Kommentar von Christian Hammes, Teil 2 Chancen einer wichtigen Korrekturphase

Christian Hammes ist Geschäftsführer des Eta Family Office

Christian Hammes ist Geschäftsführer des Eta Family Office

Im ersten Teil des Kommentars diskutierten ich, welche Beobachtungen wir beim Eta Family Office für verschiedene Anlegergruppen gemacht haben, und welche Lehren wir daraus ziehen können. Nun möchte ich zeigen, wie Familienvermögen einen möglichen Bewertungsabschwung in den meisten Asset-Klassen für sich nutzen können.

Ausblick: Neue Familienvermögen werden die großen Gewinner einer fortschreitenden Preisnormalisierung sein

Die Börse läuft der Realwirtschaft voraus, heißt es etwas boulevardesk gerne. Oft war es so, und dass die vergangenen Monate im Rentenbereich und auf der Aktienseite Vorboten einer Preisnormalisierung vieler Assets sind, die nun geldgetrieben mehr als sieben Jahre inflationierten, ist durchaus wahrscheinlich.

Versucht man sich über eine lineare Betrachtung hinaus zu fragen, warum Frachtraten, Preise für Kupfer, Stahl, Erze, Kokskohle und natürlich der Ölpreis rückläufig sind, kommt man an folgendem Szenario nicht vorbei: Den Notenbanken wird es nicht mehr über viele Jahre gelingen, den aktuellen – geldgetriebenen – Superzyklus stabil zu halten.

Das kann heißen, dass die Notenbankliquidität die enge Korrelation vieler Asset-Klassen nicht mehr aufrecht erhält, dass Risikoprämien ebenso wie Volatilitäten steigen.

Gleichzeitig, und das ist die schlechte Nachricht, verlieren diese an Marktwert, was sich in den letzten Monaten an Frühindikatoren für Sachwerte festmachen lässt.

Warten auf die gestressten Assets

Für Familienvermögen, die seit jeher in Zyklen und Brüchen denken, war es naheliegend, in den vergangenen zwei Jahren opportunistische Liquidität zu schaffen und bereitzuhalten. Noch besser haben es Familienunternehmer, die ihr Unternehmen aktuell zu rekordhohen Summen veräußern konnten, gleichzeitig Geduld bei der Reinvestition zeigen, und sich währenddessen einen klaren Plan hierfür entwickeln.

Denn aus den Verlusten der vergangenen Monate lassen sich Rückschlüsse auf geeignete Maßnahmen ziehen, wie der Einstieg in diese Marktsituation gelingt. Neben den im ersten Teil dieser Ausführungen erworbenen Erkenntnisse ist es hilfreich, mit anderen Family Offices den Austausch zu suchen, die schon lange auf eine Entspannung der Asset-Preise warten, Sie haben sich darauf vorbereitet, gestresste Assets am Markt aufzukaufen.

Unter welchen Richtlinien, mit welchem Timing zu welchem Preisniveau mit welchem Zeithorizont dies geschieht, ist hochgradig individuell, und genau deswegen sollte es nicht einfach so passieren, sondern im Vorfeld rechnerisch modelliert und geplant werden.

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  1.    Opportunistische Strategien entwickeln

    Im Controlling von Familienvermögen ist das Phänomen allgegenwärtig, dass in den vergangenen Jahren der Substanzwert zwar enorm zugenommen hat, der erzielbare Cashflow dagegen oft rückläufig ist.

    Wenn sich dieser Trend wieder umkehrt, ist es sinnvoll, für jede Assetklasse, die langfristig im Familienvermögen gehalten werden soll, einen Kriterienkatalog vorzubereiten:

    • Liquides Vermögen: Viele Familien haben auf planbare Ausschüttungen aus dem liquiden Vermögen gewartet, für Dividenden öffnet sich gerade ein ideales Zeitfenster.

      Wer keine Scheu vor frühzyklischen Unternehmen hat, die im Zuge einer mögliche Konjunkturabkühlung weiter sehr volatil bleiben dürften, kann sich derzeit günstig ein breites Portfolio mit einer Dividendenrendite von deutlich mehr als 5 Prozent aufbauen lassen.

    • Immobilien: Auch wenn es verfrüht klingen mag, in einem noch überhitzen Markt spätere mögliche Opportunitäten anzusprechen, ist es heute schon sinnvoll zu diskutieren, unter welchen Bedingungen in einem ganz normalen Immobilienumfeld welche Immobilien zum Familienvermögen passen. Welche Standorte sind dann langfristig zu welchen Renditeniveaus mit welcher Finanzierungsstrategie gewünscht?

      Eine solche Wunschliste erleichtert das laufende Markt-Screening enorm und schult den Blick für die mittelfristigen Preisentwicklungen. Dies gilt auch für Auslandsimmobilien.

    • Private Equity: Wie beim Immobilienvermögen ist hier aktuell noch fast alles überhitzt. Jedoch liefern die konjunkturellen Enttäuschungen in den Emerging Markets offene Zeitfenster, um mit versierten Partnern gestresste Private-Equity-Portfolios zu erwerben. Hierfür könnte sehr bald das Zeitfenster aufgehen.

      Im klassischen Buy-Out-Markt ist noch ein halber Zyklus Zeit, wenn man es nicht allzu eilig hat. Auch hier ist eine für Familienvermögen unabdingbare Fertigkeit gefragt: Der Aufbau eines breiten Netzwerks für Private Equity- und Club-Deals.

    • Hedgefonds: Diese Asset-Klasse lässt sich nicht timen, sie war aber wegen der hohen Korrelationen und der geringen Risikoprämien kaum ein erfreulicher Renditegarant.

      Wenn sich beide Trends umkehren, ist es wichtig zu wissen, welche Strategien wie mit welchen Partner gemischt werden sollen. Ebenso sind die unterschiedlichen Plattformen, über die Hedgefonds erworben und gehalten werden können, genau zu vergleichen. Für diese Vorarbeit ist jetzt eine gute Zeit; ebenso, um Preisgefüge vorzuverhandeln.

    • Währungsstrategie: Nicht prognostizierbar, aber ökonomisch plausibel kann eine bewusste Währungsallokation in Räume, die man für stabil und zinsträchtig hält, gestaltet werden. Die Währungsallokation sollte in keinem Fall einfach nur das Resultat der anderen Investments sein, sie sollte das bewusste Ergebnis einer wirtschaftlichen und politischen Diversifikation sein. Jederzeit und in jeder Marktphase.