Investmentchef der Deutschen Bank „Langweilig dürfte die Legislaturperiode für Anleger nicht werden“

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Auf der Agenda stehen unter anderem moderate Steuersenkungen. Auch etwaige Schritte in Richtung Fiskalunion in der Eurozone sehen die Freien Demokraten sehr kritisch. Ob sie sich damit durchsetzen können? Und wie wahrscheinlich ist eine schwarzgelbe Koalition überhaupt? Die Antwort darauf ist um einiges schwerer in Zahlen zu fassen, als die recht stabilen Umfragen nahe legen. Das liegt nicht zuletzt an einigen Eigenheiten des politischen Systems der Bundesrepublik.

Anders als Wähler in den meisten Ländern, sind deutsche Wahlberechtigte typischerweise gleich mit zwei Stimmen ausgestattet. Bei Bundestagswahlen wählen sie mit der Erststimme einen Kandidaten im eigenen Wahlkreis. In Deutschland gibt es inzwischen 299 Wahlkreise. In jedem davon wird ein sogenanntes Direktmandat anhand der Erststimmen vergeben. Das Direktmandat erhält der Kandidat mit der relativen Mehrheit an Erststimmen im Wahlkreis. Die Erststimmen für die restlichen Kandidaten verfallen.

Dies lädt zu einem interessanten Gedankenexperiment ein. Man stelle sich einen Bundestag vor, dessen Zusammensetzung rein aus den 299 Direktmandaten bestünde. In der Bundesrepublik würde also nach einem Mehrheitswahlrecht ähnlich wie in Großbritannien gewählt. Soweit das Wahlverhalten gleich bliebe, könnten die Unionsparteien auf weit über 80 Prozent der Sitze im Bundestag hoffen. Ein Blick auf die Wahlkreisprognosen wie beispielsweise von der Prognose- Webseite election.de verdeutlicht wie dominant die Unionsparteien im Land geworden sind.

Neben der Erststimme für Direktmandate hat jeder Wähler auch eine Zweitstimme für eine der bei der Wahl angetretenen Parteien zu vergeben. Zwischen Erst- und Zweitstimmen sind alle Kombinationen zulässig. Eine Wählerin kann zum Beispiel mit der Erststimme den lokalen Kandidaten der SPD wählen und mit der Zweitstimme die Grünen, die SPD – oder auch jede andere Partei unterstützen. Technisch gesehen wählt die Wählerin dabei die Landesliste der jeweiligen Partei.

Um Mitglied des Bundestags zu werden gibt es also zwei Möglichkeiten: über ein Direktmandat, oder über die Landesliste einer der angetretenen Parteien. Sobald alle Erst- und Zweitstimmen ausgezählt sind, werden die Direktmandate solange um weitere Bundestagssitze ergänzt, bis die Sitzverteilung den Mehrheitsverhältnissen nach den Zweitstimmen entspricht. Wir ersparen Ihnen hier die genauen Details der eher komplizierteren Verfahren, mit dem die zusätzlichen Bundestagsmandate vergeben werden und auch was sich im Laufe der Zeit warum verändert hat.

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Wichtig sind für die kommenden Wahlen vor allem zwei Dinge. Erstens richtet sich die Sitzverteilung im Bundestag mehr denn je nach den Zweitstimmen – so manche Anomalie wurde inzwischen beseitigt. Zweitens werden dabei aber nur Zweitstimmen der Parteien berücksichtigt, die entweder bundesweit mehr als fünf Prozent der Zweitstimmen erhalten haben, oder mit Hilfe von Erststimmen mindestens drei Direktmandate gewinnen konnten.