Kommentar zum Malta-Yacht-Lease „Von Steuerverkürzung oder Haftrisiken kann keine Rede sein“

Christoph Schließmann von der Frankfurter Kanzeli CPS Schließmann: Der Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht sieht keine Änderung der Rechtsgültigkeit des Malta-Lease-Modells.

Christoph Schließmann von der Frankfurter Kanzeli CPS Schließmann: Der Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht sieht keine Änderung der Rechtsgültigkeit des Malta-Lease-Modells. Foto: CPS Schließmann

Die EU-Kommission hat überraschend am 8. März dieses Jahres ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Griechenland, Malta und Zypern eingeleitet. Es soll geprüft werden, ob der Kauf von Yachten über sogenannte Mietkäufe unzureichend besteuert werde. Nach dem Recht Maltas und Zyperns werde ein Mietkauf derzeit als Erbringung einer Vermietungs-Dienstleistung und nicht als Lieferung eines Gegenstands eingestuft.

Die Anfrage, auf die Malta innerhalb zweier Monate Stellung nehmen muss, ist deshalb erstaunlich, weil noch im November 2017 genau dieselbe Kommission die Steuerregelungen bestätigt hat. Darüber hat die Malta Chamber Statement am 17. November 2017 (based on the principle of effective use and enjoyment as enshrined in article 59a of the VAT directive) noch ausführlich berichtet.  Wörtlich heißt es dort: „Reacting to a communication by EU Commissioner Pierre Moscovici to Minister Scicluna regarding the application of rules on VAT on yachts, Malta’s leading yachting industry organisations said that the VAT treatment of yacht leasing is based on the principle of effective use and enjoyment as enshrined in article 59a of the VAT directive. The directive allows Member States to limit the VAT payable on a supply of services to that portion only which reflects use and enjoyment of the service within the EU.“ Damit widerspricht sich die Kommission selbst.

Ich war gerade in Malta, wo wir neben einer Partnersitzung im dortigen Büro intensiv auch mit Kontakten in den Ministerien sowie im Rahmen einer Konferenz die EU-Anfrage vom 8. März 2018 diskutiert haben. Einhelliges Fazit im Expertenkreis:  Der EU-Vorstoß wird als falsch und diskriminierend angesehen und man wird – auf außergerichtlichem Wege – die Sache klären und darlegen,

  1. dass das Malta-Lease-Modell dem autonomen Recht Maltas entspricht und rechtlich und steuerlich legal ist,
  2. dass das Modell bereits bei Beitritt existierte und von der EU nicht als nicht-EU-konform moniert wurde,
  3. dass es im Prinzip Rechtskonstrukten Italiens und Frankreichs entspricht und nach Malta-Recht umgesetzt ist und diese Länder kein entsprechendes Vertragsverletzungsverfahren (Infringement) bekamen.

Für alle laufenden und anstehenden Lease-Verfahren wird es derzeit keine Änderungen geben. Diese laufen weiter und die Umsatzsteuernachweise (VAT-Paid-Zertifikate) werden erteilt.

Einige Details der Sach- und Rechtslage:

  1. Die Umsatzsteuer in einem EU-Staat fällt dort an, wo die Lieferung eines Gutes erfolgt und der Käufer die Verfügungsgewalt über das Gut erhält. Eine in Malta gelieferte und übergebene Yacht löst grundsätzlich niemals Umsatzsteuer in Deutschland oder einem anderen EU-Staat aus. Das alleinige Umsatzbesteuerungsrecht liegt nach Malta-Recht bei Malta. Bei B2B-Geschäften tritt im Binnenmarkt an die Stelle der steuerfreien Ausfuhrlieferung die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung.

    Eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung liegt vor, wenn der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet, der Abnehmer ein Unternehmer oder eine juristische Person ohne Unternehmereigenschaft ist und der Erwerb beim Abnehmer im anderen Mitgliedstaat steuerbar ist. Dass der Erwerb im anderen Mitgliedstaat steuerbar ist, kann dann angenommen werden, wenn der Abnehmer eine Umsatzsteuer-Identifikations-Nummer eines anderen EU-Mitgliedstaats verwendet. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Werft oder ein Händler die Yacht von einem EU-Land in ein anderes, respektive Malta liefert.

    Malta bietet als zuständiges Versteuerungsland völlig legal neben einer sofortigen Versteuerung zu 18 Prozent ein Leasing mit Sonder-Umsatzsteuer unter bestimmten rechtlichen und tatsächlichen Betriebsvoraussetzungen an.

    Bei dem Lease-Modell handelt sich nach aktuell geltendem und hier anwendbarem Recht Maltas nicht um ein sogenanntes Steuersparmodell, sondern um eine dem autonomen maltesischen Recht entsprechend legale Gestaltung der ordnungsgemäßen EU-Versteuerung einer Yacht unter bestimmten Voraussetzungen und Rahmenbedingungen.

