Kartellrechtliche Bedenken Wird die Marktmacht von Fondsgesellschaften zum Problem?

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Obwohl die Ergebnisse der Studien nicht unangreifbar erscheinen, setzt das zumindest in der Theorie denkbare, wettbewerbsverzerrende Potenzial überlappendender Eigentümerstrukturen die zunehmende Beteiligungskonzentration auf die Agenda der Wettbewerbsbehörden.

So hat sich beispielsweise die Monopolkommission erst kürzlich in ihrem am 20. September 2016 erschienenen 21. Hauptgutachten für eine vertiefte Untersuchung des Themas ausgesprochen. Aus kartellrechtlicher Perspektive scheinen die rechtlichen Möglichkeiten, die beobachteten Phänomene aufzugreifen, gleichwohl begrenzt.

Erhebliche Einflussmöglichkeiten

Die Fusionskontrolle erfasst Minderheitsbeteiligungen nur dann, wenn sie dem Investor Kontrolle oder jedenfalls wettbewerbliche erhebliche Einflussmöglichkeiten über das Portfoliounternehmen vermitteln. Bei Kapitalbeteiligungen von unter 10 Prozent dürfte dies im Regelfall zumindest erheblichen Begründungsaufwand bedeuten.

Etwas anderes könnte gleichwohl gelten, wenn zukünftig – wie von der Monopolkommission vorgeschlagen – die Beteiligungen von Fondsgesellschaften die Zwecke der Fusionskontrolle gemeinschaftlich zu betrachten wären. Dieser Ansatz scheint freilich mit nicht unerheblichen praktischen Schwierigkeiten behaftet.

Aus Sicht der Behörden erfolgsversprechender dürfte daher das Aufgreifen entsprechender Sachverhalte nach dem Kartellverbot sein. Allerdings ist ein wettbewerbsbeschränkender Effekt noch keine im Sinne des Kartellverbots verfolgbare Handlung.

Der Nachweis eines Kartellverstoßes durch indirekte horizontale Verflechtungen zwischen Wettbewerbern erfordert mehr als nur ein bewusstes oder unbewusstes autonomes Parallelverhalten der Portfoliounternehmen.

Koordination des Marktverhaltens

Es bedarf einer direkten oder – im Fall von Fondsgesellschaften – indirekten Fühlungnahme zwischen konkurrierenden Portfoliounternehmen, die auf eine planmäßige Koordination des Marktverhaltens gerichtet ist.

Eine solche „aktive“ Einflussnahme von Fondsgesellschaften mit dem Ziel einer Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens von konkurrierenden Portfoliounternehmen wird sich jedoch nur im Ausnahmefall feststellen lassen. Klassische Absprachen sind, wenn man obiger Schadenstheorie folgen mag, schon gar nicht notwendig, um die wirtschaftlichen Interessen der Fondsgesellschaften zu erreichen. 

Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die amerikanische Wettbewerbsbehörde DOJ in diesem Zusammenhang derzeit untersucht, ob US-Flugunternehmen ihr Preis- und Kapazitätsverhalten über öffentliche Gespräche mit ihren Anteilseignern abgestimmt haben.

Auch personelle Verflechtungen zwischen Fondsgesellschaften, öffentliche Aufrufe zu Preiserhöhungen oder unter den Fondsgesellschaften abgestimmte Einflussnahmen auf die Grundsätze der Unternehmensführung von Portfoliogesellschaften könnten vor diesem Hintergrund Verdachtsmomente für eine kartellrechtlich unzulässige Verhaltensabstimmung begründen. 

Klärungsbedarf besteht damit vorrangig in wirtschaftspolitischer Hinsicht. Es ist absehbar, dass dem Thema im Rahmen der möglichen Fortentwicklung der europäischen Fusionskontrolle zukommen wird.

Soweit die von der Monopolkommission angeregten sektorspezifischen Untersuchungen über die Auswirkungen von solchen Unternehmensverflechtungen auf das Marktergebnis Handlungsbedarf aufzeigen sollten, dürfte auch in Deutschland eine breitere Diskussion über die Marktmacht von Fondsgesellschaften zu erwarten sein.

All dies muss die betroffenen Unternehmen nach der gegenwärtigen Rechtslage nicht beunruhigen, soweit sie ihre Einflussmöglichkeiten auf ihre Portfoliounternehmen weiterhin „passiv“ wahrnehmen.

Vor diesem Hintergrund sollte aus Gründen der Vorsicht gleichwohl geprüft werden, ob mit Blick auf die bestehenden Compliance-Vorkehrungen gegebenenfalls Bedarf zu einzelnen Nachjustierungen besteht. Denn eines ist klar: Das Thema wird so schnell nicht wieder von der Agenda der Wettbewerbshüter verschwinden.


Über den Autor:
Dr. Michael Dietrich ist Leiter der deutschen Kartellrechtspraxis von Herbert Smith Freehills und Mitglied der globalen Praxisgruppe Competition, Regulation and Trade. Er berät seit mehr als 15 Jahren deutsche und internationale Mandanten in allen Fragen des deutschen und europäischen Kartellrechts im Zusammenhang mit deren operativen Geschäftstätigkeit sowie vor Behörden und Gerichten einschließlich Schadensersatzprozessen wegen Kartellverstößen.

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