private banking magazin: Das Wealth Management der Unicredit in Österreich ist seit Jahren in der Schoellerbank beheimatet. Tun sich internationale Namen am österreichischen Markt eher schwer?
Helmut Siegler: Es ist Fakt, dass sich einige internationale Banken wieder zurückgezogen haben. Der österreichische Markt ist aber nach wie vor ein sehr interessanter Markt, das Marktwachstum hierzulande liegt im Schnitt jährlich zwischen 3 und 6 Prozent. Nur deswegen haben viele internationale Banken einst den Einstieg in Österreich gewagt. Was man natürlich beachten muss: Der Markt in Österreich wächst zwar, ist aber nicht groß.
Heißt: Es gibt nicht genug Kunden für die Banken – oder schon genug Banken für die Kunden?
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private banking magazin: Das Wealth Management der Unicredit in Österreich ist seit Jahren in der Schoellerbank beheimatet. Tun sich internationale Namen am österreichischen Markt eher schwer?
Helmut Siegler: Es ist Fakt, dass sich einige internationale Banken wieder zurückgezogen haben. Der österreichische Markt ist aber nach wie vor ein sehr interessanter Markt, das Marktwachstum hierzulande liegt im Schnitt jährlich zwischen 3 und 6 Prozent. Nur deswegen haben viele internationale Banken einst den Einstieg in Österreich gewagt. Was man natürlich beachten muss: Der Markt in Österreich wächst zwar, ist aber nicht groß.
Heißt: Es gibt nicht genug Kunden für die Banken – oder schon genug Banken für die Kunden?
Siegler: Es gibt etablierte Marken von Großbanken und Privatbanken. Und die Kunden, das sieht man immer wieder im Private Banking und Wealth Management, bauen zu diesen Häusern über Jahrzehnte hinweg Verbundenheit auf. Es braucht also Vertrauensbildung zum Berater, zum Institut. Und das führt dazu, dass die Marktdichte sehr groß und der Freiraum für neue Institute sehr klein ist. Dazu kommt die Regulatorik für internationale Banken in der Europäischen Union: Depotführung im Heimatstaat der internationalen Bank oder in Österreich? Wie funktioniert der Datenaustausch? Und: Am Ende müssen sich Banken fragen, ob sich das Geschäft vor Ort rechnet.
Kann es sich denn als kleinere etablierte Privatbank in Österreich rechnen oder braucht es den Konzern im Rücken für nötige Skalierung?
Siegler: Wir schätzen den Mutterkonzern im Hintergrund. Im Wealth Management und Private Banking brauchen wir nicht nur saubere Regulatorik, sondern ein gewisses Leistungsspektrum, Legal- oder ESG-Kompetenz sowie erstklassige Kolleginnen und Kollegen. Auf Kundenseite haben wir Anknüpfungspunkte in andere Märkte oder das Unternehmenskundensegment. Wir nutzen dafür auch das Netzwerk der Unicredit Bank Austria und der ganzen Unicredit-Gruppe.
Zu Lasten der Eigenständigkeit?
Siegler: Wir entscheiden weiterhin eigenständig, sind eine sehr erfolgreiche und bestens kapitalisierte Privatbank mit einer Kernkapitalquote von über 60 Prozent. Und gleichzeitig profitieren wir trotzdem vom Netzwerk einer größeren Gruppe. Denn: Da sind wir wieder beim Thema Skalierung. Wären wir ein kleineres Institut ohne diesen Background, müssten wir viele Leistungen komplett selbst aufbauen: Digitalisierung, IT-Infrastruktur, Cyber-Sicherheit, Abwicklung und natürlich das Produkt- und Leistungsspektrum. Das ist für alle Kundensegmente und für unseres ganz besonders herausfordernd.
Als die Schoellerbank das Wealth Management für die Bank Austria und die österreichische Unicredit übernahm, hat man sich also vor allem für die etabliertere Marke entscheiden?
