Das Jahr 2019 war von einer deutlichen Abkühlung der Weltkonjunktur geprägt: Das Wachstum sank auf 3 Prozent und war damit so schwach wie seit der großen Finanzkrise nicht mehr. Hauptverursacher dieses Rückgangs, von dem fast drei Viertel der Weltwirtschaft betroffen waren, sind die Handelsspannungen zwischen den USA und China. Ebenfalls eine Rolle spielten die lokalen Wirtschaftskrisen in Schwellenländern wie Argentinien, der Türkei und Venezuela sowie die Probleme des europäischen Automobilsektors und die mit den Brexit-Verhandlungen verbundene Unsicherheit.
Der Handelskonflikt: Auch 2020 eine Wachstumsbremse
Der US-chinesische Handelskonflikt hat die wirtschaftlichen Gegebenheiten grundlegend verändert, indem er der die Planungssicherheit von Unternehmen reduziert hat. Darüber hinaus hat der Konflikt stark zur Abschwächung des Welthandels und der Unternehmensinvestitionen beigetragen. Am stärksten war erwartungsgemäß China betroffen. Aber auch die USA blieben von den Auswirkungen nicht unberührt: Dort haben etwa die Exporte und die Investitionen in Ausrüstungsgüter deutlich nachgelassen.
Dieser Handelskrieg ist also für die USA weder „gut“ noch „leicht zu gewinnen“, wie es US-Präsident Donald Trump vielleicht glauben machen wollte. Und selbst wenn in Kürze ein Waffenstillstand zwischen dem amerikanischen Präsidenten und Chinas Staatschef Xi Jinping vereinbart würde, wäre die völlige Auflösung der mit dem Handelskrieg verbundenen Unsicherheit unwahrscheinlich.
China: Hat die Volksrepublik aufgegeben?
In Anbetracht der Turbulenzen im Handel und der konjunkturellen Abschwächung war die Politik Chinas von besonderer Zurückhaltung gekennzeichnet. Zwar hat Peking die Kreditbedingungen für kleinere und mittlere Unternehmen erleichtert und beispielsweise den Immobiliensektor und den Automobilsektor mit Investitionen unterstützt. Aber im Gegensatz zu den Jahren 2015 und 2016 zielte die Stimulierung diesmal weniger auf eine Wachstumssteigerung als vielmehr auf die Vermeidung eines plötzlichen Wirtschaftsaufschwungs ab.
Hinzu kommt: Vor dem Hintergrund der anhaltenden Spannungen mit Washington wird sich Peking unserer Meinung nach auch im neuen Jahr zurückhaltend zeigen: Das Wachstum wird seine Verlangsamung fortsetzen und leicht unter 6 Prozent fallen.
Dagegen dürfte die Konjunktur in den übrigen Schwellenländern 2020 wieder leicht an Fahrt aufnehmen. In den meisten dieser Regionen haben die Zentralbanken auf die anhaltenden Handelsschwankungen und das langsamere Wachstum der Weltwirtschaft mit einer Lockerung der Geldpolitik reagiert. Erste Ergebnisse werden sich 2020 zeigen.
USA: Verlangsamung aber keine Rezession
Die US-amerikanische Wirtschaft ist keine Ausnahme mehr. Genau wie die anderen großen Volkswirtschaften hat sich auch das US-Wachstum abgeschwächt. Der Konsum bleibt zwar dynamisch. Dennoch haben die US-Exporte unter dem schlechteren internationalen Umfeld und der Stärke des US-Dollars gelitten.
Vor allem die Investitionen in Ausrüstungsgüter sind deutlich zurückgegangen: Den Unternehmen fehlt die Planungssicherheit, weswegen sie ihre Projekte lieber zurückstellen. Die US-Notenbank Federal Reserve (FED) hatte angesichts des Gegenwinds kaum eine Wahl: Bis zum Ende des Jahres 2018 wurden die Zinssätze regelmäßig angehoben.
Um die von der Budgetpolitik Donald Trumps angeheizte Wirtschaft zu bremsen und nicht über die Vollbeschäftigung hinauszutreiben, musste diese Politik umgekehrtrt werden. Erst die daraus resultierende geldpolitische Lockerung regte die Binnennachfrage spürbar an. Sie dürfte das Potenzial besitzen – zusammen mit den immer noch starken Lohnsteigerungen – die Rezession zu vermeiden, auch wenn sich das Wachstum 2020 weiter abschwächen wird.