Der Eltif 2.0 soll Private Assets in der Mitte der Investorengemeinschaft platzieren. Wie verfolgen Sie diese Entwicklung?
Thomas Weinmann: Mit gemischten Gefühlen. Private Equity kann eine hochattraktive Anlageklasse für langfristig orientierte Investoren sein. Vor allem für institutionelle Anleger, was den Boom der Vergangenheit erklärt. Der Eltif soll nun auch kleineren Anlegern den Zugang zu Private Equity ermöglichen. Dabei werden aber Besonderheiten von Private Equity außer Acht gelassen. So kann man bei Private-Equity-Fonds nicht in einem Schritt eine Kapitalanlage tätigen, da die Fonds über vier bis fünf Jahre die Unternehmenskäufe tätigen. Breitere Investments in Private Equity Fonds ähneln daher eher einem Sparvertrag. Zudem handelt es sich um geschlossene Fonds, die einen vorzeitigen Ausstieg nicht vorsehen. Diese Besonderheiten von Private Equity kommen bei Eltif-Strukturen zu kurz und wirken sich sehr negativ auf deren Renditen aus. Ich habe die Sorge, dass wir beim Eltif 2.0 eine ähnliche Entwicklung wie bei vielen Riester-Renten-Sparverträgen sehen werden: Inhaltlich eine gute Idee, aber am Ende verdienen nur viele Berater und Anleger erhalten am Laufzeitende eine magere Rendite.
Ist die Demokratisierung von Private Equity grundsätzlich wünschenswert?
Weinmann: Wie gerade gesagt, bin ich ein Anhänger von sinnvollen und diversifizierten Geldanlagen für alle. Diese sollte aber nicht auf Kosten der Investoren passieren. Fakt ist, dass Investitionen in die Anlageklasse Private Equity seit Jahrzehnten hochattraktiv sind. Aber aufgrund der sehr hohen Einstiegshürden waren diese Vermögensanlagen lange nur einer institutionellen Klientel vorbehalten. Im Zuge der Umsetzung der AIFM-Richtlinie im Jahr 2013 hat die Zahl an Produkten deutlich zugenommen und semiprofessionelle Anleger können von den starken Renditen besser profitieren. Bei Mindestzeichnungsbeträgen von 200.000 Euro ist Private Equity aber immer noch sehr vermögenden Investorenkreisen vorbehalten. Produkte für kleinere Investoren sind aufgrund der oftmals hohen Kosten, schrittweisen Einzahlungen und oftmals investorenseitig gewünschter Liquidität im Vergleich zu diversifizierten Aktienanlagen nicht immer attraktiv.
Denken Sie, dass der gemeine Anleger mit Illiquidität klarkommt, eine Prämie dafür mitnimmt und gelassen bleibt?
Weinmann: Wir sehen dies differenzierter. Illiquidität hilft sogar oft gegen Fehlentscheidungen aufgrund von Emotionen, da man nicht zur Unzeit ein Investment verkaufen kann. Egal, ob ein institutionelles Haus oder Anleger mit begrenzten Vermögen. Zudem plädiere ich schon seit vielen Jahren dafür, Investments in Private Equity immer nur als sinnvolle Beimischung mit einem maximalen Anteil von bis zu 20 Prozent am Gesamtvermögen zu tätigen. Hierdurch wird quasi eine Bodensatzanlage der langfristig ohnehin vorhandenen Anlagebeträge vorgenommen. Diese Aussage trifft meines Erachtens auch auf Investitionen in Immobilien zu. Auch dort sollte nicht ein zu hohes Investment aus Illiquiditätsgründen erfolgen. Professionelle Investoren haben deshalb in ihren Portfolien immer eine hohe Quote an liquiden Anlagen wie Aktien, Gold und im Augenblick auch Anleihen.
Wie ist es aktuell um die Private-Equity-Welt bestellt?
Weinmann: Wenn Sie auf das Fundraising als einen wichtigen Indikator blicken, dann hat Private Equity sicher schon bessere Zeiten erlebt. Das Einwerben neuer Gelder von institutionellen Investoren ist aktuell – krisenbedingt – schwierig geworden. Das neu akquirierte Volumen ging im vergangenen Jahr um mehr als elf Prozent zurück und hat damit das schlechteste Ergebnis seit 2017 eingefahren. Die M&A-Aktivitäten insgesamt brachen schon im Jahr davor, also 2022, deutlich ein und gingen auf das Niveau von vor der Corona-Krise zurück. Das hat auch Private Equity massiv beeinträchtigt. Die heutige Situation ist aber auch sehr vergleichbar mit den Krisenjahren nach dem 11. September 2001 und der Lehman-Pleite im September 2008. Damals hatten Weltuntergangs-Berichte Hochkonjunktur. Und damals setzte aber auch die Erholung nach ein bis zwei Jahren ein. Gut passt hier eine Aussage, die ich neulich in einem Private-Equity-Report zur erwarteten Entwicklung für 2024 las: „The M&A starting bell has rung. Are you ready?“
Sie sind schon einige Jahrzehnte dabei. Was macht die aktuelle Zeit so anders?
