Sie haben in diesem Jahr gleich zwei unabhängige Vermögensverwalter übernommen, dazu den Mischfonds eines weiteren Vermögensverwalters. Nimmt die lang heraufbeschwörte Konsolidierung der Branche gerade Fahrt auf?
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Sie haben in diesem Jahr gleich zwei unabhängige Vermögensverwalter übernommen, dazu den Mischfonds eines weiteren Vermögensverwalters. Nimmt die lang heraufbeschwörte Konsolidierung der Branche gerade Fahrt auf?
Kai Heinrich: Die vergangenen Jahre wurde viel geredet und es ist wenig passiert. Jetzt sind wir mittendrin. Es sind zwei größere Private-Equity-Investoren im Markt, die das Thema allein dadurch vorangebracht haben, dass sie mit diversen Adressen gesprochen haben. Dadurch haben sich viele Inhaber über das Thema Nachfolge beziehungsweise einen Verkauf erst Gedanken gemacht.
In puncto Nachfolge drängt in vielen Unternehmen mittlerweile auch die Zeit.
Heinrich: Das stimmt. In vielen Firmen kommen Vorstände beziehungsweise Inhaber über eine kritische Altersgrenze. Ein Drittel der Geschäftsführer ist über 60 Jahre und älter. Das in einem Umfeld von zunehmender Regulatorik, Digitalisierungsdruck und einem schwierigen Umfeld für Mitarbeiterrekrutierung. Für einige kleinere Häuser stellt sich zwangsläufig häufig die Frage: weitermachen oder aufhören?
Sind sie selbst schon von Investoren angesprochen?
Heinrich: Ja, wir sind von drei, vier unterschiedlichen Adressen angesprochen worden.
Aber Plutos wird stattdessen die Rolle eines Konsolidierers einnehmen?
Heinrich: Nein, das nicht. Aber es ist so: Als Michael Scholtis 2019 als Partner zur Plutos Vermögensverwaltung dazustieß, war unsere Zukunftsthese, dass wir 500 Millionen Euro betreutes Volumen benötigen, um die Firma langfristig unabhängig aufzustellen. Heute würde ich sagen, dass es auf Sicht von drei bis fünf Jahren eher eine Milliarde braucht. Das ist unser Ziel. Wir sind auf Wachstumskurs und ich hätte nichts dagegen, noch eine aktivere Rolle am Markt zu spielen, aber wir sind kein großer Konsolidierer. Wir sind keine Firma mit Private-Equity-Geld und müssen alles aus Eigenmitteln finanzieren.
Einige Deals konnten Sie dennoch bereits tätigen.
Heinrich: Das Unternehmen Schaan Invest kannten wir bereits über eine Bürogemeinschaft aus der Vergangenheit. Schaan hat eine Nachfolgelösung gesucht, wir haben Volumen gesucht, die Philosophie hat gestimmt und so sind wir zusammengekommen. Auch mit dem Vermögensverwalter Finanzmatrix haben wir über eine Übernahme gesprochen, sind aber zu dem Ergebnis gekommen, das eine Übernahme dessen Mischfonds für beide Seiten die bessere Lösung ist.
Mit BJKK hat Plutos auch ein Schweizer Unternehmen gekauft. Warum der Schritt in die Schweiz?
Herinrich: Die Möglichkeit ist an uns herangetragen worden. Wir arbeiten schon lange in der Schweiz mit der St. Galler Kantonalbank zusammen und haben Kundendepots dort und sind sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit. Unsere Meinung ist, dass eine Lizenz in der Schweiz oder ein reines Schweizer Angebot – Depotbank und Vermögensverwaltung – für unsere Kunden oder auch Neukunden perspektivisch Sinn ergibt.
Weil?
Heinrich: Zwei Gründe spielen eine Rolle. Zum einen konsolidiert sich der Schweizer Vermögensverwalter-Markt auch. Vielleicht ergeben sich dadurch weitere Möglichkeiten. Das war aber nicht der Hauptgedanke. Der wichtigere Grund: Deutsche Investoren neigen zu einem hohen Sicherheitsbedürfnis und der Finanzplatz Schweiz steht für Sicherheit. Viele Private-Banking-Kunden sind nach wie vor am Thema Swissness-Banking interessiert.
Warum reicht die Zusammenarbeit mit einer Schweizer Depotbank – in Ihrem Fall der St. Galler Kantonalbank – nicht aus?
Heinrich: Mit Sicherheit ist eine Bankverbindung mit einem Partner wie der SGKB ein guter Schritt. Es gibt aber auch Kunden, die eine reine Schweizer Lösung haben wollen. Wir haben die BJKK aber erst im Januar übernommen und müssen das Geschäft und die Struktur unserer Schweizer Tochtergesellschaft noch aufbauen.
In der Schweiz haben unabhängige Vermögensverwalter einen deutlich höheren Marktanteil als in Deutschland. Wie kann die Branche in Deutschland aufschließen?
Heinrich: Dieser Prozess hat in Deutschland ja schon begonnen. Fakt ist, dass der Marktanteil der unabhängigen Vermögensverwalter deutlich höher ist als noch vor zehn Jahren, auch wenn die Entwicklung langsamer als in anderen Ländern ist. In den USA ist der Marktanteil der Branche beispielsweise auch höher. Es ist eine Frage der Bekanntheit. Als ich 2009 bei der Plutos Vermögensverwaltung begonnen habe, musste ich Bekannten zum Teil noch erklären, dass ich nicht im Strukturvertrieb arbeite.