    Das Umsatzbesteuerungsrecht liegt bei Lieferung und Übergabe in Malta alleine bei diesem EU-Staat. Das maltesische Recht qualifiziert das Leasing als Dienstleistungs-Leasing und nicht als Abzahlungskauf, weshalb nicht einmal im Ansatz an Steuerverkürzung zu denken ist.

  2. Die EU hat zunächst lediglich eine Anfrage an die Maltesische Regierung gestellt, die innerhalb von zwei Monaten zu beantworten ist. Nicht mehr. Damit gibt es per dato keine Auswirkungen auf das aktuell geltende Recht oder zu leistende Steuern, schon gar nicht in Deutschland und keinen Handlungsbedarf.

    Und selbst wenn – was Experten nicht sehen – das Malta-Modell umsatzsteuerlich nicht EU-konform wäre (was bis dato aber sogar von der EU immer wieder bestätigt wurde), kommt es erfahrungsgemäß entweder zu einem langen Klageverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof.  Malta müsste im schlechtesten Fall seine Gesetze EU-konform gestalten und umsetzen oder einer vorherigen einvernehmlichen Lösung mit entsprechenden Anpassungen. Rechtskräftig nach dem aktuell geltenden Recht eines EU-Staates laufende beziehungsweise verbeschiedene Verfahren sind davon sicher nicht betroffen.

    Ich sehe in dem Vorstoß der EU-Kommission nicht nur ein widersprüchliches Verhalten (venire contra factum proprium), sondern einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot gegenüber EU-Staaten. Ich bearbeite gerade einen Fall des sogenannten French Lease, das viel mehr den von der EU nun kritisierten Faktoren entspricht als das Melta-Modell, aber dagegen unternimmt – analoges Modell gibt es in Italien – die Kommission nichts.

    Aus Frankreich bestätigte mir ein Kollege dazu: „A few years ago, the French Tax Administration tried to challenge this tax scheme and asked the lessor to prove that boats really sailed outside the EU waters. The tax assessments have not been sustained. No problems occurred since this latest attempt. According to French law a financial lease is regarded as a rental agreement including an optional purchase granted to the lessee. Payment of the VAT is only required at the standard rate of 20 per cent on the part of the rent corresponding to the usage of the boat in UE waters. The French administration explains in its documentation (BOI-TVA-20-50-30 n°40) that the allocation may be based on the terms of the contract and must be corroborated by any evidence (logbook, GPS, ….). However, it is acknowledged in case of difficulties that the lessor considers that the boat spends 50 per cent of the time outside the UE waters. In other words, only half of the rent is subject to VAT in such a contract.”

  3. Aktuell ist absolut nichts im Raum, was das Malta-Leasing rechtskräftig als gesetzeswidrig qualifiziert. Es entspricht dem geltenden Recht eines EU-Staates. Es ist falsch zu behaupten, dass durch Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens beziehungsweise einer Anfrage zur Stellungnahme durch die Europäische Kommission die unionsrechtliche Rechtmäßigkeit des Malta-Leasing-Modells in Frage steht. Eine Prüfung ist keine rechtskräftige Feststellung rechtlicher Nichtvereinbarkeit und selbst wenn, haben alle, die sich bisher und aktuell auf geltendes Recht eines EU-Staates verlassen (haben) und dieses nutzen, sicher weder unrechtmäßig gehandelt, noch sich strafbar gemacht.

    Hier fehlt der objektive und vor allem subjektive Tatbestand. Und Paragraf 370 Absatz 6 Satz 2 der Abgabenordnung ist wohl nur dann einschlägig, wenn ein Deutscher rechtswidrig Steuern in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union hinterzieht. Das tut er sicherlich nicht, wenn gerade dieser andere EU-Staat ihm per Dekret seines Finanzministeriums die Rechtmäßigkeit seines Handelns attestiert.

  4. Ertragsteuerliche Folgen sind nicht zu verzeichnen, wenn der notwendige Gewinnaufschlag steuerlich korrekt behandelt wurde. Bei korrekter Handhabung entstehen insgesamt nach Ausgaben keine Gewinne, schon gar nicht – selbst bei der größten Superyacht – in Millionenhöhe.

