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Interview zu Danske-Invest-Studie Professor Ankenbrand über Anlagestrategien mit Sinn

Professor Bernd Ankenbrand

Professor Bernd Ankenbrand

Herr Prof. Ankenbrand, was verstehen Sie im Rahmen Ihrer Studie unter „Anlagestrategien mit Sinn“? Und wie sind Sie eigentlich darauf gekommen, den „Sinn“ im Entscheidungsverhalten von Investoren und Finanzdienstleistern zu untersuchen?

Prof. Bernd Ankenbrand: Anlageentscheidungen trifft heute niemand mehr leichtfertig. In der aktuellen Kapitalmarktsituation und vor dem Hintergrund eines ausdifferenzierten Produktangebots ist es nicht mehr nur die Aufgabe, die passende Kapitalanlage zu identifizieren. Es geht auch darum, herauszufinden, welche Anlage individuell als sinnvoll empfunden wird und welche Form der Anlage für wen passt.

Im Fokus Ihrer Untersuchung steht die Frage nach den individuellen Maßstäben für sinnvolle Anlagestrategien jenseits von reinem Renditedenken. Warum spielt dabei die persönliche „Sinnfindung“ eine so wichtige Rolle?

Ankenbrand: Kennen Sie den Punkt, an dem frühere Entscheidungen und Gewohnheiten plötzlich sinnlos erscheinen? Wir sagen dann oft: „Damals hat das Sinn gemacht, es war die richtige Entscheidung”. Was aber ist zwischen damals und heute geschehen? Unsere Maßstäbe haben sich verschoben! Aufgrund individueller Entwicklungen, technischer Fortschritte oder einem veränderten kulturellen Klima und vieler weiterer Faktoren bewerten wir Dinge heute anders als damals. Das geschieht permanent und oft auch unbemerkt. Das gilt auch und insbesondere für die Maßstäbe sinnvoller Anlagestrategien – und so ist es oft schwer zu sagen, welche Anlagestrategien jenseits der reinen Investment-Technik individuell sinnvoll sind. Die individuell als sinnvoll empfundene Anlage muss, je nach Anleger, ganz verschiedenen Ansprüchen genügen – dies nämlich in Abhängigkeit der jeweils zugrundeliegenden Maßstäbe.

Ist die Suche nach sinnstiftenden Anlagestrategien ein langfristiger Investment-Trend oder eher ein Nischenphänomen?

Ankenbrand: Angesichts der aktuellen Verunsicherung der gesamten Finanzbranche, aufgerieben zwischen wachsender Regulierung, veränderten Kundenwünschen und neuen Technologien, ist die Suche nach sinnstiftenden Anlagestrategien definitiv kein Nischenphänomen.

Wieso schauen Sie sich sinnvolle Anlagestrategien aus Perspektive von Anlegern und aus Perspektive von Finanzdienstleistern an?

Ankenbrand: Wir vermuten, die große Verunsicherung in der Branche könnte unter anderem das Resultat von Wahrnehmungslücken sein. Daher steht im Mittelpunkt der Studie das Wechselspiel der Frage, (1) welche Maßstäbe vermögende Anleger anwenden, und (2) von welchen Maßstäben Finanzdienstleister glauben, dass vermögende Anleger sie verwenden. Die Studie liefert demnach zwei Arten von Ergebnissen. Einmal die Einschätzung der Anleger selbst, dann aber auch Einsichten bezüglich der Übereinstimmung beziehungsweise Nicht-Übereinstimmung zwischen Anlegern und Finanzdienstleistern. Hier beobachten wir zum Teil große Wahrnehmungslücken. Diese sind insofern problematisch, als sie leicht zu Fehlschlüssen führen. Genauer: Das Verkennen des jeweiligen Maßstabs kann in letzter Konsequenz zu Argumentationslogiken, Produktempfehlungen und Service-Angeboten führen, die – im Extremfall – vom Anleger als sinnlos empfunden werden.

