten durchschnittlichen Betreuungsintensität und dem daraus folgenden Zeitaufwand handelt. Alleine diese Annahme steht häufig auf tönernen Füßen, und ein Blick auf die Realitäten zeigt, dass Beraterportfolios oft zu mehr als 50 Prozent nicht aus Zielkunden bestehen (siehe Grafik). Die angenommene Beratungszeit je Kunde fließt als entscheidende Variable in die Kapazitätsrechnung ein.


Quellen: Morof, Kennzahlen und Benchmarks im Private Banking 2014


Aus Sicht der Bank rechnet sich dieser sehr hohe individuelle Ressourceneinsatz nur bei Kunden, die ein hohes aktuelles und künftiges Ertragspotenzial aufweisen. Missverhältnisse können sich zu unerkannten Kostentreibern entwickeln. Macht sich eine Bank die Mühe, diese abzustellen, ergeben sich zwangsläufig Möglichkeiten, das Private Banking effizienter zu machen. Zieht man die oben gemachten Ausführungen ins Kalkül und unterscheidet man die Beraterportfolios nach weiteren Details, so kann dies zu deutlich abweichenden Ergebnissen führen. Dabei verdienen die Beraterportfolios – in der Datenerhebung wie später in der Umsetzung – eine genaue Betrachtung.

Eine Auswahl an Leitfragen zu den Beraterportfolios kann dabei helfen:

• Wie hoch ist die Auslastung mit Zielkunden?
• Wie hoch ist der Deckungsbeitrag je Kunde?
• Wie ist die Altersstruktur der Vermögenden?
• Werden unterschiedliche Kundengruppen mit differenzierten Betreuungsstrategien und Zeitansätzen betreut?
• Wie ist die Asset-Klassen-Verteilung von vermögenden Kunden?
• Wie ist die Asset-Klassen-Verteilung von Teilkundengruppen?

Die Potenziale auf der einen Seite und der Ressourceneinsatz auf der anderen Seite müssen beim Private Banking in jeder Bank für sich betrachtet werden. Patentrezepte gibt es dafür nicht. Auf Basis der hier in diesem Beitrag vorgestellten, bestandorientierten Sichtweise, lässt sich dieses Thema weiter entfalten. Wie zusätzliche Erlöspotenziale gehoben und die Entwicklung dynamisiert werden kann, damit soll sich mein nächster Beitrag beschäftigen.

Im zweiten Teil untersucht der Autor, wann Wachstum der AuMs wirklich Wachstum sind.


Über den Autor:
Alexander Morof ist Partner des Stuttgarter Beratungsunternehmens compentus, das auf Banken spezialisiert ist. Schwerpunkte seiner Beratertätigkeit sind das Geschäft mit vermögenden Kunden und generationenübergreifende Beratungsansätze. Als Lehrbeauftragter unterrichtet er seit 2001 an Hochschulen und ist Autor von Fachartikeln und Buchpublikationen. Sein aktuelles Buch „Kennzahlen und Benchmarks im Private Banking“ (2014) befasst sich mit Begriffsabgrenzungen, Segmentierungsansätzen und konkreten Beispielen in regionalen Instituten.

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