Weinmann: Vieles ist anders und vieles ist ähnlich. Die Zinswende mit insgesamt zehn Zinsschritten in 2023 hat die gesamte Vermögensallokation vieler Investoren auf den Kopf gestellt. Sehr viel Geld ist in die vermeintlich sicheren Häfen Tagesgeld und Staatsanleihen gewandert. Zudem liefen auch die Börsen sehr gut. Aktien und Wertpapiere waren 2023 eine echte Konkurrenz für Private Equity. Die lange verwöhnten Immobilieninvestoren beklagen hingegen sehr große Probleme und müssen zunehmend ihre Geschäfte einstellen. Private-Equity-Transaktionen werden wieder „normal“ bepreist. Längerfristig betrachtet ist zunächst einmal der Hype um Private Equity der Normalität gewichen. Es kommt bei den Fondsmanagern wieder auf die operativen Verbesserungen und nicht mehr so sehr auf Financial Engineering an. Am Ende sind operative Verbesserungsmaßnahmen die „alten“ Vorgehensweisen von Private Equity. Jetzt wird sich wieder die Spreu vom Weizen trennen. So sind die meisten heutigen Entwicklungen sehr vergleichbar zu vorherigen Krisen. Vielleicht finden sie nur etwas schneller statt.
Welche Auswirkungen hat der Rückzug der Banken als Investoren in der Breite?
Weinmann: Banken waren seit der Finanzmarktkrise kein gewichtiger Treiber auf der Investorenseite in Private-Equity-Fonds mehr. Insofern können wir massive Auswirkungen auch nicht wirklich feststellen. Die größten Geldgeber sind Pensionskassen, Lebensversicherungen, internationale Stiftungen und Staatsfonds. Als Partner auf der Kreditseite und im M&A-Geschäft ist die Banken-Rolle ungleich wichtiger. Infolge der zwischenzeitlich stark gestiegenen Volatilitäten an den Märkten, waren Banken allerdings zuletzt bei der Vergabe von Krediten sehr viel zurückhaltender.
Welche Veränderungen erleben Sie durch die Zinswende?
Weinmann: An den Kapitalmärkten ist die Zinswende für dieses Jahr seit längerem eingepreist. Die jüngsten Aussagen der EZB haben aber für den Euro-Raum aufhorchen lassen. Auch die Fed hat neulich das Thema erst einmal vertagt. Aus realwirtschaftlicher Perspektive könnten Zinssenkungen relativ schnell zum Muss werden. Dies würde die relative Attraktivität von Private Equity, Venture Capital und Immobilien erhöhen und Kapital wieder zurück in diese Anlageklassen lenken und die Investitionstätigkeit befördern. Institutionelle Anleger investieren dann wieder mehr Gelder in Private-Equity- und Venture-Capital-Fonds in Unternehmen investieren. Dies führt zu einer steigenden M&A-Aktivität und macht Börsengänge wieder möglich.
Wird es im Large-Cap-Bereich bei künftigen Exits ein böses Erwachen geben, weil zu sehr auf optimistische Multiples investiert wurde?
Weinmann: Ich fürchte, da könnten Sie recht behalten. Die Situation ist in vielen Punkten vergleichbar mit der Zeit nach der Finanzmarktkrise oder auch nach der Tech-Bubble am Anfang der Jahrtausendwende. Die Private-Equity-Fonds kommen heute wie damals aus einer Zeit, in der sehr schnell sehr viel investiert wurde. Im Unterschied zu damals lagen die Einstiegsbewertungen bei großen Unternehmenskäufen aber vor den jüngsten Zinserhöhungen in bisher nicht gesehenen Höhen. So wurden durch Large-Cap-Fonds bis Mitte 2022 Unternehmen zu Ebitda-Bewertungen mit einem Multiple von 15 bis 25 erworben. In den Boomjahren vor der Finanzmarktkrise hätten die gleichen Großunternehmen nur Bewertungen von einem acht- bis zwölffachen Ebitda-Multipe erzielt. Dies war jedoch nicht einem höheren Verschuldungsgrad geschuldet, der zu beiden Zeiten beim sechs- bis siebenfachen des Ebitda lag.
Was war dann der Grund dafür?
