Kommentar zur EZB-Ratssitzung „Einen Inflationsanstieg erwartet die EZB noch weniger als zuvor“

Alexander Krüger ist Chefvolkswirt des Bankhaus Lampe

Alexander Krüger ist Chefvolkswirt des Bankhaus Lampe

Auf ihrer Ratssitzung hat die EZB die Leitzinsen Donnerstag unverändert beibehalten. Den Rahmen für ihr laufendes Wertpapier-Kaufprogramm änderte die Notenbank dahingehend, dass sie nunmehr 33 statt 25 Prozent einer Anleihe-Emission erwerben kann. An der vollständigen Umsetzung des Kaufprogramms hielt die EZB fest.

Makro-Analyse des Euroraums

Ihre Projektionen für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und die Inflationsentwicklung hat die EZB merklich angepasst. Als Begründung nannte sie, dass bestehende Risiken eingetreten sind.

Ihre BIP-Projektionen fallen nun niedriger aus: Für 2015 1,4 Prozent statt 1,5 Prozent, für 2016 1,7 Prozent statt 1,9 Prozent und für 2017 1,8 Prozent statt 2,0 Prozent. Die Notenbank rechnet zwar damit, dass die Konjunkturerholung anhalten, die Wachstumsdynamik aufgrund der Schwäche der Schwellenländer aber niedriger als bisher erwartet ausfallen wird.

Überdies sieht sie Abwärtsrisiken. Auch die Inflationsprojektionen wurden gesenkt: Für 2015 von 0,3 Prozent auf 0,1 Prozent, für 2016 von 1,5 Prozent auf 1,1 Prozent und für 2017 von 1,8 Prozent auf 1,7 Prozent. Ausschlaggebend hierfür ist der Rohölpreis. Erstmals seit langem ist der Inflationsausblick mit Abwärtsrisiken versehen.

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Quelle: Bankhaus Lampe, Reuters Ecowin

Mit der heutigen Ratssitzung hat sich die EZB stärker in Richtung eines höheren geldpolitischen Expansionsgrades bewegt. In dieser Hinsicht lässt vor allem der Inflationsausblick aufhorchen: Einen Anstieg der Inflationsrate auf das Preisziel von knapp unter 2 Prozent erwartet die EZB nunmehr noch weniger als vorher.

Der Hinweis von EZB-Präsident Draghi auf der Pressekonferenz, dass es keine Grenzen bei den Möglichkeiten der Geldpolitik gäbe, unterstreicht zudem, dass die Notenbank offenbar bereit ist, mehr als bisher zu tun. Die Anhebung der Grenze für das Kaufvolumen einer Anleihe-Emission beugt einem Materialengpass schon jetzt vor.

Draghi legt nach

Durch die Aussagen der EZB fühlen wir uns in unserer Erwartung bestätigt, dass die EZB ihr QE-Programm noch ausweiten wird. Denn eine nennenswerte Durchschlagskraft haben die bisherigen Maßnahmen nicht entwickelt. Die Kreditvergabe ist zwar angesprungen, dies war allerdings auch schon vor Kaufbeginn der Fall.

Vor allem aber ist aus unserer Sicht die BIP-Projektion der EZB für 2016 noch immer zu optimistisch. Bei der EZB dürfte daher in den nächsten Monaten die Überzeugung wachsen, nicht genug zu tun. Perspektivisch (nicht unmittelbar) liegen damit neue Wertpapierkäufe und eine Senkung des Einlagesatzes auf dem Tisch.


Über den Autor:
Alexander Krüger ist Chefvolkswirt des Bankhaus Lampe seit Juli 2011. Zuvor leitete er die Kapitalmarktanalyse der Privatbank. Von 2000 bis 2007 arbeitete er als Volkswirt bei der damaligen WestLB.

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