Fondsanalyse deluxe, Teil 16 Kanadischer Long-short-Könner

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PROZESS: Der Fonds bedient sich dabei einer fundamentalen Anlagestrategie, das heißt Chart-Technik, global-ökonomische Begebenheiten und quantitative Ansätze spielen nur eine geringe Rolle. Die Investmententscheidungen werden anhand von ausführlichen und tiefgreifenden Analysen des Zielunternehmens getroffen. Dabei spielen insbesondere Bewertungen als auch mögliche bevorstehende Ereignisse mit direktem Einfluss auf die potenziellen Investitionskandidaten eine entscheidende Rolle.

Neben den üblichen Gewinn-Verlust-Modellen und dem Studium der Unternehmensveröffentlichungen wie Ad-Hoc-Nachrichten, Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, sind für Darren insbesondere die Treffen mit den Management-Teams der jeweiligen Firma von großer Bedeutung. Dabei profitieren die Portfoliomanager von ihren langjährigen Kontakten in der Industrie. Auch Gespräche mit Wettbewerbern und Zulieferern der relevanten Firmen liefern manchmal das fehlende Mosaikstück, das eine gewinnbringende Investmenthypothese benötigt.

Generell lassen sich die 20 bis 25 Investmentideen im Fonds in drei Kategorien klassifizieren:

  1. Long-Buch: Dort werden sowohl rein unterbewertete Aktien gekauft mit einem Anlagehorizont der üblicherweise länger als ein Jahrbeträgt. Diese Unterbewertung trifft optimalerweise zusammen mit einem Ereignis, von dem direkter Einfluss die Unternehmensentwicklung erwartet wird, beispielsweise die Einführung einer neuen Produktlinie oder der Verkauf eines Geschäftsbereiches. Um in schlechten Marktphasen niemals zu Zwangsverkäufen von Aktien gezwungen zu sein, schließt Vantage eine Fremdfinanzierung im „Long“-Buch kategorisch aus, das heißt das Long-Exposure des Fonds liegt immer unter 100 Prozent.

  2. Short-Buch: Die dezidierten Leerverkäufe machen üblicherweise nur einen geringen Bestandteil des Portfolios aus. Das Fondsmanagement hält die Bewertungen dieser Unternehmen für so übertrieben, dass diese Leerverkäufe rechtfertigen.

  3. Hedges: Hier werden eine Auswahl von selbst zusammengestellten Unternehmen eines Sektors-Baskets leerverkauft. Diese werden so ausgewählt, dass bestimmte Markt- und Sektorrisiken aus dem Long-Buch neutralisieret oder reduziert werden. Dabei achten Darren und Mark insbesondere auf Kosten, Liquidität und Diversifikation. Die Fundamentaldaten der leerverkauften Unternehmen spielen eine eher untergeordnete Rolle.

Vantage befindet sich permanent im Austausch mit den Zielfirmen, um Investitionschancen und Risiken genauer abschätzen zu können. Der Informationsfluss ist dabei nicht nur einseitig. Vielmehr tritt Vantage in einigen Fällen freundlich-aktivistisch auf und berät die Unternehmensführungen von einigen investierten Unternehmen mittels ihrer langjährigen Erfahrung und Expertise. Ab und an nehmen Tredgett und Gottlieb dazu auch Sitze im Aufsichtsrat der Zielunternehmen wahr.

BEISPIEL-INVESTMENT: Vantage investiert gerne in kanadische Unternehmen, die auch lokales Publikum bedienen. Eine solche Position im Portfolio ist die Canaccord Genuity Group (ISIN: CA1348011091), ein Finanzdienstleistungsunternehmen, das sich auf Vermögensverwaltung und Maklergeschäfte spezialisiert hat.

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Wertentwicklung der Aktie der Canaccord Genuity Group


Mit einer Marktkapitalisierung von zirka 800 Millionen US-Dollar und einem Fokus auf lokale, kanadische Kunden fällt das Unternehmen direkt ins Beuteschema von Vantage. Nachdem das Unternehmen Anteile an der eigenen englischen Vermögensverwaltungseinheit abgegeben hatte und im 2021 endenden Geschäftsjahr laut der Analysen von Vantage ein EBIT von etwa 130 Millionen US-Dollar erwartet werden, hielten Tredgett und Gottlieb das Unternehmen bei einem sehr niedrigen Preis-Gewinn-Verhältnis für stark unterbewertet und begannen im ersten Quartal 2020 eine Position aufzubauen.

Durch den zusätzlichen Fokus auf das kanadische Geschäft und weiteren Aktienrückkäufen des Unternehmens ist laut Tredgett und Gottlieb eine weitere Preissteigerung fast unausweichlich. Wie immer standen Tredgett und Gottlieb im Kontakt mit der Unternehmensführung und konnten auch eine Verbesserung der Board-Zusammensetzung (vergleichbar mit dem deutschen Aufsichtsrat) herbeiführen. Außerdem gilt die Canaccord-Aktie als eine der heißesten Kandidaten für die Aufnahme in den renommierten TSX-Index ist. Wenn dies tatsächlich passieren sollte, werden viele passive Fonds gezwungen sein, die Aktie zu kaufen: im Erwartungswert zu höheren Preisen als heute.

PORTFOLIO: Obwohl nicht notwendigerweise zu jeder Zeit im Portfolio sichtbar, hat sich bei unseren Analysen gezeigt, dass der Fonds aufgrund seiner Strategie-Ausrichtung einen Value-Bias besitzt. Auch die Aktien-Marktabhängigkeit ist nicht bei konstant Null, sondern schwankt im Zeitverlauf, je nach Marktlage und Investitionsideen. Dabei zeigt die Analyse im Durchschnitt ein leicht positives Beta (positive Marktabhängigkeit).

Erklärtes Ziel von Vantage ist es, eine gewisse Asymmetrie bei der Marktabhängigkeit zu erzielen: an steigenden Märkten will man möglichst stark partizipieren. Wenn aber die Marktpreise fallen, so ist natürlich eine niedrige Abhängigkeit gewünscht. Wie die Abbildung zeigt, ist das in der zehn-jährigen Geschichte des Fonds auch ganz gut gelungen. 

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  Quelle: Vantage Asset Management

Obwohl der Fonds nicht direkt Co-investments in die von ihm gefundenen Perlen anbietet, werden dem Investor durch die große Transparenz, die Warren und Mark an den Tag legen, oft langfristige Investmentideen mit enormen Renditepotential präsentiert.