Staatsanleihen und Swaps Verschiebung der Marktmechanismen

Jonas Köberle von KC Risk.

Jonas Köberle von KC Risk: „Besonders in einer Zeit, in der die Schulden weltweit explodieren und die Notenbankpolitik die Finanzmärkte aufwühlt, spielt Gold eine zentrale Rolle als wertbeständiger Vermögenswert.“ Foto: KC Risk

Risiken sind ein unvermeidlicher Bestandteil der Finanzmärkte. Unsere menschliche Psyche ist darauf ausgelegt, Gefahren zu erkennen und zu vermeiden – eine evolutionär bedingte Schutzfunktion. Doch an den Finanzmärkten kann eine zu starke Fokussierung auf Risiken dazu führen, dass Chancen ungenutzt bleiben. Daher ist es entscheidend, Risiken rational zu bewerten, anstatt sich von Ängsten leiten zu lassen. Der Herdentrieb beeinflusst das Anlegerverhalten oftmals maßgeblich: Schnell wird impulsiv auf Nachrichten reagiert, während eine objektive Einschätzung der langfristigen Auswirkungen in den Hintergrund tritt.

Ein ganzheitlicher Blick auf Risiken hilft dabei, zwischen bewertbaren Gefahren und den unvorhersehbaren „Black-Swan-Ereignissen“ zu unterscheiden. Zudem sind Risiken keine isolierten Ereignisse, sie entstehen aus der Wechselwirkung politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Faktoren. Und obwohl Unsicherheiten die Märkte prägen, zeigt die Geschichte, dass Wirtschafts- und Finanzsysteme Krisen überstanden und sich kontinuierlich angepasst haben.

Geopolitische Spannungen & Sicherheitsrisiken

Derzeit beeinflussen mehrere geopolitische Konflikte das Weltgeschehen: der Ukraine-Krieg, die Spannungen rund um Taiwan, Auseinandersetzungen im Nahen Osten und eskalierende Handelskonflikte. Weltweit existieren mehr als 65 aktive Konflikte, was die Unsicherheit an den Märkten weiter verstärkt. Für Investoren erweist es sich jedoch als wenig zielführend, geopolitische Akteure pauschal zu bewerten oder in vereinfachte Kategorien einzuordnen. Vielmehr ist es entscheidend, die spezifischen wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Konflikte zu analysieren und deren langfristige Folgen zu verstehen.

Kriege haben in der Regel kurzfristig starke Auswirkungen auf die Finanzmärkte. Ein prominentes Beispiel hierfür war der Beginn des Russland-Ukraine-Krieges im Jahr 2022, der zu einer erheblichen Korrektur der weltweiten Aktienmärkte führte. Doch nach der Einpreisung der Risiken und der Anpassung an veränderte wirtschaftliche Bedingungen treten geopolitische Konflikte häufig in den Hintergrund der Marktbetrachtung. Historisch gesehen zeigt sich dies besonders eindrucksvoll am Beispiel des Zweiten Weltkriegs, als die Börsen während und nach der Kriegszeit signifikante Aufwärtsbewegungen verzeichneten.

Dennoch sind nicht alle geopolitischen Spannungen gleich zu bewerten. Handelskriege, wie der anhaltende Wirtschaftskonflikt zwischen den USA und China, haben tiefere strukturelle Auswirkungen als militärische Auseinandersetzungen. Während klassische Kriege temporäre Verwerfungen verursachen, beeinflussen Zölle, Sanktionen und Deglobalisierung langfristig die Rahmenbedingungen der Weltwirtschaft.

Historisch betrachtet gab es anhand des Geopolitical Risk Index deutlich extremere Zeiträume:

Geopolitica Risk Index Quelle: matteoiacoviello

Wirtschaftliche Risiken & Steigende Staatsverschuldung

Die steigende Staatsverschuldung und anhaltend hohe Haushaltsdefizite stellen eine ernsthafte Belastung für die wirtschaftliche Stabilität dar. Während viele Regierungen neue Schulden aufnehmen, um konjunkturelle Herausforderungen kurzfristig zu bewältigen, steigen die langfristigen Finanzierungskosten durch die höheren Zinsen erheblich. Besonders hochverschuldete Staaten geraten zunehmend unter Druck, da sie entweder drastische Sparmaßnahmen ergreifen oder ihre Defizite weiter ausweiten müssen, beides hat negative Folgen für das Vertrauen der Investoren.

 

In der Eurozone verstärkt sich die wirtschaftliche Kluft zwischen stabileren Ländern und hochverschuldeten Staaten, was sich in steigenden Risikoprämien für Staatsanleihen widerspiegelt. Länder mit soliden Finanzen erhalten weiterhin Kredite zu günstigen Konditionen, während Staaten mit hohen Schuldenständen spürbar höhere Zinsen zahlen müssen.

Die folgende Grafik zeigt den Vergleich einiger Euroländer hinsichtlich ihrer Schuldenquoten und Haushaltsdefizite.

Quelle: Eigene Darstellung anhand Statista

Ein ähnliches Bild zeigt sich auch außerhalb Europas: Japan weist mit 251 Prozent des BIP die höchste Staatsverschuldung auf, während die USA mit 121 Prozent des BIP und einem Haushaltsdefizit von minus 7,6 Prozent ebenfalls vor großen fiskalischen Herausforderungen stehen. Diese enormen Schuldenstände werfen langfristig Fragen zur Finanzierbarkeit der Wirtschaftspolitik auf, insbesondere wenn die Zinsen weiter steigen und die Refinanzierungskosten ansteigen.

Zusätzlich erhöht die geplante Ausweitung der Verteidigungsausgaben den Schuldendruck. Um das angestrebte NATO-Ziel von 3,5 Prozent des BIP für Verteidigungsausgaben zu erreichen, müssen Länder wie Deutschland, Frankreich und Italien ihre Budgets massiv ausweiten. Dies führt zwangsläufig zu einer steigenden Schuldenquote und wachsenden Defiziten. Gleichzeitig gewinnt die Idee einer europäischen Schuldenvergemeinschaftung an Bedeutung, auch wenn die nördlichen Euroländer diese bisher abwehren konnten.

Darüber hinaus beschloss die Bundesregierung das größte schuldenfinanzierte Infrastrukturprogramm über 500 Milliarden Euro. Obwohl dies einen positiven Impuls für die Konjunktur setzen dürfte, verschärft es zugleich die Schuldenproblematik. Diese Themenblöcke stellen jedoch keine kurzfristigen Risiken dar, sondern werden sich nachhaltig und langfristig auf die Staatsschulden auswirken.

Die steigende Staatsverschuldung in Deutschland lässt sich nicht nur anhand aktueller Zahlen und Prognosen beleuchten, sondern auch durch einen Blick in die Vergangenheit. Ein ähnlicher finanzieller Druck trat bereits 1990 auf, als Deutschland nach der Wiedervereinigung mit der Herausforderung konfrontiert war, die ostdeutsche Wirtschaft zu integrieren. Diese Maßnahme führte zu einer erheblichen Ausweitung der Staatsausgaben und damit der Verschuldung.