Kritische Größe oft nicht erreicht Europäischer ETF-Markt für Anbieter kaum profitabel

Börsengehandelte Fonds (ETFs) aus Europa haben ihr Anlagevolumen in den letzten fünf Jahren auf 550 Milliarden Euro verdoppelt. Doch der Markt ist so fragmentiert, dass weniger als ein Drittel der ETFs groß genug sind, um für die Fondsanbieter profitabel zu sein. Das geht aus Daten der Vanguard Group hervor.

Die Ausbreitung der ETF bedeutet, dass nur die stärksten überleben werden, während Europa sich anschickt, zu den USA aufzuholen. Dort liegt das durchschnittliche Volumen eines Fonds bei rund 1,4 Milliarden Dollar, auf der hiesigen Seite des Atlantiks nur bei 260 Millionen Dollar. Die ETF-Anbieter nehmen Verluste in Kauf, weil sie darauf setzen, Anlagegelder von neuen Kunden oder Konkurrenten, die im Wettbewerb nicht standhalten können, zu gewinnen.

„Man ist nicht profitabel, solange man keine erhebliche Größe hat“, sagt Paul Stratford, von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY. „Die Marktteilnehmer sind langfristig in dem Bereich. Wettbewerber, die nicht in der Lage sind, Geld zu verdienen, werden aus dem Markt ausscheiden.“

Die Beliebtheit von ETFs ist zusammen mit anderen so genannten passiven Investments rapide gestiegen, da sie üblicherweise preisgünstiger sind als traditionelle Investmentfonds – zumal in einer Welt der rekordniedrigen Zinsen und sinkenden Erträge. Seit der originale ETF, der SPDR von State Street, 1993 aufgelegt wurde, ist das Anlagevolumen der Produkte auf mehr als 4 Billionen Dollar weltweit angeschwollen.

In Europa gibt es rund 2200 ETFs. Mehr als 1500 davon sind weniger als 100 Millionen Dollar schwer. Das ist die Grenze, ab der sie für den Anbieter üblicherweise Geld abwerfen, wie Andreas Zingg sagt, Leiter Vertrieb für das ETF-Geschäft in Kontinentaleuropa bei der US- Fondsgesellschaft Vanguard in Zürich. Bei Vanguard, die in Europa auf rund vier Prozent Marktanteil kommt, ist ein Drittel der 18 ETFs kleiner. Dazu zählen die neuesten und preiswertesten Produkte. Blackrock., die weltgrößte Fondsgesellschaft, ist der größte Anbieter von ETF und kontrolliert fast die Hälfte des Marktes.

Die ETF konkurrieren zumeist über den Preis und benötigen ein ausreichendes Anlagevolumen, um die Provisionen zu generieren, die für die laufenden Betriebskosten erforderlich sind. Den kleineren Fonds mangele es an allen großen Vorteilen eines ETF - Kosteneffizienz und Liquidität, erklärt Zingg.

Die typische Provision für einen ETF liegt in Europa bei rund 30 Basispunkten oder 0,3 Prozent. Das ist weniger als die Hälfte der 0,75 Prozent für einen aktiv investierten Anlagefonds, zeigen Daten von Vanguard. Ein Investor zahlt also 3 Dollar je 1000 Dollar Anlagesumme statt 7,50 Dollar. Bei europäischen Aktienfonds, für die Fondsmanager die größten Unternehmen der Region auswählen, liegt die Gebühr nach Angaben des Fondsbeobachters Morningstar Inc. bei 1,67 Prozent oder 16,70 Dollar.

Die ETF-Anbieter wollen die volle Bandbreite an Produkten offerieren, um Kunden in einem expandierenden Markt anzulocken - ein bisschen wie ein Supermarktbetreiber, wie Kenneth Lamont von Morningstar sagt. Der Analyst schätzt, dass die europäischen ETF bis 2020 ein Volumen von eine Billion Euro übertreffen werden. Anders als in den USA müssen die ETF-Anbieter in Europa Produkte in unterschiedlichen Märkten nachbauen, mit unterschiedlichen Steuer- und Aufsichtsregelungen.

Ende Februar gab es in den USA 1995 ETF von 190 Anbietern an drei Börsen, wie aus Angaben der Londoner Research-Gesellschaft ETFGI hervorgeht. In Europa waren es 2233 ETFs von 58 Anbietern auf 25 Börsen in 21 Ländern.

„Wenn man einen Fonds auflegt, geht man von Wachstum in der Branche aus, was eine recht realistische Annahme ist“, sagt Lamont. „Alle diese Anbieter wollen sich so positionieren, dass sie von den Zuflüssen profitieren können, wenn sie kommen.“

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