Kapitalgedeckte Altersvorsorge Warum die Deutschland-Rente ebenso gut wie chancenlos ist

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Das deutsche Auslandsvermögen war also schon lange, bevor Mario Draghi den deutschen Sparer zu „quälen“ begann, mit Negativzinsen ausgestattet. So wurden nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) allein während der Subprime-Krise durch Käufe von angeblich bonitätsstarken Subprime-Rentenpapieren vom deutschen Finanzsystem allein 400 Milliarden Euro verloren.

Exportüberschüsse sinnvoll investieren

Würden wir die Exportüberschüsse nach Südeuropa nicht durch Kreditvergabe (Käufe von Anleihen), sondern durch Aktien- und Immobilienkäufe in diesen Ländern ermöglichen, müssten wir uns um deren Bonität weitaus weniger Sorgen machen. Der norwegische Staatsfonds, der zu 65 Prozent weltweit in Aktien angelegt ist, zeigt mit einer Performance von 5,8 Prozent pro Jahr seit 1996, dass man große Exportüberschüsse auch sinnvoll investieren kann.

Bereits 4 Prozent aller Dax-Aktien gehören diesem Fonds, der sich damit weit weniger Gedanken um die langfristige Bonität Deutschlands machen muss (zum Beispiel wegen der kommenden demografischen Probleme) als der deutsche Sparer.

Dessen liquides Vermögen ist nach Berechnungen des statistischen Bundesamtes und des DIW von 2003 bis 2013, als der Dax und auch der Deutsche Rentenindex Rexp kräftig zugelegt haben, sogar um 15 Prozent geschrumpft. Wenn dann künftig auch die Altersvorsorgeprodukte keine Performance erwirtschaften, dürften langfristig erhebliche soziale und politische Krisen entstehen.

Der zweite Vorteil wäre eine bessere Eigenkapitalversorgung der deutschen Unternehmen. Wenn die Sparguthaben allmählich in Aktien umgewandelt würden, würden die Firmen weniger Kredite erhalten, aber sie könnten sich leichter Eigenkapital beschaffen und wären damit krisenfester.

Steuerliche Benachteiligung von Eigenkapital

Dieser Effekt wäre noch größer, wenn der Finanzminister die massive steuerliche Benachteiligung von Eigenkapital aufheben würde. Ein Unternehmen, dass 100 Euro Fremdkapital mit 5 Prozent Zinssatz aufgenommen hat, kann dem Kapitalgeber nach Abzug von 26,4 Prozent Abgeltungssteuer und Soli 3,68 Euro auszahlen, die dieser nicht weiter versteuern muss.

Hat das Unternehmen dagegen 100 Euro Eigenkapital aufgenommen und möchte einen Gewinn von 5 Euro ausschütten, so sind zunächst ungefähr 1,50 Euro Körperschafts- und Gewerbesteuer abzuführen und dann auf die verbleibenden 3,50 Euro weitere 0,92 Euro Abgeltungssteuer + Soli, so dass der Anleger nur 2,58 Euro netto erhält.

Der effektive Steuersatz auf Eigenkapitalerträge liegt also bei 48,4 Prozent, bei Fremdkapital bei 26,4 Prozent. Erschreckend ist an dieser Stelle, dass dieser Sachverhalt den allermeisten Politikern (Ausnahme: Finanzminister Schäuble) offenbar nicht bekannt ist.

Sonst würde kaum die Forderung nach Abschaffung der Abgeltungssteuer erhoben werden, denn das Argument, die Reichen müssten nur 25 Prozent auf ihre Kapitalerträge bezahlen, der gutverdienende Facharbeiter aber bis zu 48 Prozent, stimmt eben nur für Rentenanlagen.

Banken und Versicherer gefragt

Eine Abschaffung der Abgeltungssteuer würde die Besteuerung von Eigenkapitalerträgen auf 64 Prozent hochtreiben und damit insofern das Problem der Ungleichheit in Deutschland lösen, weil ein erheblicher Teil der Reichen (allerdings leider auch deren Steuerzahlungen) verschwinden würde. Dass derart qualifizierte Politiker nicht in der Lage sind, ein vernünftiges, aktienbasiertes Altersvorsorgesystem zu verstehen, geschweige denn zu schaffen, sollte daher auch für die Zukunft zu erwarten sein.

Vielleicht könnte aber die Banken- und Versicherungsbranche ihren Ruf dadurch aufbessern, dass sie einen kostenlosen weltweiten Aktienindexfonds für monatliche Sparpläne mit einer Obergrenze von zum Beispiel 1.000,- Euro pro Monat einrichtet, aktiv vermarktet und die bärenstarke brancheneigene Lobby einsetzt, um vom Staat Steuervergünstigungen einzufordern.

Ja, das würde vielleicht ein paar Einnahmeverluste erzeugen, aber die Branche könnte zeigen, dass sie ein sinnvolles und breit angelegtes Verständnis des Begriffs Nachhaltigkeit hat und dafür auch Opfer bringt.

Aber das bleibt sicher nur ein schöner Traum, wie auch die Deutschland-Rente.


Über den Autor:
Reinhard Panse ist Geschäftsführer und Investmentchef bei HQ Trust, dem Multi Family Office der Familie Harald Quandt. Seine Themenschwerpunkte sind Anlagestrategie, Strategische und Taktische Asset Allokation sowie Manager Selektion.

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