Weinmann: Ursache für diese Bewertungsunterschiede waren Renditeanforderungen der Investoren. Oder besser ausgedrückt: die zuletzt niedrige Bepreisung von Risiken. In den 2000er Jahren lagen die Renditeerwartungen bei Large-Cap-Fonds noch bei Brutto-IRRs von 25 bis 30 Prozent pro anno. Zuletzt strebten große Private-Equity-Fonds lediglich Renditen von 15 bis 18 Prozent an. Mittlerweile werden Risiken im Large Cap bei Unternehmenskäufen wieder adäquater bepreist und hierdurch sanken Bewertungsmultiplikatoren deutlich. Deshalb halten sich große Private-Equity-Fondsmanager – solange sie es können – mit Verkäufen im aktuellen Umfeld zurück, da sie auf höhere Bewertungen in der Zukunft hoffen.
Frage: Wo sehen Sie den aktuellen Sweet-Spot? Und warum?
Weinmann: Der Mittelstand in Europa, ganz klar. Dort zeigte sich bereits in der Vergangenheit eine Überperformance gegenüber Aktien und Private-Equity-Fonds aus dem Large-Cap-Segment. Diese Überperformance ist einem größeren operativen Werkzeugkasten geschuldet, auf den Private-Equity-Fonds zurückgreifen können. Sie können beispielsweise Unternehmen durch eine Verbreiterung des Managementteams professionalisieren. Durch Investitionen und Zusatzakquisitionen können neue Märkte erschlossen und das Produktportfolio erweitert werden. Zudem finden Unternehmenskäufe im Small-Cap-Segment regelmäßig zu niedrigeren Bewertungen statt. Sofern die Unternehmen dann ihre Gewinne steigern, entstehen größere Unternehmen, die zu höheren Bewertungsmultiplikatoren weiterverkauft werden können. Die Eigentümer profitieren dann doppelt. Erstens von Ergebnissteigerungen. Und zweitens von höheren Bewertungsmultiples. In der aktuellen Situation an den Kapitalmärkten kommt aber noch eine weitere positive Eigenschaft zum Tragen. Kleinere Unternehmenskäufe und -verkäufe sind weniger von den Kapitalmärkten und von Fremdkapitalfinanzierungen abhängig. So finden in diesem Segment auch heute Transaktionen statt.
Können sie uns mal mitnehmen in eine Due Diligence? Wie finden Sie Zielfonds?
Weinmann: Zunächst einmal: Wir setzen einen Dachfonds mit einem Zielvolumen von 100 Millionen Euro auf, der eine Streuung über acht bis zwölf Private-Equity-Fonds aufweisen wird. Hierfür prüfen wir über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren europäische Zielfonds. Grundlage für unsere Prüfung sind die sehr langjährigen Investmenterfahrungen und Netzwerke in unserem Team. Insbesondere meine beiden Partner und ich blicken auf jeweils mehr als 20 Jahre im Private Equity zurück. So waren wir in der Vergangenheit nicht nur mit der Auswahl von Private-Equity-Fonds befasst, sondern haben selbst als Private-Equity-Fondsmanager gearbeitet. Diese Brancheninsiderstellung hat uns den Start von Reia sehr erleichtert.
Nur Erfahrung ist aber kein Garant für die Zukunft.
Weinmann: Die vergangenen Monate haben wir deswegen in einem sehr strukturierten Prozess eine eigene Datenbank aufgebaut. In dieser befinden sich mittlerweile circa 1.200 Private-Equity-Fondsmanager. Diese sind regelmäßig alle drei bis fünf Jahre im Fundraising. Alle von uns in unserer Datenbank hinterlegten Fondsmanager bekommen ein Rating, um eine schnelle und zielgerichtete kontinuierliche Kommunikation führen zu können. Auf Basis dieses Ratings sortieren wir mehr als die Hälfte der Zielfondsmanager aus. Aus den verbliebenen guten Fondsmanagern, suchen wir die besten für unsere Investoren aus. Hierfür nutzen wir einen sehr strukturierten mehrstufigen Prüfungsprozess. In diesem werden jährlich 60 bis 100 im Fundraising befindliche Private-Equity-Fonds geprüft und am Ende werden vier bis acht unseren Investoren als Investment vorgeschlagen. Das ist der Kern unseres Beratungsangebots.
Was sind die wichtigen Parameter? Worin unterscheidet sich eine eher oberflächliche Due Diligence von echter Analyse?
