Mehr und mehr Unternehmen werden von der Börse genommen und direkt finanziert. Das verknappt die Transparenz. Außerdem werden die Vertragsklauseln von Anleihen weicher, die sogenannten Covenants. Das muss Sie doch betreffen.
Mann: Meist nicht. Was Schuldscheindarlehen angeht, sind die Covenants weitgehend standardisiert und nur wenig verhandelbar. Allerdings haben zahlreiche Emittenten in der Tat die Zinsen derart gedrückt, dass wir die Anlageklasse Schuldscheindarlehen nur noch bedingt interessant finden. Bei Infrastruktur hängt alles vom Einzelfall ab – vom Cashflow und seiner Abbildung im Finanzmodell sowie den genauen Absprachen mit dem Sponsor und Eigenkapitalgeber. Das klären wir alles im Vorfeld und nicht im Nachhinein. Wenn ich Ihre Frage aber unter dem Makrogesichtspunkt betrachte, kann ich die Aufweichung der Covenants tendenziell bestätigen. Aber die genauen Konsequenzen daraus sind eher systemischer Natur und nur schwer einzuschätzen.

Quelle: Talanx
Apropos makro – wer ist eigentlich schuld an dem vielen Geld, die Zentralbank oder die allzu fleißigen Sparer?
Mann: Die Geldpolitik hat inzwischen Aufgaben übernommen, die eigentlich die Staaten vor ein paar Jahren hätten lösen sollen. Dabei hat die Zentralbank aber immerhin Kurs gehalten und fortlaufend mehr Liquidität geschaffen. Als Betroffene sehen wir das allerdings kritisch. Vielleicht sollten sich alle Beteiligten einmal zusammensetzen und ernsthaft diskutieren, ob das alles in diesem Ausmaß überhaupt notwendig ist.
Wenn die Zentralbank ihren Kurs ändert und den Geldstrom eindämmt, brechen die Rentenmärkte zusammen. Für Ihr Portfolio wäre das heftig.
Mann: Es bleibt zunächst abzuwarten, bei welchen Emittenten und Laufzeiten das abläuft. Außerdem haben wir durch jahrelang sinkende Zinsen erhebliche stille Reserven aufgebaut. Die mussten wir unter anderem im Lebensversicherungsbereich zum Teil nutzen, um Verpflichtungen zu erfüllen. Ein großer Teil ist aber noch da und würde bei steigenden Zinsen als Puffer wirken, bevor stille Lasten entstünden.
An welchem Punkt wäre das?
Mann: Das kann ich nicht pauschal sagen, denn es kommt immer auch auf die Durationen an. Im Lebensversicherungsgeschäft sind sie zweistellig, bei Sach- und Rückversicherungen tendenziell einstellig. Wir rechnen das aber im Rahmen unserer Stresstests regelmäßig aus. Wobei ich dazu sagen muss, dass wir nicht mit nachhaltig steigenden Renditen rechnen. Das geben der Zustand der EU und der Staatsschulden unserer Meinung nach nicht her.
Eine Rezession würde Unternehmen treffen und die Spreads aufgehen lassen.
Mann: Das stimmt, deshalb beobachten wir das auch sehr genau und vergleichen es zum Beispiel mit der Sars-Krise. Zurzeit sind wir der Meinung, dass die Risiken beherrschbar sind. Das kann sich aber zugegebenermaßen noch ändern.
Über den Interviewten:
Thomas Mann ist seit August 2009 Sprecher der Geschäftsführung von Ampega Investment und Mitglied der Geschäftsführung von Ampega Asset Management. Vor seinem Einstieg bei den Anlagegesellschaften der Talanx-Versicherungen arbeitete der promovierte Betriebswirt für die Versicherungsgesellschaft Provinzial Rheinland. Dort übernahm er im Jahr 2000 die operative Verantwortung für das Zins- und Derivateportfolio der Gesellschaft. Ab Januar 2005 war er Mitglied des Vorstandes der Gothaer Asset Management, ab März 2006 bekleidete er das Amt des Vorstandssprechers.