Kapitalmarkt unter Druck Die Probleme in Argentinien sind hausgemacht

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Der argentinische Peso präsentiert sich zurzeit als schwächste Währung weltweit und wertete im August schlagartig um 20 Prozent. Seit Jahresbeginn summiert sich die Abwertung zum Euro auf mehr 30 Prozent. Dadurch hat sich der Schuldenstand bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt von noch niedrigen 40 Prozent zu Beginn der Legislaturperiode auf nunmehr etwa 100 Prozent mehr als verdoppelt. Damit ist das Austauschverhältnis des Pesos zur Schlüsselvariable bei der Betrachtung der Schuldentragfähigkeit geworden.

Die Grafik zeigt die Währungsentwicklung seit der Amtseinführung Macris.

Stand: August 2019
Quelle: Bloomberg 

Bei der Bonitätsanalyse stellt sich schnell die Frage nach einem anstehenden Schuldenschnitt. Dieser liegt aktuell nicht im Interesse der beteiligten Parteien, im Sinne der Gläubiger sowieso nicht. Der IWF steht derzeit dem Land mit dem historisch größten Hilfsprogramm über fast 60 Milliarden US-Dollar und Sachverstand zur Seite. Nach der wechselhaften Beziehung mit Argentinien wären ein Staatsbankrott und das Scheitern aber ein Gesichtsverlust. Mangelhafte Prüfungen der gewährten Finanzhilfen wird man sich nur ungern vorwerfen lassen wollen und damit einer Verlängerung des Programms offen gegenüberstehen.

Die Regierung um Macri, die den Deal mit dem IWF ausgehandelt und alle Anleihen nach Heilung des Staatsbankrotts emittiert hat, steht in der Verantwortung für die Staatsschuld und zeigt sich weiterhin als zahlungswillig. Selbst die nun wahrscheinlich bald regierende Opposition wünscht sich mit Blick auf den letzten chaotisch verlaufenen Staatsbankrott mit schnell wechselnden Regierungen einen besseren Start in die Amtszeit. Zu oft müssen in Krisenzeiten eingesetzte Regierungen pragmatisch unter den übernommenen Sachzwängen agieren und können den Großteil der versprochenen Wohltaten mangels Einnahmen nicht umsetzen.

Abgesehen von der noch vorhandenen Zahlungswilligkeit könnte das Land aber durch ein weiteres Absinken der Währung und gleichzeitig explodierender Staatsschuld in Relation zum BIP gezwungen werden, unabhängig von den Parteigrenzen den Zahlungsausfall erklären zu müssen. Nach vorliegenden Analysen hat sich der Wechselkurs bereits diesem Szenario durch die Unterbewertung angepasst.

Während die linkspopulistische Opposition bereits früher eine Abwertung forderte, wurde sie nun vom Kapitalmarkt überholt und sieht den Wechselkurs als angemessen an. Damit geht es in der vor uns liegenden Zeit bis zur Wahl vor allem um eine Stabilisierung der Situation und ein Verhindern des Abgleitens in unkontrollierbare Sphären.

Der von den Rating-Agenturen festgestellte „selektive Zahlungsausfall“ auf die Laufzeitverlängerung der lokalen kurzfristigen Staatsanleihen nach argentinischem Recht um maximal sechs Monate entspricht nur der üblichen Praxis des Rollierens. Nachdem diese Geldmarktpapiere von lokalen Haltern, wie Banken, Pensionskassen und Versicherungen, nicht wie üblich freiwillig prolongiert wurden, sah sich die Regierung zur Schuldenstreckung per Gesetz gezwungen. Damit wurde insbesondere der Abfluss von Devisenreserven verhindert und das Problem auf die neue Regierung vertagt.