Klimarisiken im Portfolio Wie man die größten Treibhausgasemittenten identifiziert

Viola Lutz leitet bei der Nachhaltigkeits-Rating-Agentur ISS ESG den Bereich Investor Consulting.

Viola Lutz leitet bei der Nachhaltigkeits-Rating-Agentur ISS ESG den Bereich Investor Consulting. Foto: ISS ESG

Mit einer detaillierten Klimaanalyse von Portfolios können Investoren ihre Risikoexposition im Zusammenhang mit mehreren klimabezogenen Themen bewerten und überwachen. Dazu gehören unter anderem die Emissionsexposition, physische Risiken und weitere Risiken, die mit dem Übergang in eine kohlenstoffarme Zukunft verbunden sind.

Im Folgenden werden anhand eines Vergleichs der Treibhausgasemissionen und der Klimarisikoexposition zwischen dem S&P 500 (USA) und dem Stoxx 600 Index (Europa) zum Stichtag Ende 2018 die Vorteile einer Portfolioanalyse im Zusammenhang mit dem Klimawandelrisiko sichtbar gemacht. Das Ergebnis zeigt, dass die absolute Emissionsexposition der Unternehmen des S&P 500 etwa 45 Prozent geringer ist als die Emissionsexposition der im Stoxx 600 enthaltenen Unternehmen. Letztere jedoch managen Klimarisiken besser als S&P-500-Unternehmen.

Durch eine Überprüfung der absoluten Emissionen können Investoren zwar die nach heutigem Stand größten Treibhausgasemittenten in einem Portfolio identifizieren. Um zudem auch zukünftige Klimaführer und Nachzügler zu erkennen, ist eine umfassendere zukunftsorientierte Analyse erforderlich. Emissionsschätzungen von Unternehmen gehören zudem zu den empfohlenen Angaben in den Leitlinien zur Berichterstattung über klimabezogene Informationen, die von der Europäischen Kommission im Juni dieses Jahres veröffentlicht wurden. 

Emissionsexposition

Aus Sicht von Investoren bestehen bei den Kohlenstoffemissionen der Unternehmen im Stoxx 600 und im S&P 500 deutliche Unterschiede. Wer in den S&P 500 investiert, dessen absolute Emissionsbelastung liegt um mehr als 45 Prozent unter der des Stoxx 600. Bei einer Investition von einer Million US-Dollar in jeden Index wird die Emissionsbelastung des S&P 500 Index auf 397 tCO2e geschätzt, verglichen mit 767 tCO2e für den Stoxx 600 – basierend auf den Emissionen von Scope 1 (direkt), Scope 2 (indirekt) und Scope 3 (upstream- und downstream-Wertschöpfungskette des Unternehmens). 

Die Definitionen der drei Bereiche entsprechen den im Treibhausgas-Protokoll (Greenhouse Gas Protocol, GHG), einem weltweit gültigen Instrument zur Berichterstattung über Treibhausgasemissionen, vorgeschlagenen Begriffsbestimmungen:

• Scope 1 umfasst Emissionen aus der Verbrennung in eigenen Anlagen,
• Scope 2 umfasst Emissionen aus der Erzeugung von Fremdstrom oder -wärme,
• Scope 3 umfasst Emissionen im Zusammenhang mit den Produkten oder Aktivitäten eines Unternehmens, das nicht direkt vom Unternehmen kontrolliert wird.

Ein Beispiel für Scope-3-Emissionen eines Unternehmens aus der Öl- und Gasbranche sind die Emissionen aus der Verbrennung von Ölprodukten nach dem Verkauf. Der Unterschied der Emissionsbelastung zwischen den beiden Indizes ist hauptsächlich auf die unterschiedliche Branchenverteilung zurückzuführen. Die Marktkapitalisierung des S&P 500 umfasst nur sieben Prozent Unternehmen aus den emissionsstarken Bereichen Energieversorger und Energiewirtschaft, während beim Stoxx 600 rund zwölf Prozent seiner Marktkapitalisierung diesen Sektoren zuzurechnen sind.