Langsame Annäherung Sind Kryptowährungen in der Vermögensverwaltung angekommen?

Ein Händler in Manhattans "Diamond District" wirbt damit, Bitcoin zu akzeptieren.

Ein Händler in Manhattans "Diamond District" wirbt damit, Bitcoin zu akzeptieren. Die Branche der Vermögensverwalter ist da noch skeptischer, nähert sich den Kryptowährungen aber langsam an. Foto: Imago / Zuma Press Wire

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Verluste von 90 Prozent und mehreren Millionen US-Dollar innerhalb weniger Minuten sind nicht die Regel, aber auch keine Ausnahme. Allein Ende Januar und Anfang Februar haben drei Memecoins deswegen Schlagzeilen gemacht: der vom argentinischen Präsidenten Javier Milei beworbene $Libra, $Trump und $Melania. Was ist passiert? Der klassische „Rug Pull“. Meme-coin-Gründer und/oder Großinvestoren ziehen Kleinanlegern den Teppich unter den Füßen weg. Sie nutzen einen Ansturm auf ihren Spaßcoin, der den Kurs explodieren lässt, um ihr eigenes Kapital abzuziehen und so Gewinne mitzunehmen. Der Kurs des Memecoins implodiert. Meistens initiieren sie den Hype selbst.

Trumps Unterstützung: Mehr Schaden als Gewinn?

Milei hat Anfang Februar auf X für die Kryptowährung $Libra geworben, seinen Post aber schon zwei Stunden später wieder gelöscht, weil er angeblich nicht mehr dahinterstand. Zu spät. Zahlreiche Spekulanten hatten ihm vertraut, $Libra-Coins gekauft und ihr Geld kurz darauf verloren. Milei war angeblich nicht eingeweiht und plädiert auf naiv statt schuldig. Ähnlich lief es bei den Coins der Trump-Familie. Auf den Hype folgte der Exit und damit der Verlust von Millionen.

Donald Trump präsentiert sich zwar als großer Verfechter von Kryptowährungen und Unterstützer der Kryptobranche. Ob er ihr damit einen Gefallen tut, ist allerdings fraglich, auch wenn Kryptokurse – wie etwa der Bitcoin-Preis – nach seinem Amtsantritt rasant gestiegen sind. Allein, dass Trump offizielle Memecoins launcht, schadet der Branche mehr, als dass es ihr nutzt. Solange er selbst investiert ist, nutzt er sein Amt, um sich zu bereichern, und macht sich noch leichter bestechlich. Zudem nimmt er Vertrauensverluste in Kauf.

Warum Memecoins zumindest kurzfristig einen Platz im Portfolio haben

Das Problem bei Memecoins: Jeder kann sie innerhalb von wenigen Minuten erstellen. Gestartet sind sie als Witz. Genutzt werden sie weiterhin fast ausschließlich für Scherze oder Betrug. So sind sich auch Vermögensverwalter einig, dass Memecoins in der Vermögensverwaltung nichts zu suchen haben. Acatis-Gründer Hendrik Leber nennt als Beispiel explizit den Trump-Coin: „Hier geht es nur um die Person und nicht um das, was dahintersteht. Generell sind Memecoins meiner Ansicht nach Betrug, wie auch viele der Non-Fungible Tokens.“

Kai Heinrich, Vorstandsvorsitzender der Plutos Vermögensverwaltung, stimmt zu: „Ein professionelles Kryptoportfolio sollte sich von spekulativen und hochvolatilen Projekten wie Memecoins oder unbekannten Altcoins ohne erkennbaren Mehrwert fernhalten.“

Eine Gegenstimme kommt von Roger Arnet, Leiter Private Banking Deutschland bei MaerkiBaumann & Co. Arnet zufolge sollten selbst Memecoins nicht kategorisch ausgeschlossen werden, seien aber für die langfristige Vermögensallokation ungeeignet. „Solche Assets eignen sich eher für taktische Positionierungen sogenannter Altcoin-Zyklen“, so Arnet. Er schaut stattdessen auf die Liquidität und Marktkapitalisierung und meidet illiquide digitale Vermögenswerte und Krypto-Assets im niedrigen Millionenbereich.

 „Aus meiner Sicht trauen sich mittlerweile einige so allmählich an die Asset-Klasse heran, aber immer noch sehr verhalten und breit gestreut in einer minimalen Gewichtung.“

Während die Vermögensverwalter übereinstimmen, dass es Coins gibt, die aus dem Portfolio ausgeschlossen werden sollten, sind sie uneinig, ob Kryptowährungen überhaupt in die Vermögensverwaltung gehören. Die Branche bewegt sich langsam. So auch Lebers Eindruck: „Aus meiner Sicht trauen sich mittlerweile einige so allmählich an die Asset-Klasse heran, aber immer noch sehr verhalten und breit gestreut in einer minimalen Gewichtung.“

Gründe für die Skepsis gegenüber Bitcoin und Co.

Gründe für die Skepsis sind aber nicht allein die fehlende staatliche Deckung, Volatilität und Angst vor Verlusten, sondern auch mangelndes Verständnis. Das vermutet zumindest Christian Mallek, Geschäftsführer von Sigavest: „Kryptowährungen werden immer noch von vielen abgelehnt, weil sie die Funktionsweise nicht verstehen.“ Die technischen Details zu durchdringen sei aber gar nicht nötig, wenn man „den grundsätzlichen Nutzen erfasst hat“.

