To the Moon, also bis zum Mond, das war viele Jahre das Mindset der Krypto-Szene. Und es stimmte ja irgendwie auch: Der Bitcoin-Kurs kletterte rasant, im November 2021 erreichte er seinen Höhepunkt bei etwas mehr als 69.000 US-Dollar. Dann folgte der Absturz. Das Jahr 2022 war geprägt durch fallende Kurse, starke Schwankungen und Zusammenbrüche mehrerer zentralisierter Krypto-Firmen, allen voran FTX.
Diese Entwicklungen waren jedoch nicht auf grundlegende Probleme mit der Blockchain-Technologie zurückzuführen, sondern eher auf exzessive Gier, fragwürdige Firmenkonstrukte und aufgeblähte Bewertungen einiger Coins. Umso bemerkenswerter ist die Aufhol-Rally, die seit Jahresbeginn 2023 stattfindet.
Aus der Asche
Und nach der Talfahrt ist, wenn auch zaghaft, eine Erneuerung in der Krypto-Landschaft zu beobachten. Darum drehte es sich auch bei den Krypto-Investoren-Tagen, die in diesem Jahr bereits zum dritten Mal stattfanden, in Hamburg etwa in den prächtigen Räumen der Privatbank Donner & Reuschel. In der Event-Reihe konzentrierte man sich vor allem auf Fonds und auf Geschäftsmodelle, die über bloße Preis- und Handelsaktivitäten der Kryptowährungen hinausgehen. Es ging um Blockchain-basierte Anwendungen, die tiefgreifende Änderungen in verschiedenen Wirtschaftssektoren bewirken könnten.
Es ist gut, dass der Krypto-Markt etwas ruhiger geworden ist“, sagt etwa Axel Stahmer, Partner bei der Boutique Qi Investment. „Jetzt ist ein guter Moment, sich intensiver mit der Thematik zu beschäftigen.“ Es gehe jetzt weniger um den Hype, mehr um die Produkte und die Technologien dahinter. Vom Reiz hat die Szene seiner Meinung nach nichts verloren: „Es ist unglaublich, was für ein Talent in dieser Branche steckt.“
Das Team von Qi verfolgt einen systematischen Investmentansatz, der auf qualitativer und quantitativer Datenanalyse basiert. Am Ende wählt Qi aus einer Vielzahl möglicher Coins anhand von Kriterien wie Entwickleraktivität, Marktkapitalisierung und Community die besten aus. Der Fonds Qi Investment – Global Crypto Fund, ein deutscher AIF, richtet sich vor allem an institutionelle Investoren. Die haben mitunter immer noch Ressentiments gegenüber der vergleichsweise neuen Asset-Klasse: „Unser Ziel ist es Crypto für professionelle Investoren zugänglich zu machen – dazu braucht es klassische Onshore-Fondshüllen. Vor allem aber auch Erklärung wie die Assetklasse bewertet werden kann“
Kunst auf der Blockchain
Dass sich der Fokus von den reinen Kursen hin zu stabilen, praktischen Anwendungsfällen verlagert, liegt auch an Menschen wie Anna Graf. Sie ist Innovation Lead web3 bei Arvato Systems Bertelsmann und beschäftigt sich seit Jahren mit der Verschmelzung der echten und der digitalen Welt.
Mit NFTs – die Abkürzung steht für Non-Fungible Token – sei es möglich, den bislang elitären Kunstmarkt ein Stück weit zu demokratisieren. So könne man mit dieser Technologie in Bruchteile von Gemälden investieren, jedoch auch völlig neue audiovisuelle Kunstwerke erschaffen. Der britische Konzeptkünstler Damien Hirst etwa erschuf 10.000 einzigartige Werke auf Papier, die mit einem digitalen Kunstwerk versehen sind, das mit einem NFT verbunden ist. Am Ende konnten sich die Besitzer entscheiden, ob sie die digitale oder reale Version behalten wollen – und das Pendant wurde verbrannt.
„Mit der Blockchain können wir bei digitaler Kunst sehen, wer die Vorbesitzer eines Kunstwerks sind“, sagt Graf. „Sie zeigt uns auch, in welchen Galerien und Museen ein Kunstwerk zuvor gezeigt wurde. In dieser Szene hat das eine riesige Relevanz.“ Trotz einiger Erfolge sei es jedoch nach wie vor nicht einfach, Künstler davon zu überzeugen, ein NFT aufzulegen – und diesen dann auch noch zu fraktionieren.
„Mit der Apple Vision Pro erwarten wir einen weiteren riesigen Push für das Metaverse und rein digitale Produkte“, sagt Anna Graf. Apples Datenbrille kommt 2024 und wird mehr als 3.000 US-Dollar kosten.