Steuer-Experte Andreas Beys Comeback bei der Investmentbesteuerung – Vorabpauschale wird wieder wichtig

Andreas Beys: Der Steuer-Experte ist Vorstandsmitglied beim Kölner Dachfonds-Anbieter Sauren.

Andreas Beys: Der Steuer-Experte ist Vorstandsmitglied beim Kölner Dachfonds-Anbieter Sauren. Foto: Sauren Fonds-Service

Zu diesem Thema und weiteren Inhalten finden Sie auch Weiterbildungen bei der Fondsgipfel-Akademie (6 CFP-Punkte möglich). 

In den letzten Jahren ist es ruhig in Sachen Vorabpauschale geworden. Anleger, die in offene, thesaurierende Investmentfonds oder ETFs investiert hatten, mussten sich keine großen Gedanken darüber machen, ob sie Anfang des Jahres ausreichend Geldrücklagen auf den Liquiditäts- beziehungsweise Referenzkonten liegen hatten, um die fälligen Kapitalertragsteuern bezahlen zu können. Das ändert sich nun.

Basiszins steigt von 0 auf 2,55 Prozent

Es gibt einen wesentlichen Grund dafür, weshalb sich Anleger bis Ende des Jahres mit dem Thema wieder beschäftigen sollten. Der für die Ermittlung der Vorabpauschale 2024 wichtige Basiszins beträgt nun 2,55 Prozent. In den Vorjahren lag er bei 0,87 Prozent (2019), 0,52 Prozent (2020), 0,07 Prozent (2021) und 0 Prozent (2022, 2023) und somit deutlich niedriger – was zu deutlich geringeren oder gar keinen Steuerzahlungen führte.  

Grundsätzlich gilt natürlich weiterhin: Die Vorabpauschale fällt Anfang 2024 nur dann an, wenn der Investmentfonds eines Anlegers das aktuelle Kalenderjahr (2023) mit einem Plus beendet. Da sich die meisten aktiven Fonds und ETFs im laufenden Jahr bisher positiv entwickelt haben, sollten Anleger aktuell davon ausgehen, dass die Vorabpauschale Anfang 2024 ermittelt wird – sofern sich das Börsenumfeld bis zum Jahresende nicht deutlich eintrübt.

In der folgenden Abbildung ist dargestellt, wie die Vorabpauschale ermittelt wird. 

Grafik: Anhand dieser Matrix wird die Vorabpauschale ermittelt.
Grafik: Anhand dieser Matrix wird die Vorabpauschale ermittelt.

Die Höhe der Vorabpauschale hängt insbesondere vom sogenannten Basisertrag ab (zweite Frage der Ermittlungsmatrix). Um den Basisertrag für 2024 zu ermitteln, wird der von der Deutschen Bundesbank ermittelte Basiszins zum 2. Januar 2023 benötigt. Dieser betrug damals 2,55 Prozent. Die 2,55 Prozent werden noch einmal mit dem Faktor 0,7 gekürzt und das Ergebnis (1,79 Prozent) mit dem Rücknahmepreis des entsprechenden Fonds zum Jahresanfang 2023 multipliziert. Heraus kommt der Basisertrag.

Wichtiger Hinweis zu ausschüttenden Investmentfonds: In den folgenden Berechnungen gehen wir davon aus, dass der Anleger nur thesaurierende Investmentfonds im Bestand hat. Die Steuerzahlung fällt umso niedriger aus, umso höher der Anteil an ausschüttenden Fonds im Depot ist. Der Grund: Die Ausschüttungen im Kalenderjahr 2023 werden bei der Vorabpauschalenermittlung berücksichtig (siehe insbesondere Frage 2 „Ist der Basisertrag größer als die Ausschüttungen?“). Wenn die Ausschüttungen 2023 größer ausfielen als der Basisertrag, entfällt die Vorabpauschale – die Steuer wurde bereits im Rahmen der Ausschüttung bezahlt.

Je höher der Basiszins, desto höher die Vorabpauschale. Ein Anleger, der beispielsweise Anfang 2023 insgesamt 100.000 Euro in thesaurierenden Investmentfonds angelegt hatte, muss ohne Berücksichtigung von etwaigen Teilfreistellungen (Erklärung später) mit einer Vorabpauschale von circa 1.790 Euro (100.000 Euro x Basisertrag 1,79 % = 1.790 Euro) rechnen. Das entspricht einer Kapitalertragsteuer – inklusive Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer – von rund 501 Euro. Wenn ein maximaler Sparerpauschbetrag vorliegt, so reduziert sich die Steuerzahlung auf rund 221 Euro.  

Die folgende Tabelle soll Anlegern und Anlageberatern eine grobe Orientierung geben, mit welcher Steuerzahlung (grüne Spalte) Anfang 2024 zu rechnen ist. Berücksichtigt wurde der maximale Sparerpauschbetrag, aber noch keine Teilfreistellung. Der Tabelle ist zu entnehmen, wie sich die Steuerzahlungen in Abhängigkeit zu den Anlagebeträgen verändern. Wir vereinfachen dabei, für eine genaue individuelle Berechnung sollte im Vorfeld ein Steuerberater aufgesucht werden.

Tabelle Steuerhöhe
Tabelle Steuerhöhe © Sauren Fonds-Service, Stand 2023

Die Tabelle zeigt vor allem im Vergleich zu den Vorjahren, dass insbesondere Anleger jenseits von 100.000 Euro Fondsbestand trotz Sparerpauschbetrag Anfang des Jahres mit Steuerzahlungen rechnen müssen – vor allem dann, wenn sie hauptsächlich thesaurierende oder sehr niedrig ausschüttende Investmentfonds im Bestand halten (siehe Hinweis zu ausschüttenden Investmentfonds). 

Für Deckung auf dem Referenzkonto sorgen

Sofern der Anleger die Fondsanteile in einem deutschen Depot hält, wird die Kapitalertragsteuer samt Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer von der Depotbank ermittelt. Die Depotbank behält sie zu Lasten des Anlegers ein und führt sie an das Finanzamt ab. Anders als bei einem ausschüttenden Fonds oder bei einem Verkauf von Fondsanteilen muss der Anleger bei der Versteuerung der Vorabpauschale die Liquidität eigenständig bereitstellen. Er muss also im Vorfeld für eine ausreichende Deckung auf dem entsprechenden Referenzkonto sorgen. Es gibt jedoch auch einige Depotstellen, die automatisch Fondsanteile des Kunden veräußern, um die Liquidität zu beschaffen. Hier wäre es empfehlenswert, sich im Vorfeld über die Praktiken der Depotstelle zu informieren.