Künstliche Intelligenz KI im Asset Management – Die Maschine kann nicht ohne Mensch und andersherum

Handelsraum der Commerzbank im Jahr 2007

Handelsraum der Commerzbank im Jahr 2007: Wo früher Rechner und Händler gefragt waren, hilft heute oft eine Künstliche Intelligenz. Nur eines ist geblieben: der wachsende Datenberg. Foto: Imago Images / Photothek

Im Kern der Markteffizienzhypothese steht die Information. Ein Markt ist demnach effizient, wenn es auch eine Informationseffizienz gibt – also alle Marktteilnehmer alles immer wissen. Gibt es eine neue Information, preist der Markt sie ein. Was genau diese Informationen sind und wie sie messbar sind, hat Eugene F. Fama, seines Zeichens Nobelpreisträger und Begründer der Markteffizienzhypothese, nie so ganz genau definiert. Es ist aber in anderen Feldern der Wissenschaft durchaus Konsens, in welcher Form Informationen derzeit meist gespeichert werden: als Daten.

Und von denen gibt es mehr als genug. Während die 2018 generierte Datenmenge noch bei 33 Zettabyte lag, soll sie 2025 laut Prognosen bei weit über 150 Zettabyte liegen. Auch am Kapitalmarkt wächst der Datenberg. „Das hat Folgen“, meint Günter Jäger, Gründer und Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Plexus Investments. Er analysiert in der zu Plexus gehörenden KI-Denkfabrik seit Jahren verschiedene Asset Manager und Strategien, die Künstliche Intelligenz nutzen. Er sagt auch: „Je mehr Daten es gibt, desto wertvoller wird Künstliche Intelligenz.“

Intelligenter als bloß ein Quant

Die Künstliche Intelligenz, kurz KI, kommt in der Finanzbranche an. Auch wenn die deutsche Finanzbranche im Vergleich zu Nordamerika und Asien noch KI-Entwicklungsland ist, wie eine PwC-Umfrage zeigt. Das soll sich aber ändern. Denn laut der befragten Entscheidungsträger sind Effizienzsteigerungen und Kostenersparnisse trotzdem gute Argumente für die Technologie. Auch im Asset Management.

Wo früher dutzende Analysten in Bankentürmen Dokumente wälzten, Bilanzen prüften und Cashflows berechneten, brauche es für die Prüfung von fundamentalen und technischen Daten jetzt nur ein paar Server und die richtige Datenbasis, erklärt KI-Experte Jäger und spezifiziert: „Die dadurch gewonnene Effizienz ist bedeutend. Wenn auch noch hochdimensionale Wechselwirkungen zwischen den Variablen und deren nichtlinearen Beziehungen einbezogen werden sollen, haben herkömmliche Regressionsmodelle keine Chance gegen Künstliche Intelligenz und Machine Learning.“

Günter Jäger, Gründer von Plexus Investments.

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Dass Maschinen im Anlageprozess helfen, ist keine Neuheit. In systematischen oder Quant-Strategien rechnen Computer schon länger Seite an Seite mit Fondsmanagern. Eine klare Trennlinie zwischen diesen „alten“ und den neuen KI-Strategien will Jäger aber nicht ziehen. Er differenziert jedoch: „Ein Quant trifft meist hypothesengetrieben Annahmen darüber, welche Marktanomalien mit welchen Daten gefunden und genutzt werden können. KI-Strategien hingegen sind datengetrieben. Ohne viel Rücksicht auf Markttheorien wird via maschinellem Lernen nach Datenmustern gesucht, die für Menschen oft nur schwer interpretierbar sind, sich aber in profitable Anlagestrategien übersetzen lassen.“ Zudem kann KI auch Bilder mittels maschinellen Sehens oder ganze Texte mit Hilfe von Computerlinguistik analysieren.

Intelligente Dynamik schlägt statische Systematik

Stefan Tittel bleibt lieber bei klassischen Kapitalmarktdaten. Der Geschäftsführer und Gründer von Quantumrock beschäftigt sich bereits seit 2013 mit KI im Asset Management. Für ihn gehören Quant und KI zusammen: „Wir sind durch unsere Künstliche Intelligenz in der Lage, am Ende des Prozesses ein ausführbares Quant-Modell aus der KI-Plattform fallen zu lassen.“ So würde die Technologie laufend in einem von Kapitalmarktexperten abgestecktem Terrain nach Ineffizienzen fahnden und Strategien entwickeln, mit denen sich dann ein Alpha generieren lässt. Weil die Märkte allerdings ständig in Bewegung sind, brauche es eine Künstliche Intelligenz – und nicht nur einen statischen, systematischen Ansatz. Belastbare Studien zu Renditevorteilen gibt es quasi nicht, eher taugt das Scheitern vieler statischer Modelle durch verschwindene Kapitalmarktineffizienzen als Vorteilsnachweis.