Das hat sich geändert. Dennoch: Der Verband unabhängiger Vermögensverwalter (VuV) hat vergangenes Jahr ein Marktforschungsunternehmen beauftragt, um herauszufinden, ob vermögende Kunden überhaupt etwas mit dem Begriff „unabhängiger Vermögensverwalter“ anfangen können. Ist die Branche noch immer zu wenig sichtbar?
Heinrich: Der Verband und die einzelnen Unternehmen haben in den vergangenen Jahren viel zur Bekanntheit der Branche beigetragen – und die wird weiter zunehmen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir in einer Wachstumsbranche arbeiten.
Woran machen Sie das fest?
Heinrich: Es würde keine Private-Equity-Firmen auf den deutschen Markt ziehen, wenn der Markt nicht bereit für eine Konsolidierung wäre – und wenn unabhängige Vermögensverwalter nicht weitere Marktanteile von Banken gewinnen könnten. Größere Firmen haben es leichter, Marktanteile zu gewinnen, weil mehr Budget für Marketing vorhanden ist und vermögende Kunden mit einem hohen Sicherheitsbedürfnis eher zu einem Unternehmen mit einer Milliarde Euro betreutem Vermögen gehen als zu einem mit 100 Millionen Euro. Deshalb glaube ich, dass die Bekanntheit der Branche von selbst steigen wird.
Sie haben bereits durchblicken lassen, dass auch bei Ihnen in Zukunft weitere Übernahmen anstehen könnten. Was müssen Firmen denn mitbringen, damit Sie in Gespräche gehen?
Heinrich: Wir führen mit ein, zwei Firmen lockere Gespräche. Kurzfristig erwarte ich aber keine weiteren Transaktionen. Wie gesagt: Am Ende ist es auch eine Frage der Finanzierbarkeit. Wir haben 700 Millionen Euro Assets under Management, Vermögensverwalter mit bis zu 150 Millionen Euro AuM wären für uns als Übernahmeziel interessant beziehungsweise realistisch. Diese Firmen sollten profitabel sein. Am besten ist entweder eine Firma, bei der die Inhaber eine Nachfolgelösung suchen oder das Unternehmen bietet ein Produkt, das unsere Produktpalette ergänzt.
Apropos Produkt: In der Digitalen Vermögensverwaltung bieten Sie Kunden seit Kurzem die High-Growth-Investing Strategie an, die von dem bekannten Tech-Investor Stefan Waldhauser gemanagt wird. Wie kam die Zusammenarbeit zustande?
Heinrich: Ich lese seinen Newsletter schon lange. Einige Zeit, nachdem er sich aus der Beratung des Portfoliomanagements bei einem Fonds zurückgezogen hatte, habe ich ihn über Linkedin angeschrieben. Wir hatten ein Telefonat, sind in Kontakt geblieben und irgendwann bin ich mit der Frage auf ihn zugekommen, ob es eine Variante gibt, in der wir zusammenarbeiten können. Wir haben eine gute Produktlösung und einen Experten im Techsektor dadurch für uns gewinnen können.
Wie sieht die Kooperation exakt aus?
Heinrich: Wir spiegeln sein Portfolio bei der V-Bank und bieten es als rein digitale Vermögensverwaltungsstrategie an. Für unser Portfoliomanagement bringt die Zusammenarbeit zusätzliches Wissen.
... Und eine neue Kundengruppe, die Sie ansprechen?
Heinrich: Fakt ist: Eröffnet jemand ein Konto in dieser Strategie bei uns, haben wir einen Neukunden und wenn ein Anleger 100.000 Euro in eine Tech-Strategie investiert, wird es wahrscheinlich nicht das einzige Vermögen sein, das er besitzt. Jetzt ist diese Kundenklientel zwar anders als der derzeit noch klassische Vermögensverwaltungskunde. Aber hat ein Kunde über die High-Growth-Investing Strategie bereits ein Konto bei uns eröffnet, wendet er sich möglicherweise auch bei weiteren Fragestellungen an Plutos. So erschließen wir eine andere, vielleicht auch jüngere Kundengruppe.
Wie alt ist ihr Durchschnittskunde?
Heinrich: Genau wie andere Vermögensverwalter haben wir eine eher hohe Altersstruktur unserer Kunden. Doch wer auf Sicht wachsen möchte, muss auch jüngere Kunden abholen. Dafür müssen wir nach und nach neue Angebote entwickeln. Und das gelingt – da schließt sich der Kreis – einem größeren Unternehmen eher als einer kleinen Einheit.
Über den Interviewten:
Kai Heinrich ist Vorstandsvorsitzender der Plutos Vermögensverwaltung. Seit 2009 ist der 48-Jährige für den unabhängigen Vermögensverwalter mit Sitz in Frankfurt am Main tätig. Zuvor arbeitete Heinrich zehn Jahre bei der Commerzbank, unter anderem als Abteilungsdirektor Wertpapierspezialisten und Mitglied der Geschäftsleitung im Wealth Management.