Woran liegt das?
Rädler: Bei Covered Bonds gab es Anfang des Jahrtausends größere Emissionen von größeren Emittenten an einem größeren Markt. Der Markt ist deutlich geschrumpft, gleichzeitig hat die Notenbank teilweise 70 Prozent der Bonds aufgekauft. Banken sind nach der Volcker-Rule kaum im Eigenhandel und fast ausschließlich im Kundenauftrag aktiv, das Prop-Trading der Nullerjahre ist verschwunden. Also wird auch weniger gehandelt. Dazu kommt die stärkere Eigenkapitalhinterlegung der Banken, was das Handeln und Halten von Wertpapieren zusätzlich verteuert. Trotz des Volumens ist die Liquidität an den Anleihemärkten also geringer geworden – speziell in Europa.
Regulierung ist auch bei Nachhaltigkeit das Stichwort…
Rädler: Wir haben uns gerade im ersten halben Jahr extrem viel mit SFDR, Offenlegungsverordnung und den Mifid-Zielmarktkonzepten beschäftigt. Und das wird auch in den kommenden Jahren so bleiben.
Ist das gut oder schlecht?
Rädler: Die Ziele sind richtig und gut. Eine Vereinheitlichung und mehr Transparenz beim Thema Nachhaltigkeit ist gerade für den Kapitalmarkt sehr wichtig. Der Prozess stimmt allerdings nicht. Die Daten, die uns Transparenz verschaffen sollen, gibt es noch nicht in entsprechender Qualität. Gleichzeitig greift die Offenlegungsverordnung für Unternehmen später als die für Finanzunternehmen. Auch die Handhabung der Offenlegungsverordnung innerhalb der einzelnen Finanzdienstleister ist extrem unterschiedlich. Wir konnten unsere Hausaufgaben größtenteils erledigen und haben bereits Vermögensverwaltungskonzepte erarbeitet, die nach Offenlegungsverordnung beziehungsweise Berücksichtigung der PRIs unseren Kunden angeboten werden können. Davon gibt es leider erst wenige – weil es ein gutes Stück Arbeit ist.
Der interne Aufwand für Anbieter ist also enorm. Wirkt die Regulierung denn auch schon?
Rädler: Durchaus. Und nicht nur wegen der Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenz nach Mifid. Aber: Wir müssen unsere Kunden viel aufklären, ihnen die verschiedenen Formen der Regulatorik näherbringen. Das ist sehr herausfordernd. Es gibt unter unseren Kunden zum einen die, die sich sehr für Nachhaltigkeit interessieren. Selbst für die ist es schwer, die neuen Regelungen komplett zu erfassen. Und es gibt zum anderen die, die sich im Investmentprozess vor allem auf uns verlassen und denen es persönlich weniger wichtig ist.
„Die Inflation sollte lieber zu früh und zu stark, als zu spät und zu schwach bekämpft werden.“
Zum Abschluss: Was raten Sie der EZB?
Rädler: Ich rate ihr, die Reinvestitionen aus den Ankaufsprogrammen zu reduzieren und zu versuchen, die Überschussliquidität von 4,5 Billionen Euro möglichst schonend, aber zügig zu reduzieren. Die Inflation sollte lieber zu früh und zu stark, als zu spät und zu schwach bekämpft werden. Daneben sollte sie sich ihre Unabhängigkeit bewahren, und nicht zum Erfüllungsgehilfen der Politik machen lassen.
Über den Interviewten:
Stefan Rädler ist Direktor für das Portfoliomanagement beim Deutsche Oppenheim Family Office. Er arbeitet bereits etwa 20 Jahre für das Family Office. Zuvor war er im Asset Management bei der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien beschäftigt.