Siegler: Es war die Intention und die Überlegung der Gruppe, die Marke zu stärken. Die Schoellerbank hat in 190 Jahren viel Reputation aufgebaut. Hier und auch am deutschen Markt sind ja oft auch viele kleinere Marken oder Banken verschwunden. Gleichzeitig sollte damals in der Abwicklung, aber auch im Produkt- oder der Compliance-Bereich stärker mit der Gruppe zusammengearbeitet werden. Ich persönlich glaube, dass die Tendenz in der Branche genau dorthin geht: Für kleinere Banken, die sich keine Partnerschaften suchen oder sich in größere Netzwerke einbinden, wird es zunehmend schwieriger.
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Inwieweit leidet die Qualität am österreichischen Markt, wenn Banken verschwinden oder zentralisiert werden?
Siegler: Wir haben schon noch genug gute Adressen im Private Banking und Wealth Management, viele Institute haben ob des Marktwachstums zusätzlich investiert. Ich glaube nur, dass für Privatbanken, die sich über eine bestimmte Größe hinweg nicht weiterentwickeln können, die Herausforderung zu groß wird, das Geschäft alleine zu betreiben. An Mitbewerbern mangelt es auf dem österreichischen Markt aber noch lange nicht.
„Wir begeben uns gerade bei größeren Volumina in Konkurrenz mit deutschen Mitbewerbern, mit Schweizer und mit liechtensteinischen Instituten“
Wie gelingt die Abgrenzung zu deutschen oder Schweizer Konkurrenten?
Siegler: Im institutionellen Segment spielt sich das Geschehen ohnehin im internationalen Umfeld ab, sonst ist im Wealth Management die Sprache eines Anbieters entscheidend, in der die Produkte angeboten werden. Und da begeben wir uns gerade bei größeren Volumina in Konkurrenz mit deutschen Mitbewerbern, mit Schweizer und mit liechtensteinischen Instituten. Andersherum haben aber auch wir Kunden im Ausland: in Deutschland, Italien, in Zentral- und Osteuropa. Da wollen wir die passende Sprache genauso sicherstellen und den Bedarf nach internationaler Veranlagung stillen.
Apropos Internationalität: Wo ordnet sich der österreichische Markt innerhalb der Unicredit-Gruppe in Sachen Profitabilität und Margen ein?
Siegler: Das ist nicht leicht zu beantworten, zu verschieden sind die Märkte und der jeweilige Bedarf. In Österreich zählen wir uns aber zu den Marktführern. Und schaut man sich die geläufigen Studien an, sieht man: Das Ertragspotenzial ist in den Märkten ähnlich.
... aber laut der Beratungsgesellschaft Zeb in Österreich schon geringer als in Deutschland.
Siegler: Das führe ich auch darauf zurück, dass deutsche Privatbanken und Wealth Manager etwa im Immobiliensegment stärker engagiert sind, während in Österreich der Fokus fast ausschließlich im Wertpapierbereich liegt. Die Frage ist also: Wie verdienen die jeweiligen Institute im Private Banking und Wealth Management ihre Umsätze? Erst dann lassen sich die Margen sinnvoll miteinander vergleichen.
Dann beantworten Sie diese Frage gerne einmal für die Schoellerbank: Wo wollen Sie Ihr Geld verdienen?
Siegler: Im klassischen Wertpapiergeschäft: Das Anlagepotenzial sehen wir ab einem Vermögen von einer Million Euro, der Fokus im Wealth Management liegt aber bei Beträgen oberhalb von 5 Millionen Euro. Auf das Segment richten wir auch unsere Dienstleistungen mit Financial Planning, Vermögensverwaltung und Investmentberatern sowie Spezialfonds in unserer eigenen Kapitalanlagegesellschaft Schoellerbank Invest aus. Zu unserem Leistungsangebot zählen auch die Auflage individueller Fonds für Kunden oder Kundenverbände mit darüberhinausgehendem, sehr hohen Anlagebedarf und gegebenenfalls alternative Anlagen wie Private Equity. Wir wollen Individualität für die Kunden schaffen, dafür braucht es eine gewisse Vermögenskomplexität und -größe.
