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Kabelfernsehen adé Wie Video-Streaming die TV-Branche verändert

Jeremy Gleeson, Portfolio Manager bei AXA IM

Es ist noch gar nicht so lange her, da brauchte es einen Fernseher und eine fest verabredete Uhrzeit, um eine Serie anzuschauen. Heute können sich Serienliebhaber dank Video-Streaming-Services ihre Lieblingssendungen jederzeit und an jedem Ort ansehen – auf dem Smartphone, Tablet oder Laptop, zuhause oder auf dem Weg zur Arbeit. Ermöglicht wird dies durch Streaming-Dienste wie Netflix, Amazon Prime Video, Hulu oder YouTube TV.

Deren Abonnenten werden als „Cord Cutter“ (dt.: Kabelschneider) bezeichnet, da sie ihre Kabel- oder Satellitenkanäle kündigen und stattdessen über das Internet fernsehen. Dies ist ein globales Phänomen: Laut dem PwC Global Consumer Insights Survey streamen 54 Prozent der Befragten aus 27 Ländern und Nationen mindestens zweimal pro Woche Filme und Fernsehen. Mehr als 50 Prozent der Befragten streamen einmal pro Tag oder häufiger Unterhaltung.

Wir bei AXA IM sehen einen klaren Trend zur Disruption in der TV-Branche: In Zukunft könnte die Idee des Kabelfernsehens möglicherweise so veraltet sein wie die des Schwarz-Weiß-Fernsehens. Neue Video-Streaming-Marktteilnehmer sorgen aktuell für Aufmerksamkeit und mediale Diskussionen über Gewinner und Verlierer der Branche. Das birgt auch Möglichkeiten für Investoren. Zwar steckt das Investmentpotenzial hinsichtlich der Welt der digitalen Streaming-Dienste noch in den Kinderschuhen, es ist aber ganz klar gegeben.

Original-Inhalte sind der Schlüssel zum Erfolg

Das zeigt sich auch in Zahlen: In den vergangenen Jahren nahm die Beliebtheit von Video-Streaming-Diensten kontinuierlich zu. Heute streamen knapp 21 Millionen Deutsche Filme und Fernsehen. 2018 waren es noch rund 1 Million weniger. In Großbritannien streamen mit 13 Millionen bereits mehr als die Hälfte aller Haushalte, während in den USA sogar schon 74 Prozent einen Streaming-Service nutzen. Allein der US-Anbieter Netflix zählt weltweit 160 Millionen Abonnenten.

Und die kommen nicht von ungefähr: Netflix und Co. investieren hohe Summen in eigene Film- und Serienformate, um neue Zuschauer zu gewinnen. Bis Ende 2019 wird Netflix 14 Milliarden US-Dollar, Apple sechs Milliarden US-Dollar für Originalinhalte ausgegeben haben.

Der Erfolg gibt ihnen Recht: „Orange is the New Black“ – die meistgesehene Originalserie von Netflix – erhielt eine Reihe von Auszeichnungen. Die letzte Staffel von „Stranger Things“ – ein weiteres Netflix-Original – wurde in den ersten vier Wochen nach der Veröffentlichung von 64 Millionen Haushalten gesehen. Doch nicht nur neue Inhalte sind beliebt – der britischen Medienaufsichtsbehörde Ofcom zufolge hatte die 25 Jahre alte Serie „Friends“ im Jahr 2018 in Großbritannien die meisten Zuschauer.

Die Konkurrenz schläft nicht

Das könnte sich allerdings bald ändern: „Friends“ wird zwar derzeit auf Netflix gezeigt, ist aber im Besitz von WarnerMedia, das einen eigenen Streaming-Service einrichtet und plant, die Show im nächsten Jahr von Netflix herunterzunehmen. Das wird nicht die einzige beliebte Serie sein, die Netflix-Zuschauer nicht mehr sehen können, da andere Dienste ihre Inhalte von der Konkurrenz abziehen.

70 Millionen Abonnenten erwartet WarnerMedia für seinen Streaming-Service, der Zugang zu den bestehenden Bibliotheken in Warner Bros, HBO, DC Universe und anderen bietet. Daneben sind alle Augen auf Disney+ gerichtet, einen neuen Dienst, der am 12. November in den USA, Kanada und den Niederlanden gestartet ist. Weitere Länder sollen folgen.

Neben der gesamten Disney-Filmbibliothek besitzt Disney 21st Century Fox, Pixar, Marvel, Star Wars und mehr – was bedeutet, dass das Unternehmen möglicherweise in der Lage sein sollte, eine beträchtliche Anzahl von Programmen und Filmen anzubieten, die in Zukunft wahrscheinlich nicht mehr über andere Dienste verfügbar sein werden. Daneben wird Apple TV+, das im November mit einer Bibliothek mit von Apple produzierten Serien, Dokumentationen und Filmen auf den Markt gekommen ist, ein weiterer Anwärter auf die Zeit der Zuschauer sein.