Doppelinterview zu CO2-Zertifikaten, ESG und Co. „Die Transparenzverordnung ist ein Schalter, den ich einschalte, und kein Gütesiegel“

Steffen Hörter von Munich Re (l.) und Johannes Maier von Bantleon.

Steffen Hörter von Munich Re (l.) und Johannes Maier von Bantleon: „Den Ausstoß von CO2 finanziell unattraktiv zu machen, ist Teil des Masterplans der EU.“ Foto: Munich Re / Bantleon

private banking magazin: Herr Hörter, der Fonds EUA Strategy von Munich Re Investment Partners will weltweit einer der ersten offenen Investmentfonds sein, der es institutionellen Anlegern ermöglicht, direkt in CO2-Zertifikate der EU, also EUAs zu investieren. Wie funktioniert das genau?

Steffen Hörter: Die Anlagestrategie ist recht einfach. Sie besteht aus passivem Kaufen und Halten von Emissionsrechten, ausschließlich von EU-Emissionsrechten. Es erfolgt also kein aktives Management.

Sondern?

Hörter: Wir setzen im Wesentlichen auf den Anstieg des Preises der EU-Emissionsrechte. Wir kaufen physisch, also direkt besagte Emissionsrechte, das ist wichtig zu erwähnen. Es gibt auch Produkte im Markt, die Zugang zu EU-Emissionsrechten beispielsweise über Futures ermöglichen, für die es einen großen Markt gibt.

Was ist der Vorteil eines direkten Kaufs?

Hörter: Zum einen gibt es relativ hohe Rollkosten im Futures-Markt. Geschätzt gibt es eine Inkonvenienz von aktuell rund einem Prozent pro Jahr. Bei anders strukturierten Produkten entstehen noch weitere Kosten für Anleger, beispielsweise Handelskosten beim Kauf und Verkauf. Unterm Strich entstehen also zusätzliche versteckte Kosten, die bei uns nicht entstehen.

Warum gibt es dann einen großen Futures-Markt, welche Vorteile hat dieser?

Hörter: Über den Futures-Markt können Teilnehmer des EU-Emissionsrechtehandels, insbesondere Unternehmen oder deren beauftragte Banken täglich handelbare Positionen eingehen, beispielsweise zur Absicherung von Preisrisiken.

Was spricht zudem für Ihren Fonds?

Hörter: Er ist nach Luxemburger Recht als Alternative-Investmentfonds aufgelegt und weltweit einer der ersten Fonds dieser Art. Der Hintergrund ist regulatorischer Art. Wäre der Fonds als Ucits-Produkt aufgelegt, müsste er Anforderungen an eine Mindestdiversifikation erfüllen. Weitere Vorteile: durch den direkten Zugang zu Emissionsrechten haben wir einen deutlich niedrigeren, realisierten Tracking Error von annualisiert gut 45 Basispunkten (bps).

 

Andere EU Emissionsrechte Anlageprodukte, die alternative Strukturierungen wie ETC oder ETF wählen, haben nach unseren Schätzungen deutlich höhere TEs von bis zu 700-900 bps. Ihr Vorteil: sie sind meistens täglich handelbar.  Unser Fonds hat eine monatliche Liquidität. Ein Investor kann Gelder monatlich investieren und wieder abziehen. Für viele professionelle Investoren, an die sich unser Fonds richtet, ist monatliche Liquidität ausreichend. Für manche nicht.

Ist der investier- und abziehbare Betrag gedeckelt?

Hörter: Der Fonds zielt ausschließlich auf sogenannte professionelle, institutionelle Kunden  mit einem langfristigen Anlagehorizont. Wir haben ein angestrebtes Mindestanlagevolumen von 10 Millionen Euro definiert, was im Einzelfall verhandelt werden kann. Abziehbare Beträge sind nicht gedeckelt.

Und wie sieht es auf der Kostenseite aus?

Hörter: Mit unserem Fonds streben wir eine Zielkostenquote von 67 bps an. Wir wollten die Kosten natürlich so gering wie möglich halten, haben deshalb auch andere Modelle durchgerechnet und sehen in unserem Vehikel für einen EU-Emissionsrechtefonds den größten Kostenvorteil für Investoren.

Herr Maier, warum investieren Sie in CO2-Zertifikate?

Johannes Maier: Das liegt an den Attributen der Assetklasse. Zum einen ist das Renditepotenzial verlockend. Derzeit werden Emissions-Zertifikate mit rund 70 Euro pro Tonne CO2 gehandelt. Laut Bloomberg NEF soll der Preis bis 2030 zwischen 130 und 160 Euro liegen. Zusätzlich besteht über verschiedene Zeiträume eine geringe Korrelation zu den gängigen Assetklassen Aktien, Anleihen oder Gold , über fünf oder zehn Jahre beispielsweise.

 

Damit führt die Anlage in Emissionszertifikaten zu einem positiven Diversifikationseffekt im Multi-Asset Kontext. Zudem besteht ein positiver Nachhaltigkeitseffekt. Weil die gehaltenen Zertifikate das Angebot verknappen, wirken sie zusätzlich preistreibend. Das verstärkt für Unternehmen den Anreiz, ihren CO2-Ausstoß weiter zu reduzieren.

Herr Hörter, was geschieht mit den Rechten, die Sie kaufen?

Hörter: Technisch gesprochen, hat der Fonds ein Konto, auf welches die EU-Emissionsrechte gebucht werden. Das ist ein Depot-Konto für Marktteilnehmer, das national, in unserem Fall bei der Luxemburger Umweltbehörde, registriert ist. Ein solches Konto aufzubauen, war auch eine der Spezialitäten bei der Struktur des Fonds. Das Prozedere ist, dass wir die Rechte beim Kauf entnehmen, und wenn wir verkaufen, kommen sie zurück auf den Markt. Unser Vorgehen ist simpel: Kaufen, warten, verkaufen. Ich teile die Aussicht von Herrn Maier, dass bis 2030 150 bis 160 Euro pro Tonne CO2 erreicht werden.

Können Sie das mit dem Konto konkretisieren?

Hörter: Die Emissionsrechte Konten der EU dienen der Zuordnung auf deren Eigentümern. Das schafft Markttransparenz und verhindert unter anderem, dass ein Emissionsrecht mehrfach verwendet wird. Der Vorteil für unsere Anleger ist, dass sie über ihren Fondsanteil auch eine Durchsicht auf die anteiligen Emissionsrechte haben.

Was macht Sie beide so zuversichtlich, dass die Assetklasse 2030 in der Spitze bei 160 Euro liegen wird – vor dem Hintergrund, dass viel von wirtschaftlichem Abschwung die Rede ist?

Maier: Es gilt zwischen kurzfristigen und langfristigen Treibern zu unterscheiden. Ein wirtschaftlicher Abschwung ist ein kurzfristiger Preistreiber. So drückt der anhaltend schwache industrielle Output in der Eurozone derzeit den CO2 Preis. Langfristig hat die Assetklasse aber Rückenwind.

Meinen Sie den politischen?

Maier: Genau. Auf lange Sicht ist der CO2 Preis politisch getrieben. Und der politische Wille in der Europäischen Union ist enorm. Den Ausstoß von CO2 finanziell unattraktiv zu machen, ist Teil des Masterplans der EU. Die Zahl der sich im Umlauf befindenden Zertifikate wird sukzessive reduziert und soll die Kosten für den Ausstoß von CO2 nach oben treiben.