Krise in der Ukraine Russlands VTB Bank erwägt Wall-Street-Aus

VTB Capital, Russlands größte Investmentbank, erwägt einen nahezu völligen Rückzug aus New York. Das erfuhr Bloomberg News von zwei Personen, die mit den Vorgängen vertraut sind. Eine solche Entscheidung könne fallen, falls die USA weitere Sanktionen gegen Russland wegen der Ukraine-Krise verhängen würden.

Den Angaben zufolge überlegt die Bank, ob sie ihr Handelsgeschäft in New York - wo rund 40 Mitarbeiter beschäftigt sind - abwickelt, und nur noch mit einer Repräsentanz im US-amerikanischen Finanzzentrum vertreten bleibt. Die staatliche Bank hat in diesem Jahr bereits 100 Stellen im Ausland gestrichen, vor allem in London und New York, wie es hieß.

Die Pressestelle von VTB Capital in Moskau und der Chef des US-Geschäfts, Paul Swigart, wollten auf Nachfrage von Bloomberg News keinen Kommentar abgeben.

Die Investmentbank, eine Sparte des zweitgrößten russischen Kreditinstituts VTB Group, hatte im Jahr 2011 eine Lizenz für den Aktienhandel in den USA erhalten. Es verfügt über das größte Geschäft unter den russischen Banken an der Wall Street. Das für Anfang April vorgesehene US-Investoren-Forum war wegen der Ukraine-Krise bereits abgesagt worden.

„Weil westliche Banken sich aus der Kreditvergabe an russische Unternehmen zurückziehen, wird es innerhalb Russlands weniger Konkurrenz geben. Wir werden einen wachsenden Trend dahingehend sehen, dass russische Banken sich aus dem Westen zurückziehen und sich stattdessen auf den Heimatmarkt fokussieren”, sagte Philip Keevil, Partner beim Beratungsunternehmen Compass Partners in New York.

Die Überlegungen von VTB unterstreichen die zunehmende Isolation Russlands, nachdem sich Präsident Wladimir Putin für eine Annexion der Krim entschieden hatte. Die USA reagierten mit Sanktionen gegen mehr als zwei Dutzend Einzelpersonen und einem Unternehmen - der OAO Bank Rossiya aus St. Petersburg. Sie sollen nach Angaben des US-Finanzministeriums zum inneren Kreis von Präsident Putin gehören.

Weil es keine Anzeichen für eine Entspannung in der meist von Russisch sprechenden Bürgern bewohnten Ost-Ukraine gibt, sind die USA zu weiteren Strafmaßnahmen bereit. Das sagte ein Regierungsvertreter, der mit US-Vizepräsident Joe Biden in die ukrainische Hauptstadt Kiew gereist war.

VTB-Chef Andrey Kostin hatte in diesem Monat gesagt, dass sich Russland in einem neuen Kalten Krieg mit den USA und mit Europa befinde - was dazu führen könne, dass alle russische Banken auf einer Schwarzen Liste landeten.

Wegen der Krise will sich VTB Capital stärker auf Asien, besonders Hongkong und Singapur, konzentrieren - dort verfügt die Bank bereits über ein umfangreiches Geschäft, wie es aus den Kreisen hieß. Das New Yorker Büro bietet russische Aktien und Anleihen für Kunden aus Schwellenländern mit Sitz in den Vereinigten Staaten an.

Im Jahr 2012 hatte VTB Group rund 15 Prozent ihrer Erlöse außerhalb von Russland erzielt, wie aus Daten von Bloomberg News hervorgeht. Die Tochter VTB Capital ist demnach mit Blick auf die vergangenen drei Jahre die Nummer Eins im Konsortialgeschäft mit russischen Aktien und Anleihen.

Investmentbanken in Moskau - angeführt von VTB Capital, Sberbank CIB und J.P. Morgan Chase & Co. - haben im bisherigen Jahresverlauf bereits einen Rückgang der Gebühreneinnahmen von rund 67 Prozent verzeichnen müssen. Das geht aus Daten von Freeman & Co., einem New Yorker Beratungsunternehmen, hervor. VTB Capital verdiente den Daten zufolge im vergangenen Jahr rund 101 Millionen Dollar an Gebühren. Das war das höchste Volumen unter allen russischen Banken.

Die in London gehandelten Aktien von VTB Group sind seit dem Jahresstart um rund 31 Prozent eingebrochen - verglichen mit einem Rückgang von 19 Prozent bei dem in US-Dollar ermittelten RTS Index russischer Aktien.

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