Sie führen den Prüfinstanz-Test nun schon seit 2003 durch. Wo sehen Sie, geht die Entwicklung der Branche hin?
Richter: Das Private Banking steht im Spannungsfeld von Individualität und Standardisierung. Fakt ist: Regulator und Margendruck stellen die Häuser vor große Herausforderungen. Die Krux aus Kundensicht ist, dass die bisherigen Antworten der Banken suboptimal sind. Es entsteht der Eindruck, dass vielerorts Relationship Manager zu Verkäufern von standardisierten Vermögensverwaltungen mutieren. Für Vermögende eine fatale Entwicklung, denn für diese Zielgruppe geht es um mehr als um die reine Geldanlage.
Aber auch für die Banken ist dies aus meiner Sicht kein Erfolgsweg. Schneller als viele derzeit sehen, wird das Private Banking mit dem Fintech-Thema, insbesondere im Portfoliomanagement, konfrontiert. Bankverantwortliche unterliegen einem Irrtum, wenn sie glauben, dass sie auf der Performance-Seite einen deutlichen Mehrwert gegenüber diesen Newcomern liefern werden.
Wir sehen dies auch in unseren aktuellen Performance-Projekten, die wir als Private Banking Prüfinstanz initiiert haben. Dort stellen sich Portfoliomanager fünf Jahre lang auf einer Live-Plattform einer simplen Benchmark, einem „naiven“ Depot aus zwei bis vier Indexfonds. Wir müssen erkennen: Es schaffen nur wenige solche Portfolios, die viele Fintechs bereits konsequent umsetzen, zu schlagen. Wir bewerten dabei nicht nur die Performance, sondern auch die Sortino Ratio und das Omega.
Was bedeutet das für das Private Banking der Zukunft?
Richter: Die Branche steuert aus meiner Sicht auf eine massive Veränderungswelle zu, deren Ausmaß wir wohl noch nicht erfassen können. Wer seinen Erfolgsweg darin sieht, Vermögensverwaltungen mehr oder weniger standardisiert zu verkaufen, wird austauschbar und vergleichbar. Die gute Nachricht: Ich sehe erste gute Ansätze, das Private Banking für die Zukunft zu rüsten. Ein Stichwort ist das „Hybrid-Modell“, eine Kombination aus alter und neuer Welt.
Veranstaltungshinweis: Der Private Banking Gipfel, auf dem die Gewinner des diesjährigen Prüfinstanz-Test gekürt werden, findet 2016 am 21. November in Berlin statt.
Über den Interviewten:
Dr. Jörg Richter ist zusammen mit Ralf Vielhaber vom Verlag Fuchsbriefe der Initiator der Private Banking Prüfinstanz. Er ist geschäftsführender Gesellschafter der Dr. Richter Unternehmensgruppe, zu der die Dr. Richter Beratungsgesellschaft (Beratung von Anbietern im Private Banking und Wealth Management), die Dr. Richter Kanzlei (Begleitung von Vermögenden, Unternehmern und Stiftungen in vermögensstrategischen Fragen) sowie die Dr. Richter IQF (Institut für Qualitätssicherung und Prüfung von Finanzdienstleistungen) gehören.
Jörg Richter im Interview „Nur wenige Häuser können in der Beratung das Zinsrisiko benennen“
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