Dem widerspricht Andreas Schyra, Vorstandsmitglied von PVV und Dozent an der FOM Hochschule Essen. Seiner Ansicht nach sollten Berater und Kunde Kryptowährungen verstehen. „Ist dies nicht der Fall, oder ist ein Kunde nicht risikoaffin genug für diese Assets, sollte vom Einsatz von Kryptowährungen abgesehen werden. Kryptowährungen sind sehr komplexe Anlageprodukte und sie unterscheiden sich auch untereinander erheblich“, so Schyra. Zudem sei der Aufbau von Expertenwissen kompliziert, da Kryptowährungen heterogen sind. Wer Bitcoin verstanden hat, ist bei Ethereum beispielsweise noch unbewandert.

Trotz dieser Hürden beobachtet Arnet, dass „die anfängliche Skepsis“ einer „wachsenden Neugier weicht – bis hin zur Offenheit, erste Investitionen zu tätigen“.

„Wachsende Neugier bis hin zur Offenheit“ 

Auch das Interesse institutioneller Investoren wächst stetig. Das ist das Ergebnis einer im Januar 2025 von J.P. Morgan durchgeführten Umfrage unter 4.200 entsprechenden Marktteilnehmern. Zwar gibt mit 71 Prozent ein Großteil der Befragten an, nicht mit Kryptowährungen handeln zu wollen – 2024 lag dieser Anteil allerdings noch bei 78 Prozent. 13 Prozent der Umfrageteilnehmer handeln bereits mit Kryptowährungen, 16 Prozent planen es zumindest. Im vergangenen Jahr gaben nur 9 Prozent der Investoren an, bereits zu handeln, lediglich 12 Prozent hatten es vor.

Regulatorik fördert Investitionen in Kryptowährungen

„Kryptowerte gewinnen zunehmend an Bedeutung im institutionellen Kundengeschäft“, bestätigt Gernot Kleckner, Bereichsvorstand der Commerzbank. Das liege an der wachsenden regulatorischen Klarheit, einer Infrastruktur, die den Ansprüchen institutioneller Investoren gerecht werde, und den Diversifikationsvorteilen, die digitale Assets bieten würden.

Leo Willert, Vorstandsvorsitzender von Arts Asset Management, stimmt zu: „Die wachsende Regulatorik gerade hier in Europa und die Zulassung von ETFs auf Kryptos durch die strenge US-Aufsicht waren wichtige Meilensteine in der wachsenden Marktreife von Krypto-Assets. Der Bitcoin und seine etablierten Verwandten wurden so salonfähig.“

„Bitcoin war fremd, es war wild, es war ungezügelt. Kryptowährungen wurden erst lächerlich gemacht und dann aktiv bekämpft.“ 

 Die fortschreitende Regulierung lobt auch Andy Flury, Vorstandsvorsitzender des Krypto-Dienstleisters Wyden, der es ermöglicht, Kryptowährungen rechtskonform zu handeln. „Am Anfang überwog die Abneigung institutioneller Anleger gegenüber Bitcoin. Es war fremd, es war wild, es war ungezügelt. Kryptowährungen wurden erst lächerlich gemacht und dann aktiv bekämpft“, so Flury.

Das sei kein Wunder, denn Kryptowährungen wurden nicht, wie andere Finanzinstrumente, für institutionelle Investoren entwickelt. Flury: „Es waren zuerst Computer-Nerds, die Bitcoin als dezentrale Währung entdeckt haben und so das etablierte Finanzsystem herausforderten.“ Nun würden Krypto-Assets immer stärker reguliert, was es institutionellen Anlegern und Banken erlaube, sie in ihr Produktportfolio aufzunehmen und ihr Kundenpotenzial auszuschöpfen. Nicht nur Privatanleger, institutionelle Investoren und Vermögensverwalter sind laut Flury im Krypto-Universum angekommen, sondern auch Banken und damit endgültig die gesamte Finanzbranche.

Ist die Zeit der Bedenkenträger vorbei?

Ähnliche Treiber für das steigende Interesse an Kryptowährungen sieht Schyra: „Ein gewachsenes Interesse, neue , bereits etablierte und anerkannte Anbieter sowie eine geeignete, möglichst international einheitliche Regulierung führen dazu, dass Kryptowährungen erwachsener werden.“ Doch obwohl der grundsätzliche Trend positiv sei, schränkt Schyra ein: „Die derzeitige Entwicklungsstufe ist von anderweitigen, beaufsichtigten Assets wie Aktien oder Renten noch weit entfernt.“

Deutlich optimistischer ist Flury: „Die Zeit der Bedenkenträger ist vorbei. Wir müssen nicht mehr überzeugen. Es ist nun auch in der Bankenwelt angekommen, dass Bitcoin gekommen ist, um zu bleiben. Es tun sich völlig neuartige Geschäftsmodelle in der Finanzbranche auf.“ 

Und er ist überzeugt: „Banken möchten ein Stück vom Kryptokuchen abhaben. Sie sehen, dass viel neues Geschäft schlicht undergreifend an ihnen vorbeiläuft und sich ein eigenes hochprofitables Krypto-Ökosystem herausgebildet hat.“

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