  5. Eine verdeckte Gewinnausschüttung steht nur bei Kapitalgesellschaften zur Debatte und nur dann, wenn ein Standard-Gesellschaftervertrag verwendet wurde, der keine spezielle zulässige Gestaltung üblicherweise beherrschenden Gesellschafter aufweist. Zum Thema hat Rechtsanwalt Jens Schönfeld   gerade in der Fachzeitschrift JuS 2018, 207 fortfolgende unter „Ertragsteuerliche Behandlung privater Hochseeyachten bei Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft“ mit klarem Ergebnis gegen eine verdeckte Gewinnausschüttung Stellung genommen:  „Geht man davon aus, dass die ausländische Kapitalgesellschaft wirtschaftliche Eigentümerin der Yacht ist, kommt zwar grundsätzlich eine verdeckte Gewinnausschüttung in Betracht. Bevor man sich aber die Frage stellt, wie die verdeckte Gewinnausschüttung der Höhe nach zu bemessen ist (nach der tatsächlichen Nutzungsdauer oder der Nutzungsmöglichkeit), ist vorgelagert zu fragen: Liegt beim Gesellschafter in Bezug auf die Beteiligung überhaupt eine Einkünfteerzielungsabsicht vor? Auch wenn sich diese Frage in der Praxis in der Regel nur im Zusammenhang mit gewerblichen Einkünften gemäß Paragraf 15 EStG stellt, ist die Einkünfteerzielungsabsicht auch für Einkünfte gemäß Paragraf 20 EStG erforderlich. Nach herrschender Meinung ist für die Annahme einer Einkünfteerzielungsabsicht erforderlich, dass ein Totalüberschuss prognostiziert werden kann. Einzubeziehen sind sowohl die laufenden Erträge als auch ein etwaiger Veräußerungserlös,  wobei jede Kapitalanlage getrennt zu beurteilen.  Auf Grundlage dieser Maßstäbe zeigt sich, dass Yachtgesellschaften selten gehalten werden, um Einkünfte zu erzielen. Denn selbst wenn man davon ausginge, dass die Nutzungsmöglichkeit der Segelyacht eine verdeckte Gewinnausschüttung zu Gunsten des Gesellschafters darstellt, änderte dies nichts daran, dass auf die Totalperiode gesehen kein Gewinn entstehen wird. Infolge der laufenden Aufwendungen, die der Gesellschafter zum Unterhalt der Segelyacht erbringen muss und die als Einlage zu werten sind, erhöhen sich auch seine Anschaffungskosten an der Beteiligung laufend, während der Wert der Beteiligung in der Regel stetig sinken wird (da der Wert der Segelyacht stetig sinken wird). Stellt man deshalb die verdeckte Gewinnausschüttung als positiven Ertrag und den Veräußerungsverlust als negativen Ertrag gegenüber, wird man feststellen, dass sich über die Totalperiode kein Gewinn ergeben kann, weil die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung letztlich nicht höher sein kann als die Summe der Anschaffungskosten (einschließlich Einlagen).“

    Letztlich muss man keine Kapitalgesellschaft benutzen. Malta selbst kennt die verdeckte Gewinnausschüttung nicht und die in Deutschland sind als Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht ersichtlich.

  6. Die faktische Geschäftsleitung in Deutschland wird dadurch vermieden, dass in Malta echte Geschäftsführer mit Handlungsfreiheit agieren. Eine in Deutschland unbeschränkte Körperschaft- und Gewerbesteuerpflicht ist faktisch schon nicht ersichtlich, da keine Gewinne erzielt werden, schon gar nicht in Million-Euro-Höhe.

  7. Der im Interview angeführte Fall des Formel-1-Teamchefs Flavio Briatore hat nichts mit den üblichen Malte-Lease-Modellen zu tun, weil Briatore eine kommerziell Off-Shore registrierte Yacht privat gechartert und in der EU genutzt und weder für diese private Charter-Nutzung noch für den verfahrenen Treibstoff ordnungsgemäß die Mehrwertsteuer bezahlt hat. Er hat von Anfang an gegen geltendes Recht verstoßen und sich darüber hinweggesetzt. Das Malta-Lease-Modell hingegen wird bei korrekter Gestaltung vom Malta-Finanzministerium bestätigt.  In der EU sind für Yachten über 24 Meter Bootslänge Langfristmieten über 90 Tage – darum handelte es sich – am Ort des (Wohn)Sitzes eine privaten Charter-Nutzers und nicht am Ort der Übergabe der Yacht umsatzsteuerpflichtig. Der Fall hat überhaupt nichts mit dem Malta-Thema zu tun.

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Fazit

Von Steuerverkürzung oder gar Haftrisiken kann bei umsichtiger und vor allem an den internationalen Konfliktschnittstellen ansetzende ordnungsgemäße Gestaltung keine Rede sein.

 


Über den Autor:
Professor Dr. Christoph Schließmann gründete 1994 die Frankfurter Kanzlei CPS Schließmann | Wirtschaftsanwälte. Ein Schwerpunkt des Fachanwalts für internationales Wirtschaftsrecht liegt auf der Betreuung von Herstellern und Eignern von Yachten.

 

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