Jörg Richter im Interview „Nur wenige Häuser können in der Beratung das Zinsrisiko benennen“

Dr. Jörg Richter ist Geschäftsführer der Dr. Richter Unternehmensgruppe und führt zusammen mit dem Fuchsbriefe Verlag den Markttest der Private Banking Prüfinstanz durch

Dr. Jörg Richter ist Geschäftsführer der Dr. Richter Unternehmensgruppe und führt zusammen mit dem Fuchsbriefe Verlag den Markttest der Private Banking Prüfinstanz durch

private banking magazin: Die Private Banking Prüfinstanz veröffentlicht dieses Jahr zum 14. Mal den Fuchs-Report Tops. Wie kommt sie Jahr für Jahr an die Testfälle?

Jörg Richter: Wir haben unser Ohr bei den Vermögenden. In meiner Kanzlei für Vermögen betreuen wir seit Jahren Unternehmer, Privatiers und Stiftungen und die Fuchsbriefe stehen im engen Austausch mit ihren Lesern. Dies sind unsere Quellen, aus denen wir die aus unserer Sicht spannenden und zeitgemäßen Testfälle entwickeln. Wir spüren früh, was den Vermögenden bewegt und welche Fragen oben aufliegen.

Worum ging es dieses Jahr im Testfall?

Richter: Wir hatten gut 2,5 Millionen Euro in einem Depot mit Rentenfonds angelegt. Das Performance-Ergebnis der vergangene fünf Jahre war klasse. Unsere Tester waren aber durch manche Medien irritiert, die vom „bösen Erwachen“ bei den Anleihen sprachen. Zinsfalle oder andere Schlagworte machten die Runde.

Also ging es darum, unser Depot zu analysieren und das Zinsrisiko zu bewerten. Das Depot war so aufgebaut, dass für die Zukunft kaum Erträge zu erwarten waren. Die geringe Effektivverzinsung und die hohen Fondskosten sorgen dafür, dass die Zeit guter Performance nun vorbei ist. Das Zinsänderungsrisiko ist dagegen groß.

Ist Ihr Eindruck, dass die Berater im Private Banking versuchen diesbezüglich aufzuklären?

Richter: Der Fokus ist ein anderer: Die Diskussion der Niedrigzinsen und dem damit verbundenen Anlagedilemma. Damit geht der Impuls einher, mehr in Aktien zu investieren. Das ist sicher ein richtiger Weg.

Aber es ist schon auffallend, wie wenige Häuser das Zinsrisiko im Rahmen einer Beratung konkret berechnen und benennen können. Das Thema wird zu wenig in den Kundenberatungen eindrucksvoll und nachvollziehbar erläutert. Auch in den Anlagevorschlägen war ein Anleihen-Stresstest die Seltenheit.

Die Mehrzahl der Vermögenden – und der Berater – haben einen Anleihen-Crash im großen Ausmaß noch nicht erlebt. Viel wird über die Aktienrisiken gesprochen und über mögliche Drawdowns, wenn die Aktienbörsen fallen. Die Risiken, die auf der Rentenseite mit der expansiven Notenbankpolitik verbunden sind, sind noch zu wenig präsent. Gerade darum müsste das Thema aus meiner Sicht viel präsenter sein.