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Investitionsstrategien Stabilität bleibt das wahrscheinlichere Szenario

Am Wochenende des 14. und 15. September wurden in einer saudi-arabischen Ölraffinerie bei einem Drohnenangriff zwei Ölpumpstationen schwer beschädigt. Dadurch brach die Produktionsmenge dramatisch ein, so dass der darauffolgende Ölpreisschock, bei dem der Preis eines Barrels Rohöl montags um mehr als zehn US-Dollar anstieg, keine Überraschung war. Am Dienstag und Mittwoch ging der Ölpreis aber bereits wieder deutlich zurück, nachdem Saudi-Arabien eine schnelle Rückkehr zur normalen Fördermenge in Aussicht stellte. Am Ende der Woche war der Ölpreis noch etwa fünf US-Dollar höher als am Ende der Vorwoche.

Die Voraussetzungen auf dem Ölmarkt sind heute anders als in früheren Jahrzehnten

Um die Frage, warum der Ölpreis nicht noch stärker gestiegen und dann auch noch so schnell wieder gesunken ist, zu beantworten, müssen wir uns die Geschichte der Ölindustrie näher anschauen. Bis in die 1960er Jahre konnten die USA den Ölpreis trotz einer nur sehr geringen Eigenförderung sehr stark kontrollieren, indem sie den ölproduzierenden Ländern den Preis diktierten.

Im Verlauf der 1960er Jahre wehrten sich die ölproduzierenden Länder aber dagegen und gründeten die Organisation erdölexportierender Länder, besser bekannt als OPEC, um die Ölförderung und damit den Ölpreis kontrollieren zu können. Die Bildung der OPEC dürfte von großer psychologischer Bedeutung für den Ölmarkt gewesen sein: Der Kontrollverlust der USA trug zu einer höheren Wertschwankung und einem Anstieg des Ölpreises bei.

Die USA haben heute wieder großen Einfluss auf den Ölpreis

Heute sieht die Situation anders aus. Mittlerweile sind die USA selbst ein großer Ölproduzent und fühlen sich nicht mehr hilflos, was die Kontrolle der Ölproduktion und den Zugang zu Rohöl angeht. Das dürfte auch der Grund sein, warum der Ölpreis nach dem Drohnenangriff auf das saudische Ölfeld nicht stärker angestiegen ist und sich auch so schnell wieder erholt hat.

Die Sensitivität ist nicht mehr vorhanden, weil sich die Marktpsychologie verändert hat. Was ihren Energiebedarf angeht, haben die ölkonsumierenden Länder ihr Schicksal in hohem Maße selbst in der Hand. Allerdings hat sich die ohnehin angespannte Lage im Nahen Osten im Nachgang des Drohnenangriffs auf die Ölförderanlagen in Saudi-Arabien weiter zugespitzt. Japan erklärte zunächst, es gebe keinen Beweis dafür, dass der Iran hinter dem Drohnenangriff stecke.

Später schickten die USA dann jedoch Truppen in den Nahen Osten. Damit besteht eindeutig ein Risiko für eine Verschärfung der Spannungen und weitere Preisschübe am Ölmarkt. Ich vermute aber, dass sich der Ölpreis jeweils schnell wieder stabilisieren wird.

Die Repo-Märkte und US-Staatsanleiherenditen haben die Verunsicherung verstärkt

Neben den Ölpreisschwankungen gab es im September noch weitere ungewöhnliche Ereignisse an den Märkten. Der Repo-Markt hat sich sehr nervös gezeigt, was zur Folge hatte, dass die US-amerikanische Notenbank Fed mit täglichen Liquiditätsspritzen auf den wiederholt starken Anstieg der Übernachtsätze reagierte.

Dabei scheint es sich um ein technisches Problem zu handeln, das sich vielleicht auch durch den Anstieg der Renditen dreimonatiger US-Schatzbriefe über die Rendite zweijähriger US-Staatsanleihen angedeutet hatte. Trotzdem hat dies bei einigen Marktteilnehmern für erhebliche Nervosität gesorgt, zumal diese Entwicklung so kurz auf die Inversion der Zinsstrukturkurve zwischen zwei- und zehnjährigen US-Staatsanleihen im August folgte.

Außerdem ist die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen, den sogenannten Treasuries, deutlich gestiegen. Ein Grund hierfür dürften die größtenteils positiven Wirtschaftsdaten und ermutigenden Nachrichten zum Handelskonflikt sein. Eine anhaltende Volatilität scheint wahrscheinlich, da sich die Wirtschaftsdaten und neue Nachrichten zu den US-chinesischen Handelsbeziehungen weiter auf die Treasury-Rendite auswirken dürften.

Für die Märkte sind ein möglicher Ölpreisanstieg und sinkende Aktienkurse durch geopolitische Risiken wie dem Konflikt im Nahen Osten ganz klar ein Sorgenfaktor. Weitere ungewöhnliche Faktoren wie die Liquiditätsprobleme am Repo-Markt, die jüngste Inversion der Zinsstrukturkurve in den USA und die höhere Wertschwankung am längeren Ende des Treasury-Marktes könnten diese Nervosität zusätzlich verstärken.

Langfristig reagieren die Märkte gelassener

Die Situation könnte sich aber letztlich als weniger dramatisch erweisen als erwartet. Tatsächlich gibt es einige Gründe, die für eine positive Entwicklung der Aktienmärkte in den nächsten Monaten sprechen. Erstens hat die Fed die Zinsen in den vergangenen Monaten zwei Mal gesenkt, und in der Vergangenheit hat sich eine stärker akkommodierende Geldpolitik in der Regel positiv auf die Aktienkurse ausgewirkt.

Außerdem sind in den zurückliegenden zwölf Monaten 1,1 Billionen US-Dollar aus Aktien in Anleihen und Barmittel umgeschichtet worden. In der Vergangenheit folgte auf eine Phase hoher Abflüsse gewöhnlich eine Phase relativer Mehrerträge für Aktien.

Dieses Umfeld zeigt erneut, dass die Märkte häufig schnell und nur vorübergehend auf bestimmte Entwicklungen reagieren und es extrem schwierig ist, Marktbewegungen korrekt vorauszusagen. Investoren sollten sich auf weitere Kursausschläge in beide Richtungen einstellen und breit diversifiziert bleiben, um die negativen Auswirkungen von Schocks auf bestimmte Anlageklassen abzufedern. Gleichzeitig sollten sie aber ebenfalls angemessene Positionen in Aktien und anderen Risikoanlagen halten, um potenziell auch von Erholungs- und Wachstumsphasen profitieren zu können.

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