Kommentar von Teodora Cocca Facebook-Bank adé

Teodoro Cocca: Der Banking-Professor von der Universität Linz ist ein Experte für das Wealth und Asset Management, vor allem in der Schweiz und Österreich.

Teodoro Cocca: Der Banking-Professor von der Universität Linz ist ein Experte für das Wealth und Asset Management, vor allem in der Schweiz und Österreich. Foto: Teodora Cocca

An den Aktienmärkten schwächeln die Technologieaktien, und auch über digitale Währungen wie Bitcoin scheint sich ein zähes Stimmungstief eingenistet zu haben. Auslöser der jüngsten Kurs- und Stimmungskorrektur war der Wirbel über die Nutzung von Facebook-Daten durch politische Berater.

Unmittelbar haben die Ereignisse mit der Bankenwelt wenig zu tun, und dennoch gilt es nun genau hinzuschauen, welche politischen und gesetzgeberischen Reaktionen der Facebook-Fall auslösen wird. Dies könnte für manches verheißungsvolle digitale Geschäftsmodell von höchster Relevanz sein.

Eines der vielversprechenden Themen des Digital Bankings ist die Nutzung von Big Data in Kombination mit Nutzungsdaten, um mit den gesammelten Daten ein detailgetreues Kundenprofil erstellen zu können. Daraus lassen sich mit dem Einsatz intelligenter Software (Artificial Intelligence) Kundenreaktionen in Echtzeit prognostizieren (Predictive Marketing) oder auch nur beeinflussen. Wie die Facebook-Causa vermuten lässt, ist technisch in dieser Hinsicht heute schon ziemlich viel möglich, sofern man einen möglichst freien Zugang zu diesen Daten hat.

Die Bankenwelt hinkt in Bezug auf die systematische Auswertung von Kunden- und Nutzungsdaten anderen Branchen notorisch nach. Dennoch verspricht man sich nicht zuletzt durch die europäische Zahlungsdienste-Richtlinie PSD2 eine Initialzündung in diesem Bereich. In der Folge dürfen Drittanbieter – sofern der Kunde zustimmt – automatisch auf dessen Kontodaten bei der Hausbank zugreifen. Dadurch könnten klassische Geldinstitute ihren wichtigsten Wettbewerbsvorteil gegenüber Payment-Firmen, Fintech-Unternehmen und sonstigen potenziellen Wettbewerbern verlieren, nämlich die exklusive Hoheit über Daten des Girokontos des Kunden.

Es könnte aber sein, dass der Facebook-Fall aber erstens die Konsumenten aufschrecken wird und dass dies bestenfalls zu einer zögerlichen Zustimmung der Weitergabe von Daten führen wird. Die Reaktionen auf den Facebook-Fall deuten zweitens darauf hin, dass die Politik erkennen wird, dass wir in unserer immer weiter digitalisierten Welt einen weitaus stärkeren Datenschutz benötigen. Dies ist wiederum ein für die Bankenwelt sehr geläufiger Grundgedanke. Insofern sind die Ereignisse rund um Facebook vorerst ein Glücksfall, sofern Regulatoren einen Rahmen definieren, innerhalb dessen Nutzerdaten (auch im Banking) von Dritten verwendet werden dürfen.

Einmal mehr zeigt sich hierbei die neuralgische Rolle der Regulatoren bei der Durchsetzung neuer technologischer Möglichkeiten. Vieles, was technisch möglich ist, kann der Regulator in Zukunft aus Kundenschutzüberlegungen verhindern. Dies ist eine wesentliche Frage in der Ausarbeitung zukünftiger Bankenlösungen, welche auf einer ausgeklügelten Auswertung von Daten (allenfalls sogar in Echtzeit) basieren.

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Freilich kann eine klare Regelsetzung auch geradezu helfen, Vertrauen zu schaffen und die weitere Entwicklung zu fördern. Regulatorische Eingriffe zeigen als eines der klassischen Beispiele, warum sich eine technologische Entwicklung ausgehend von ersten Erfolgen bei der Marktdurchdringung nie einfach linear extrapolieren lässt, sondern stets durch unvorhergesehene Ereignisse beeinflusst sein wird.

Falls der Facebook-Fall mittelfristig zu wesentlich restriktiveren Nutzungsmöglichkeiten von Kunden- und Nutzungsdaten führen sollte, würde dies den Untergang aller Träume zu einem Banking basierend auf intelligenter Datenanalyse à la Facebook und Google bedeuten. Betrübt wird die traditionelle Bankenwelt darüber wohl nicht sein.


Über den Autor:
Teodoro D. Cocca ist Professor für Wealth und Asset Management an der Johannes Kepler Universität in Linz sowie assozierter Professor am renommierten Swiss Finance Institute. Davor war er einige Jahre bei der Citibank im Investment und Private Banking tätig und forschte an der Stern School of Business in New York.

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