Weinmann: Zu Beginn unserer Zielfondsprüfung nehmen wir systematisch viele historische Zahlen, Daten und Fakten aus der Investmenthistorie von Zielfondsmanagern auf. So können wir einen besseren und emotionslosen Vergleich von Fonds und deren Performance schnell und transparent durchführen. Bei Investmententscheidungen ist diese Vergangenheitsbetrachtung aber nur eine Orientierungshilfe. Wir müssen danach in einer 360-Grad-Betrachtung die Stärken, Schwächen, Risiken und Chancen von Zielfondsmanagern herausarbeiten. Das geschieht in intensiven Gesprächen mit den Partnern dieser Zielfonds und auch mit deren jungen und ehemaligen Mitarbeitern, deren direkten Wettbewerbern sowie den Geschäftsführern ihrer Portfoliounternehmen, ihren Investoren, Beratern und Kreditgebern. Daneben nutzen wir traditionelle Tools, wie Marktstudien, aber auch Ergebnisse aus Social-Media-Analysen und unserem Internet-Research. Diese Prüfungstätigkeiten erfordern nicht nur viel Zeit, sondern auch ein gerütteltes Maß an Fingerspitzengefühl und Menschenkenntnis. Im Ergebnis suchen wir Zielfondsmanager, die für die Zukunft hohe Renditen erwarten lassen, die eine langjährige, relevante Erfahrung besitzen, die im Interessengleichklang mit ihren Stakeholdern agieren und besonders wichtig, die über ein Alleinstellungsmerkmal verfügen.
Warum brauchen die Zielfonds gerade Ihre Investitionen?
Weinmann: Wie bereits erwähnt, ist das Fundraising zuletzt ins Stottern geraten. So sind aktuell alle Zielfonds auf jedwede Investoren geradezu angewiesen. In der Zukunft werden wir auch wieder andere Zeiten sehen, in denen Zielfonds von Investoren überlaufen werden und sich vor Mittelzuflüssen nicht mehr retten können. Dann sind die herausragend gut performenden Fonds natürlich – um es salopp zu sagen – picky. Unser großes Netzwerk in den Markt, die guten Erfahrungen, die viele Fonds mit meinen Kollegen und mir in der Vergangenheit gemacht haben, das alles hilft ungemein, um auch in solchen Zeiten noch einen Zugang zu den besten Private-Equity-Fondsmanagern zu haben.
Sie sammeln aktuell für einen ersten Fonds ein, seit Sie Astorius verlassen und Reia gegründet haben. Wie viel Rückenwind haben Sie durch ehemalige Investoren? Wo betreten Sie Neuland?
Weinmann: Erfreulich viel. Als ich meinen Weggang von Astorius bekanntgegeben hatte, kam von ehemaligen Kunden und Private-Equity-Fondsmanagern sehr viel positives Feedback zu meiner bisherigen Arbeit. Insofern gibt es dort viele intensive Kontakte und dies erklärt auch, dass wir sehr schnell Single Family Offices als Minderheitsgesellschafter für Reia Capital gewinnen konnten. Darüber hinaus haben wir bereits ein erstes stattliches Closing unseres Fonds durchgeführt. Ich gehe davon aus, dass unser neuer Fonds sehr zeitnah ein erstes Investment bekanntgeben kann. Zu vielen unserer potenziellen Investoren bestehen nicht nur langjährige, sondern auch enge und freundschaftliche Beziehungen. Dies ist sicherlich auch dem Umstand geschuldet, dass wir persönlich einen substanziellen Betrag in unsere Fonds investieren. Wir gehen aber auch neue Wege. Die Fondsstrukturen werden in Irland domiziliert sein und damit langfristig günstigere Kostenstrukturen aufweisen. Zudem haben Investoren die Wahl zwischen zwei Steuerstrukturen, wodurch wir unsere Investorenbasis deutlich verbreitern können.
Zum neuen Fonds ein Elevator-Pitch in fünf Sätzen, bitte…
Weinmann: Et Voila: Der Reia Capital Fonds I ist ein Dachfonds, der handverlesen in acht bis zwölf europäische Small- und Lower-Mid-Cap-Private-Equity-Fonds investieren soll. Somit bauen wir ein diversifiziertes Beteiligungsportfolio von 80 bis 120 Unternehmen über mehrere Jahre. Wir haben uns auf Private-Equity-Fonds aus dem Small Cap und Lower Mid Cap fokussiert, da diese in der Vergangenheit eine deutliche Überperformance gegenüber Aktien und Large-Cap-Private-Equity-Fonds zeigten. Bei unserer Due Diligence suchen wir bei den Zielfonds nach überzeugenden Alleinstellungsmerkmalen, wie beispielsweise einem Branchen- oder Länderfokus. Wir investieren selbst in unsere Fonds und unterstreichen hierdurch unseren Interessengleichklang mit unseren Kunden.
Über den Interviewten:
Thomas Weinmann ist Gründer und Partner von Reia Capital. Zuvor hatte er bereits 2012 Astorius mitgegründet, ebenfalls ein Anbieter für Private-Equity-Dachfonds. Vor der Gründung von Astorius war Weinmann 13 Jahre lang für das Beteiligungsunternehmen BC Partners tätig. Zwischen 2011 und 2015 war er Vorstand des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften.