Ausgewählte Übernahmen Julius Bär will in Lateinamerika wachsen

“Lateinamerika stellt für Julius Bär einen Kernmarkt dar, in dem wir weiter expandieren wollen”, antwortete Boris Collardi, Vorstandschef des drittgrößten Schweizer Vermögensverwalters, am Donnerstag (Ortszeit) per E-Mail auf Fragen nach einer Präsentation für Journalisten in Sao Paulo. “Wir sind prinzipiell daran interessiert, unsere Präsenz entweder organisch oder über ausgewählte Akquisitionen auszuweiten.”

Im ersten Quartal hat Julius Bär das verwaltete Vermögen um rund 6,8 Milliarden Dollar erweitert. Dafür hatte die Bank ihre Beteiligung am Vermögensverwalter GPS Investimentos Financeiros e Participacoes in Brasilien - dem größten Vermögensverwaltungsmarkt der Region - aufgestockt. Laut einer Schätzung von Mediobanca SpA hat Julius Bär rund 100 Millionen Franken gezahlt, um den Anteil von 30 Prozent auf 80 Prozent zu erhöhen.

Schweizer Banken bemühen sich derzeit vermehrt um verwaltetes Kapital aus Schwellenmarktregionen wie Asien oder Lateinamerika. Maßnahmen der Regierungen in den USA und Europa gegen nicht deklarierte Auslandskonten haben das Wachstum im traditionellen grenzüberschreitenden Geschäft gebremst. Laut einem Bericht der Boston Consulting Group aus dem vergangenen Jahr werden die privaten Vermögen in Lateinamerika bis 2017 um über 8 Prozent jährlich auf dann 5,9 Billionen Dollar zulegen.

Derzeit integriert Julius Bär die Vermögensverwaltungstöchter von Merrill Lynch in Lateinamerika, Europa, dem Nahen Osten und Asien, die die Bank 2012 von der Bank of America erworben hat. Darunter waren auch Sparten in Uruguay, Chile und Panama. Brasilien ist für die Bank “vor allem ein Onshore-Markt”, und Mexiko und Brasilien zeigten eine “ähnliche Tendenz” in Richtung Vermögensverwaltung im Lande, stellte Collardi fest.

Der Anteil der privaten brasilianischen Vermögen, der im Ausland verwaltet wird, wird von aktuell 30 Prozent auf 25 Prozent zurückgehen, wie Daniel Kessler, Berater bei BCG, schätzt. Die Millionäre, die ihr Geld ins Ausland verlagerten, bevorzugten zunehmend die USA vor der Schweiz. “Viele dieser Kunden haben enge Verbindungen in die USA”, erläuterte er, “sie haben Ferienhäuser in den USA und ihre Kinder gehen dort zur Schule.”

Im Gegensatz zu den größeren Konkurrenten UBS oder der Credit Suisse ist Julius Bär in den USA nicht vertreten. “Wir sehen uns dabei jedoch nicht im Nachteil”, erklärte Collardi. Julius Bär hatte seine nordamerikanische Private-Banking-Sparte 2005 an die UBS verkauft. In der Folge ermittelte das US-Justizministerium gegen Julius Bär, weil die Bank im grenzüberschreitenden Geschäft aus der Schweiz amerikanischen Kunden bei der Steuerhinterziehung geholfen haben soll.

Im Juli erklärte Collardi, die Bank werde “unter keinen Umständen” erneut in den USA präsent sein. Das grenzüberschreitende Geschäft mit US-Kunden hat die Bank nach eigenen Angaben zwischen 2009 und 2011 aufgegeben. Die Ermittlungen des amerikanischen Justizministeriums laufen noch.

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