Jörg Mayer, Vorsitzender des Arbeitskreises Kirchlicher Investoren (AKI) Nachhaltigkeit bedeutet für mich ...

Jörg Mayer ist Leiter der Finanzabteilung des braunschweigischen Landeskirchenamtes und Vorsitzender des Arbeitskreises Kirchlicher Investoren (AKI). Diesem gehören 47 Landeskirchen und kirchliche Einrichtungen an.

Jörg Mayer ist Leiter der Finanzabteilung des braunschweigischen Landeskirchenamtes und Vorsitzender des Arbeitskreises Kirchlicher Investoren (AKI). Diesem gehören 47 Landeskirchen und kirchliche Einrichtungen an. Foto: privat

… die Finanzanlagen bei der evangelischen Kirche so auszurichten, dass sie einen möglichst geringen ökologischen Fußabdruck hinterlassen, sozialverträglich und unter Governance-Gesichtspunkten akzeptabel sind. Für mich als Verantwortlicher für die Finanzanlagen der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig ist das Teil kirchlicher DNA: Zum einen geht es uns um die Bewahrung der Schöpfung (Environmental), zum anderen um soziale und gesellschaftliche Gerechtigkeit (Social), darunter diakonische Themen wie die Bekämpfung von Armut und Benachteiligung, und um Themen guter Unternehmensführung (Governance).

Der Begriff Nachhaltigkeit kommt ursprünglich aus der Forstwirtschaft, wo man immer in langen Zyklen gedacht hat. Auch wir als Kirche denken in langen Zeiträumen, unsere Kirchen sind oft vor vielen Jahrhunderten gebaut worden und werden von Generation zu Generation weitergereicht. Ich verstehe Nachhaltigkeit als eine Entwicklung, die unseren heutigen Ressourcenverbrauch so steuert, dass künftige Generationen für unser Verhalten nicht bezahlen müssen.

Aktualisierte Auflage des Leitfadens für ethisch-nachhaltige Geldanlage

 Dieses Thema der Generationengerechtigkeit beschäftigt die Kirchen schon lange und reicht bis in die 1970er-Jahre zurück. Später hat die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen („Brundtland-Kommission“) 1987 einen Bericht vorgelegt, der nachhaltige Entwicklung definierte als „Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können“. Die auf diesem Grundsatz aufbauenden ESG-Kriterien werden durch einen Leitfaden operationalisiert, den der evangelische Arbeitskreis Kirchlicher Investoren (AKI) seit über zehn Jahren formuliert und auf den neuesten Stand bringt. 

 

Im Frühjahr ist die fünfte aktualisierte Auflage herausgegeben worden. Dem AKI gehören alle Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die beiden evangelischen Kirchenbanken und die Versorgungswerke sowie viele diakonische Unternehmen an. Die Mitglieder des AKI haben in den vergangenen Jahren weit über 100 Unternehmensdialoge in Engagement-Gesprächen mit deutschen Unternehmen geführt, um Nachhaltigkeitsthemen zu forcieren. Wir sprechen mit Finanzdienstleistern und Banken wie der Deutschen Bank, DWS, UBS, HSBC, Allianz GI, Commerzbank, Deka oder der DZ-Bank über deren Finanzanlagen und Kreditvergaben, aber auch mit Unternehmen wie Henkel, Adidas, Fresenius und Merck zur Umsetzung des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes oder mit Amazon, BMW, Deutsche Post, Fraport, Zalando oder VW zu Klimastrategien im Straßengüterverkehr.

Initiative für eine soziale Taxonomie liegt auf Eis

Und wir planen, beim Thema Umweltverantwortung von deutschen Unternehmen mit Schwerpunkt auf Klima- und Wassermanagement in Engagement-Gespräche einzutreten. Es ist wichtig, Regeln zu entwickeln, die für die notwendigen Veränderungen Rahmenbedingungen schaffen. Mit der EU-Taxonomie vom Juni 2021 erhalten Investoren eine Orientierungshilfe, welche wirtschaftlichen Aktivitäten zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel beitragen. Damit erfolgt ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Investitionsbedingungen für das „E“ in ESG.

Leider ist die Initiative für eine soziale Taxonomie auf Eis gelegt worden. Somit sind Investitionen in Sozialwohnungen, Pflegeheime oder Ausbildung, also in Investments in das „S“ in ESG, nicht ausdrücklich als nachhaltig eingeordnet. Dies könnte sich negativ auf die Refinanzierungsbedingungen dieses systemrelevanten Sektors auswirken. Hierfür werden wir als AKI mit sozialen Unternehmen wie der Diakonie, aber auch mit (öffentlichen) Banken, Verbänden und anderen Partnern in Berlin und Brüssel kämpfen.

Ich halte trotz mancher Rückschläge fest: Der Markt für nachhaltige Finanzprodukte nimmt rasant zu, weil die Transformation der Wirtschaft hin zur Nachhaltigkeit nicht mehr zu stoppen ist. In wenigen Jahren wird die Realwirtschaft weitgehend umgestellt sein, eine Aussicht, die bei mir als Christen Hoffnung und Zuversicht auslöst! 

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