Sprich: Das angesprochene Immobiliengeschäft ist explizit kein Teil der Schoellerbank?
Siegler: Wir haben grundsätzliche Expertise für illiquide oder weniger fungible Werte. Die Unicredit Bank Austria hat aber eine eigene Immobilieninvestmentgesellschaft. Wenn es Bedarf gibt, können wir also mit diesen Immobilienmanagern sprechen. Auch bei Private Equity arbeiten wir in Kooperation mit den Gruppenkollegen. Heißt: Unsere Kernkompetenz ist ganz klar Vermögensanlage mit Wertpapierberatung und natürlich der Vermögensverwaltung. Da die Schoellerbank schon immer diesen Fokus hatte, hat sich in den vergangenen Jahren strukturell nicht viel verändert. Wohl aber haben wir Kapazitäten im Advisory, im Wealth Planning oder bei Ausschreibungen aufgebaut, um uns an die hohen Bedürfnisse im obersten Kundensegment anzupassen.
Das klingt aber vor allem nach zusätzlichen Investitionen - wie verbinden Sie das mit der schon angesprochenen Skalierung und Kostenminimierung?
Siegler: Wir haben diese Schritte mit dem Ziel weiteren Wachstums gesetzt. Beispiel Ausschreibungen: Wir haben in den letzten zwei, drei Jahren kräftig investiert, aber auch einige Mandate von deutlich über 20 Millionen Euro dazugewonnen. Das hätten wir davor vermutlich nicht bewerkstelligen können – und hat sich deshalb schon jetzt ausgezahlt.
„Dass Family Officer zwischengeschaltet sind, kommt seltener vor als in Deutschland – aber auch dann wollen wir natürlich mit den Family Offices in Kontakt treten.“
Ist das gehobene Kundensegment für Sie auch interessant, weil es in Österreich kaum Multi und sonst eher Single Family Offices oder Familienstiftungen gibt?
Siegler: Tendenziell übernehmen Banken in Österreich eher Family-Office-Aufgaben, also beispielsweise Ausschreibungen. Dass Family Officer zwischengeschaltet sind, kommt deswegen seltener vor als in Deutschland – aber auch dann wollen wir natürlich mit den Family Offices in Kontakt treten.
Fällt die Preisdurchsetzung ohne Family Officer leichter?
Siegler: Schon, wobei Preise und Margen in Österreich trotzdem unter Druck geraten. Das liegt daran, dass nicht nur wir investiert haben, sondern auch viele andere Banken. Allerdings adressieren vor allem die Regionalbanken Kunden mit Volumina von unter einer Million Euro, wobei ich noch immer eine Differenz zwischen Anspruch und Leistungsfähigkeit beobachte. Das schon angesprochene höhervolumige Segment ist für uns deshalb besonders auf dem österreichischen Markt interessant, aber auch in den Nachbarländern. Unsere Wachstumsüberlegungen sind mit Blick auf unsere getätigten Investitionen intakt.
Spielen bei diesen Überlegungen auch Investitionen in neue Standorte eine Rolle?
Siegler: Wir fühlen uns sehr gut aufgestellt, sind die einzige Privatbank, die fast flächendeckend in ganz Österreich präsent ist. Regionale Präsenz ist uns wichtig und die haben wir in Österreich zur Genüge.
Und jenseits der Landesgrenzen? Stichwort: Südbayern.
Siegler: Wir sind in Deutschland unterwegs, pflegen einen persönlichen Kontakt. Bei einer entsprechenden Kundenstruktur ist es wert, sich auch Gedanken über deutsche Standorte zu machen. Aber es gibt regulatorische Aspekte und andere Themen im Hintergrund, weshalb wir für uns die Entscheidung getroffen haben, den deutschen Markt von Österreich aus zu bedienen. Diese Entscheidung gilt im Süden genauso für Kunden aus Italien und für die Kunden im Osten mit unserem CEE-Team.
Was hat die Zinswende im Private Banking verändert?
