Julius-Bär-Deutschlandchef im Gespräch „Für Kunden und Berater sind das Entloyalisierungsprogramme“

Heiko Schlag von Julius Bär Europe: Der Vorstandsvorsitzende über die Wachstumsstrategie und Chancen seines Hauses.

Heiko Schlag von Julius Bär Europe: Der Vorstandsvorsitzende über die Wachstumsstrategie und Chancen seines Hauses. Foto: Jens Hannewald

private banking magazin: Herr Schlag, Julius Bär Europe macht in jüngerer Zeit durch zahlreiche Neueinstellungen und sogar einem neuen Standort in Hannover von sich reden. Wie lang reicht Ihr Investitionsatem?

Heiko Schlag: In den vergangenen Jahren war Deutschland einer der Top-Wachstumsmärkte weltweit für die Julius-Bär-Gruppe in puncto Neukundengewinnung, entsprechender Mittelzuflüsse und Ertragssteigerung. Letztlich spielt uns der Markt in die Hände. Damit meine ich die Geldpolitik der EZB mitsamt negativen Zinsen. Denn wer eine einigermaßen auskömmliche Performance für sein angelegtes Vermögen erreichen möchte, muss ein kalkuliertes höheres Risiko eingehen als in der Vergangenheit. Und ein höheres Risiko heißt, die Aktienquote in der Depotstruktur kontrolliert zu erhöhen. Weil wir seit jeher als Vermögensverwalter-Bank auf dieses Thema spezialisiert sind, suchen viele Kunden die Beratung bei uns.

Weniger ist also mehr?

Schlag: Genau. Unsere Bank hat sich in 127 Jahren ihres Bestehens stets auf die Betreuung und Strukturierung von Vermögen konzentriert. Wir haben keine Abenteuer links oder rechts von unserem Kerngeschäft unternommen. In Zeiten vor der Finanzkrise bezeichneten uns viele Marktbeobachter als langweilige Adresse. Julius Bär habe all diese vermeintlich verlockenden Marktopportunitäten ausgelassen. Aber in Zeiten der Krise – und ich behaupte, unsere Industrie ist weiterhin im Krisenmodus – ist das, was vorher langweilig schien, hochattraktiv.

Welche Zutaten braucht es?

Schlag: Grundlage ist da der besagte Fokus auf ein Geschäftsfeld. Hinzu kommt, dass Kunden heutzutage mehr auf die Reputation einer Bank, deren Bilanz und Substanz schauen. Seit Generationen verfolgt die Bank eine sehr risikobewusste Geschäftspolitik. Julius Bär hat 127 Jahre ausnahmslos jedes Jahr Gewinn ausgewiesen. Des Weiteren wissen die Kunden um die Interessenkonflikte der Finanzdienstleister und vertrauen sich lieber einem Spezialanbieter an, der weder über eigene Produkte noch über Investmentbanking verfügt.

Was, wenn der Kunde auf die Interessenkonfliktfreiheit keinen Wert legt?

Schlag: Auch dann bleiben zahlreiche Alleinstellungsmerkmale. Die Gruppe betreut weltweit rund 400 Milliarden Schweizer Franken an Kundenvermögen. Trotz dieser Größe sind wir weiterhin mittelständisch geprägt. Unsere Entscheidungswege sind kurz und die Gruppe hat – was für viele Kunden sehr wichtig ist – in den wesentlichen Kapitalmarktzentren der Welt eigene Research-Teams vor Ort. Eigenes Research bedeutet Kapitalmarkt-Know-how, um einen höheren Mehrwert in den Allokationen der Kundendepots zu generieren.

Wie hat sich Ihr Angebot in Geschäft umgeschlagen?

Schlag: Julius Bär konnte in Deutschland ein sehr starkes Wachstum verzeichnen. Seit 2011 ist die Asset-Basis in Deutschland jährlich im Milliardenbereich gewachsen.

Netto?

Schlag: Ja. Allein dieses Jahr sind im ersten Quartal netto mehr als 500 Millionen Euro hinzugekommen.

Das ging sicherlich auch mit der offensiven Personalpolitik einher. Am Ende geht es um Profitabilität. Da hat Julius Bär Europe lange nicht geliefert.

Schlag: Das deutsche Onshore-Geschäft ist seit 2015 profitabel. Die Geschäftsberichte berücksichtigten bislang aber auch das EU-Custody-Geschäft, welches Ende 2017 von Frankfurt nach Luxemburg transferiert wurde. Aber auch so waren wir auf der Gesamtbankebene 2017 mit Julius Bär Europe profitabel und können erstmals einen Gewinn im niedrigen einstelligen Millionenbereich verkünden.