Inwiefern unterscheiden sich die individuellen Sinn-Maßstäbe von Anlegern und Finanzdienstleistern?

Ankenbrand: Erste Ergebnisse der Studie zeigen, dass Finanzdienstleister in weiten Teilen ein gutes Verständnis für die Maßstäbe ihrer Kunden haben. Sie zeigen aber zum Teil auch deutliche Abweichungen, „Gaps“, in der Wahrnehmung. Diese Gaps zu erkennen und zu schließen, stellt einen wichtigen Schritt in der Entwicklung sinnvoller Anlagestrategie dar.

Wo sehen Sie die deutlichsten Abweichungen?

Ankenbrand: In den bisherigen Ergebnissen sah ich unter anderem eine Abweichung, die den Finanzdienstleister zu einer im Auge des Anlegers sinnlose Verkaufsargumentation verleiten kann: 9 Prozent der Anleger geben an, bei ihren Anlageentscheidungen auf das Urteil von Anlageexperten zu vertrauen; aber 42 Prozent der Finanzdienstleister gehen davon aus, dass Anleger bei ihren Anlageentscheidungen auf das Urteil von Anlageexperten vertrauen. Die Erkenntnisse lauten in diesem Fall: (1) Die Einschätzungen von Anlageexperten spielt für Anleger im Rahmen des Entscheidungsprozesses praktisch keine Rolle. Und (2) Finanzdienstleister neigen dazu, die Rolle von Expertenmeinungen im Entscheidungsprozess zu überschätzen. Der Gap zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung beträgt 33 Prozent. Die Gefahr auf Grundlage diese Wahrnehmungslücke besteht für Finanzdienstleister darin, eine Argumentationslogik aufzusetzen, die sich in weiten Teilen auf Expertenmeinungen stützt, die ihrerseits für die Mehrzahl der Anleger keine Rolle spielt.

Was wäre nötig, damit Finanzdienstleister die Erwartungen ihrer sinnsuchenden Kunden besser verstehen und erfüllen können?

Ankenbrand: Sie müssten die Sinnmaßstäbe ihrer Kunden kennen. Dann können Sie zum Beispiel auch sinnvoll mit ihm kommunizieren. Konkret zeigen unsere bisherigen Studienergebnisse diesbezüglich, dass 25 Prozent der Anleger regelmäßige, persönliche Kontakte mit ihrem Finanzberater erwarten; aber 78 Prozent der Finanzdienstleister glauben, dass Anleger eine regelmäßigen, persönlichen Kontakt mit ihrem Berater erwarten. Der regelmäßige, persönliche Kontakt wird offensichtlich von Finanzdienstleistern überschätzt. Weitere Studienergebnisse lassen vermuten, dass es hier eine Verschiebung gibt, weg vom persönlichen, möglicherweise aufdringlichen Kontakt, hin zum selbstbestimmten 24/7-Online-Zugriff auf Informationen. Das bedeutet, Finanzberater können die Präsenz bei einem Anleger aus Zeit- und Kostenersparnis herunterfahren, wenn sie auf ein entsprechendes Online-Informations-Angebot verweisen können und damit gleichzeitig sinnvollen Mehrwert für den Kunden erzeugen Diese Erkenntnis ist, zugegebener Weise, nicht neu. Allerdings deutet ein Gap von 53 Prozent darauf hin, dass Finanzdienstleister ihr in Bezug auf die Anleger nicht trauen, insofern sie die Sinnhaftigkeit des persönlichen, vom Dienstleister initiierten Kontakts für Anleger noch deutlich überschätzen.  

Herr Prof. Ankenbrand, vielen Dank für das Gespräch!

Die Ergebnisse der Umfrage werden auf dem Fonds Professionell Kongress 2017 in Mannheim am Mittwoch, den 25.01.2017, von Prof. Ankenbrand vorgestellt.

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