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Interview zu Chancen in Schwellenmärkten „Uns reizen die geringe Korrelation und die gute Wachstumsdynamik“

Claus Born, Senior Vice President und Institutional Portfolio Manager in der Templeton Emerging Markets Group

Herr Born, Sie sind seit vielen Jahren im Geschäft: Welche Veränderungen gibt es bei den Frontier Markets?

Claus Born: Früher hatte der MSCI Frontier Markets Index eine auffällige Unwucht zugunsten Afrikas und dem Mittleren Osten, mittlerweile ist der Index aber deutlich breiter diversifiziert und ausbalancierter. Für die Zusammenstellung eines Portfolios auf der Grundlage des Index lässt sich heute gleichermaßen auf Frontier-Märkte in Lateinamerika, Asien und Osteuropa zurückgreifen.

Könnten Sie einige aus Anlegersicht vielversprechende Länder nennen?

Born: Bedeutende Investitionen haben wir in Vietnam getätigt, einer der spannendsten Grenzmärkte. Hier finden wir sehr hohe Wachstumsraten, nicht zuletzt wegen der dynamischen Bevölkerung, die viel daran setzt, sich in die Weltwirtschaft einzuklinken.

Zuletzt war ich im vergangenen Jahr in Vietnam. Der Besuch davor liegt bereits zehn Jahre zurück. Es ist erstaunlich: Die Veränderungen im Land sind deutlich zu sehen. In Ho-Chi-Minh-City rauscht der Verkehr; es ist und bleibt ein Abenteuer dort über die die Straße zu gehen. Es gibt praktisch keine Ampeln. Vor zehn Jahren riss der Schwall von Motorrädern, durch den ich mich hindurchkämpfen musste, nicht ab. Inzwischen haben sich unter die Mopeds erstaunlich viele Autos gemischt. Auch die Geschäfte am Straßenrand haben sich verändert. Was früher ein gemütlicher Kramladen war, kommt heute wesentlich formaler daher. Die Filialen vieler Ladenketten prägen das Straßenbild. Die Qualität der Restaurants und die Verfügbarkeit von Infrastruktur haben deutlich zugelegt. Die Leute sind besser gekleidet, gehen mehr aus. Kurz gesagt: Innerhalb von zehn Jahren hat das Land einen beeindruckenden Wachstumsschub erlebt.

Welche weiteren Länder finden Sie neben Vietnam spannend?

Born: Peru halten wir ebenfalls für sehr interessant. Das Land ist im MSCI Frontier Emerging Markets Index gelistet, rangiert damit also sogar ein Stück weit vor anderen Grenzmärkten. Hintergrund sind die konsistent hohen Wachstumsraten, die mit einer sehr stabilen Wirtschaftspolitik einhergehen. Zwar kommt es in Peru gefühlt alle fünf Jahre zu einem teils drastischen Politikwechsel aufgrund des Wahlsystems. Trotz aller Regierungsprobleme hat es das Land aber geschafft, über Jahrzehnte hinweg die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts aufrechtzuerhalten.

In Afrika sind wir stark in Kenia investiert, ein Land, das ebenfalls seit vielen Jahren mit Stabilität und Dynamik glänzt. Auch in Westafrika, genauer gesagt im Senegal, sind wir engagiert. Wir haben hier in das Telekommunikationsunternehmen Sonatel investiert, eine Tochter von France Telecom.

Könnten Sie Beispiele für Sektoren in den Frontier Markets nennen, in die Sie investieren? Was reizt Sie an diesen Werten?

Born: Als chancenreich sehen wir beispielsweise den Energiesektor an. So setzen wir in Argentinien auf YPF, führendes Energieunternehmen des Landes. Staatlich kontrolliert, aber professionell geführt. Ein sehr interessantes Unternehmen, weil es fast die Hälfte des argentinischen Energiemarktes beherrscht. Besonders spannend hierbei: Argentinien verfügt nach den USA über die zweitgrößten Schiefergasvorkommen weltweit. Bei den Schieferölressourcen nimmt das Land weltweit Platz vier ein.

YPF hält viele Rechte in diesem Bereich unkonventioneller Ressourcen, der viel Entwicklungspotenzial bietet. Gewaltige Ressourcen im einsamen Norden Patagoniens, die Region heißt bei den Einheimischen „vaca muerta“ („Tote Kuh“), sind derzeit nicht im Preis reflektiert. Sollten die Ölpreise kräftig und nachhaltig steigen, könnte die Formation das drittgrößte Schieferöl- und -gasvorhaben weltweit werden. Vorrangig sollen argentinische Privathaushalte aber vor allem auch die Schwerindustrie des Landes mit seinen 44 Millionen Einwohnern mit einheimischem Gas versorgt werden. Auch Exporte würden die riesigen Vorkommen ermöglichen.