Kommalpha-Analyse Starke Spezialfonds-Cashflows – Versicherungen zementieren ihr Comeback

Clemens Schuerhoff, Vorstandsvorsitzender von Kommalpha

Clemens Schuerhoff, Vorstandsvorsitzender von Kommalpha: Er stellt die Ergebnisse der achten Ausgabe des Spezialfondsmarkt Quarterly vor. Foto: Kommalpha

2022 ist bislang ein gutes Jahr für den Spezialfondsmarkt – trotz der etwas zurückhaltenden Daten des zweiten Quartals. Das Nettomittelaufkommen lag per Ende Juni 2022 bei 47,5 Milliarden Euro und damit rund 2,2 Milliarden Euro über dem Wert des Vorjahres. Schreibt man diese Entwicklung unter der Prämisse eines erfahrungsgemäß immer stärkeren vierten Quartals linear fort, wird auch die Jahresendbilanz für den deutschen Spezialfonds positiv ausfallen. Die Zuflüsse von frischer Liquidität betrugen bis Ende Juni 141 Milliarden Euro, was gut 7 Milliarden Euro mehr sind als zum Vergleichszeitpunkt im Jahr 2021.

Versicherungen und Altersvorsorgeeinrichtungen: Zugpferde bei Cashflows

Auf Ebene der Investorenkategorien bringt der Vorjahresvergleich zum Stichtag 30. Juni zutage, dass insbesondere Versicherungen gegenüber 2021 ein starkes Jahr aufweisen. Ihr Nettomittelaufkommen betrug 16,4 Milliarden Euro per Ende Juni 2022 und lag damit 15,1 Milliarden Euro über dem Wert 2021. Ihre Mittelzuflüsse sind mit 46,5 Milliarden Euro ebenfalls rund 15 Milliarden Euro höher als zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr – ein fulminantes Comeback von Versicherungen hinsichtlich der Cashflows in Spezialfonds.

Angaben in Millionen Euro, Stand 30. Juni 2022, Quelle: Deutsche Bundesbank (eigene Darstellung)

Altersvorsorgeeinrichtungen als zweitgrößte Anteilseignergruppe im Spezialfondsgeschäft stehen dagegen vergleichbar schwach da: Ihr Nettomittelaufkommen betrug per Ende Juni 2022 immerhin noch 11,6 Milliarden Euro, was allerdings 4,7 Milliarden Euro niedriger als 2021 war. Ihre Zuflüsse an frischer Liquidität in Höhe von 29,4 Milliarden Euro befanden sich fast auf dem Niveau des entsprechenden Zeitpunktes des Vorjahres.

Die Cashflows von privaten Organisationen ohne Erwerbszweck konnten ihr Niveau der starken Jahreshälfte 2021 nicht halten und sind im ersten Halbjahr 2022 deutlich zurückgegangen. Das Nettomittelaufkommen betrug zum 30. Juni rund 7,6 Milliarden Euro, was 5,7 Milliarden Euro unter dem Vergleichswert aus 2021 lag. Die Zuflüsse an frischer Liquidität sind sogar deutlich eingebrochen. Sie betrugen gut 17 Milliarden Euro, somit satte 21 Milliarden Euro unter dem entsprechenden Wert aus 2021.

Bei Kreditinstituten und Corporates lassen sich keine wesentlichen Auffälligkeiten feststellen

Die einzige Investorengruppe, die zum Stichtag ein negatives Nettomittelaufkommen aufwies, sind Sozialversicherungen und kirchliche sowie öffentliche Zusatzversorgungseinrichtungen. Per Ende Juni 2022 flossen netto 830 Millionen Euro aus ihren Spezialfonds ab, obwohl die Dotierungen an frischen Mitteln in Höhe von 20,6 Milliarden Euro deutlich über dem Vergleichswert aus 2021 lagen. Bemerkenswert, da es sich hinsichtlich der Anzahl der Investoren um eine vergleichbar kleine Investorengruppe handelt, und es den Anschein hat, dass dort Aufruhr im Sinne von Liquiditätsentzug aus Spezialfonds herrscht.

Angaben in Millionen Euro, Stand 30. Juni 2022, Quelle: Deutsche Bundesbank (eigene Darstellung)

Bei der Analyse der Cashflows fällt auf, wie viel Liquidität insgesamt am Markt von institutionellen Investoren vorhanden ist im Sinne der Dotierung von frischen Mittelzuflüssen. Mit Blick auf das Nettomittelaufkommen wird allerdings deutlich, dass von der frischen Liquidität nur ein gewisser Anteil netto in den Spezialfondsmandaten landet. Das bedeutet, dass auf der jeweiligen Betrachtungsebene sehr viel Liquidität durch Anteilscheinrückgaben seitens institutioneller Investoren an die Kapitalverwaltungsgesellschaften entzogen wird.

Von der frischen Liquidität in Höhe von 141 Milliarden Euro per Ende Juni landeten lediglich 34 Prozent netto in den Spezialfondsvehikeln. Es werden viele Spezialfondsanteilscheine „gedreht“. Das bedeutet im Umkehrschluss einen Liquiditätsentzug von knapp 94 Milliarden Euro, die im ersten Halbjahr ihren Weg außerhalb des Spezialfondsmantels gefunden haben. Diese Mittel werden entweder in Kapitalanlagen außerhalb des Spezialfondsmantels finden (Stichwort Luxemburg) oder für betriebliche und bilanzielle Zwecke eingesetzt.

Auf Ebene der Investorenkategorien ist die Anteilscheindynamik im ersten Halbjahr bei Sozialversicherungen und kirchlichen/öffentlichen Zusatzversorgungseinrichtungen am größten. Von der frisch dotierten Liquidität landete kein Euro netto in den Spezialfondsmandaten. Im Gegenteil: Es gab sogar noch Nettomittelabflüsse, wie eingangs aufgeführt. Bei Versicherungen landete rund jeder dritte Euro der Mittelzuflüsse netto in Spezialfonds, gefolgt von Corporates, bei denen 38 Prozent der frischen Liquidität als Nettomittelaufkommen im ersten Halbjahr zu verzeichnen war. Altersvorsorgeeinrichtungen und private Organisationen ohne Erwerbszweck schließen sich mit einer Quote von 40 Prozent und 44 Prozent an. Die mandatstreuesten Anteilseignergruppen im ersten Halbjahr waren Kreditinstitute und sonstige Investoren (im wesentlichen Finanzintermediäre und Kredit- und Versicherungshilfsinstitutionen), bei denen rund die Hälfte der frischen Liquidität netto in ihren Spezialmandaten landete.

Über den Autor:

Clemens Schuerhoff ist Vorstandsvorsitzender von Kommalpha. In der Publikation „Spezialfondsmarkt Quarterly“ analysiert das Beratungsunternehmen die Netto- und Bruttocashflows sowie ausgewählte Strukturmerkmale des deutschen Spezialfondsmarktes pro Quartal.

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