private banking magazin: Herr Kruse, Sie beginnen nach Stationen bei Spiekermann & Co und einem Praktikum bei Netfonds als Berater bei der Vermögensverwaltung Kruse & Bock in Brunsbüttel. Vermögensverwaltung in der schleswig-holsteinischen Provinz – was reizt Sie daran?
Claas Kruse: Wir sind der einzige unabhängige Vermögensverwalter an der Westküste mit einer eigenen Lizenz für die Finanzportfolioverwaltung. Im Gegensatz zu Anlageberatern haben wir als unabhängiger Vermögensverwalter die Befugnis, eigenständige Entscheidungen bei der Anlage des Vermögens unserer Mandanten zu treffen. Unsere Mandanten vertrauen seit vielen Jahren auf unsere umfassende Betreuung aus der „Provinz“, die sich durch Empfehlungen auf Kunden im gesamten Bundesgebiet ausgeweitet hat. Für mich ist der Wechsel nach Brunsbüttel aber nicht nur eine berufliche, sondern auch eine persönliche Entscheidung. Die Region bietet durch die Nähe zur Elbe und zur Nordsee eine hohe Lebensqualität.
Ihr Vater, Gunnar Kruse, ist Mitgründer des Unternehmens. Wird mit Ihrem Wechsel ein Generationswechsel in der Geschäftsführung vorbereitet? Die Nachfolgefrage müssen sich viele Vermögensverwalter stellen.
Kruse: Auch wenn mein Vater Mitgründer des Unternehmens ist, geht es bei meinem Wechsel ins Unternehmen nicht in erster Linie um einen Generationswechsel in der Geschäftsführung. Ich bringe meine eigene Expertise und meine eigenen Erfahrungen mit. Mein Ziel ist es, neben dem bestehenden Mandantenstamm, verstärkt auch jüngere Mandanten zu gewinnen. Wie sich das Unternehmen in Zukunft hinsichtlich der Geschäftsführung weiterentwickeln wird, müssen wir abwarten.
Warum haben Vermögensverwalter Nachwuchsprobleme – nicht nur in der Geschäftsführung?
Kruse: Ein zentrales Problem ist aus meiner Sicht die mangelnde Sichtbarkeit der Vermögensverwaltung als attraktiver Karriereweg. Viele junge Menschen denken bei einer beruflichen Laufbahn im Finanzwesen eher an Banken, Investmentbanken oder Fintechs. Diese Erfahrung habe ich schon im Studium gemacht. Viele Kommilitonen kannten den Beruf des Vermögensverwalters nicht oder nehmen ihn als konservativ wahr. Wir müssen das Image der Branche modernisieren und zeigen, dass unser Beruf nicht nur sehr abwechslungsreich ist, sondern auch innovativ im Hinblick auf die Anlagemöglichkeiten ist. Zudem gibt es oft nur wenige spezialisierte Ausbildungsmöglichkeiten, die Talente auf die Anforderungen dieser Branche vorbereiten. Wir müssen den Mehrwert unserer Arbeit zeigen, stärker in die Ausbildung investieren und Nachwuchskräfte fördern, um das Nachwuchsproblem in der Vermögensverwaltung anzugehen.
Ein Generationswechsel ist bei vielen Vermögensverwaltern nicht nur auf der Mitarbeiterseite, sondern auch in der Kundschaft erforderlich. Ist die Branche überhaupt attraktiv für die Generation Z?
Kruse: In den vergangenen zwei Monaten habe ich einige Exklusivveranstaltungen für Vermögensverwalter besucht. Der hohe Altersschnitt der Teilnehmer ist mir aufgefallen. Ich habe nur wenige jüngere Gesichter gesehen. Das zeigt, wie notwendig ein Generationswechsel der Branche ist – auch, um das konservative Image abzulegen. Dabei bietet gerade für Jüngere, die sich für eine Karriere als Vermögensverwalter interessieren, der höhere Altersschnitt Chancen. Es war nie einfacher, einen langjährig bestehenden Mandantenstamm zu übernehmen. Viele ältere Kollegen suchen engagierte Nachfolger. Das erleichtert den Start als Vermögensverwalter und man kann sich stärker auf die eigentliche Dienstleistung als auf die Kundenakquisition konzentrieren. Mit Blick auf die Kundschaft kommen auf die Vermögensverwalter neue Herausforderungen zu. Die Generation Z hat andere Ansprüche und Erwartungen an Finanzdienstleistungen. Sie ist digital-affin, gut informiert und legt großen Wert auf Transparenz und Nachhaltigkeit. Kruse & Bock legt seit Jahren den Fokus auf die Digitalisierung des Geschäftsmodells und hat eine eigene Online-Vermögensverwaltung 2019 gestartet. Mit der sprechen wir insbesondere die Generation Z an. Wir müssen jedoch nicht nur digital präsent sein, sondern auch die Werte und Prioritäten jüngerer Kunden in unsere Beratung einfließen lassen.
Steigende Konkurrenz durch Robo-Advisor und Regionalbanken, Digitalisierungs- und Kostendruck und der regulatorische Dschungel: Warum sollten unabhängige Vermögensverwalter in diesem Umfeld dennoch an Bedeutung gewinnen können?
Kruse: Wie der Name bereits sagt, agieren unabhängige Vermögensverwalter komplett unabhängig und sind nicht an Produkte von Kreditinstituten oder Fondshäusern gebunden. Wir erarbeiten – im Gegensatz zu den Banken und Sparkasse – maßgeschneiderte Anlagestrategien, die speziell von unserem Team für unsere Mandanten entwickelt werden. Unsere digitale Vermögensverwaltung ist und bleibt eine Ergänzung zu unseren individuellen und persönlichen Dienstleistungen und ist für uns keine Konkurrenz. Wir sehen uns als treibende Kraft, neben unserem Kerngeschäft der Vermögensverwaltung auch die Vermögensübertragung auf die neue und zukünftige Mandantschaft zu begleiten. Ich bin davon überzeugt, dass Vermögensverwalter mit ihrer unabhängigen und generationsübergreifenden Betreuung von Mandaten, auch in Zukunft eine wichtige Rolle auf dem Markt spielen werden.
Über den Interviewten:
Claas Kruse, 24 Jahre alt, sammelte bereits während seines Studiums in Osnabrück erste Erfahrungen bei dem Vermögensverwalter Spiekermann & Co. Nach seinem Studium zog es ihn nach Hamburg, wo er für Netfonds tätig war. Zum 1. Juni 2024 ist Kruse in seine Heimatstadt Brunsbüttel zurückgekehrt und unterstützt das Team von Kruse & Bock in der Vermögensverwaltung und in der Unternehmensentwicklung.