Siegler: In den vergangenen Jahren gab es für den Vermögenserhalt keine Alternative zu Wertpapierinvestitionen, weil die Zinsen ins Negative führten. Der Kernfokus bleibt auch weiterhin bei Wertpapieren, aber wir können beide Instrumente wieder nutzen. Bei Anleihen können wir uns inzwischen fragen, ob es High Yield und das entsprechende Risiko überhaupt noch braucht. Wenn wir jetzt davon ausgehen, dass der Zins sinken wird, braucht es auch wieder längere Laufzeiten. Da gibt es Alternativen, die hätten wir vor zwei Jahren nicht diskutieren können. Das macht es für Vermögensverwalter wieder interessanter, mit gemischten Portfolios zu arbeiten.
Blickt man aber auf Inflation und reale Rendite...
Siegler: Dann stellt sich die Frage, welche Inflationsrate man betrachtet. Eins haben die Raten gemeinsam: Sie sind schon zurückgegangen. Und wenn sich das fortsetzt, rutschen gemischte Portfolios auch langsam wieder in den positiven Ertragsbereich. Mittelfristig führt sicher kein Weg an der Aktie vorbei.
Wie entwickelt sich damit mittelfristig Ihr Geschäft?
Siegler: Wir haben wieder ein erwähnenswertes Zinsergebnis, was uns entgegenkommt und wir ja schon fast gar nicht mehr erwartet haben. Wir haben aber weiter einen Wachstumsanspruch auf der Asset-Seite, verschiedene Faktoren werden dabei den Ausschlag auf dem Markt geben.
Welche sind das?
Siegler: Digitalisierung wird etwa von Kunden nachgefragt, diese kann auch Privatbanken Effizienzgewinne verschaffen. Dabei gibt es gewisse Herausforderungen, für das Denken der Beraterinnen und Berater. Es braucht Lernbereitschaft und fachliches Verständnis. Das gilt auch für Nachhaltigkeit oder Multi-Kanal-Beratung. Auf der anderen Seite treiben die Privatbanken exogene Faktoren wie Regulatorik, geopolitische Unsicherheit oder die Marktentwicklung um. Manch eine Bank wird sich fragen, was es braucht, um in Österreich noch profitabel das Geschäft abbilden zu können. Eine Basis von mindestens 5 Milliarden Euro Assets under Management wird es vermutlich brauchen.
Diese Basis haben einige österreichische Banken aber nicht.
Siegler: Für die Branche erwarte ich deshalb eine Konsolidierung, wenn Institute zu klein sind, oder mehr Dienstleisterverhältnisse. Nicht jede Bank muss eine eigene IT-Struktur aufbauen.
Apropos IT-Struktur: In Sachen Digitalisierung taten sich gerade auch Privatbanken vielleicht auch aus den genannten Gründen schwer. Lässt sich dem Private Banking eine gewisse Trägheit vorwerfen?
Siegler: Es treffen bei Privatbanken teilweise Tradition und Innovation aufeinander, das kann manchmal schwierig werden. Wir versuchen Innovation da einzubauen, wo es Sinn ergibt: Wie können wir Prozessabläufe schlank gestalten, wie können wir auch ohne weitere Standorte Kundennähe herstellen? Die Kunst ist, die Beziehung zum Kunden nicht zu verlieren, und trotzdem über technische Plattformen zu skalieren. Das müssen Privatbanken schaffen und das gilt auch für Retail-Banken. Am Ende suchen nicht wir den Kanal zum Kunden aus, sondern der Kunde entscheidet. Und diese Flexibilität und Lernbereitschaft brauchen Banken in diesem Segment.
Über den Interviewten:
Helmut Siegler ist seit 2022 Vorstandsvorsitzender der Schoellerbank. Nach seinem Studium trat Siegler 1993 in die damalige Salzburger Kredit- und Wechselbank (SKWB) ein. Er baute unter anderem Financial Planning und Family Office in der Schoellerbank auf und übernahm ab 2000 diverse Leitungsfunktionen im Konzern. Im Jahr 2018 stieg er in den Vorstand der Schoellerbank auf. Siegler war zudem Vorstandsvorsitzender im Verband Austrian Financial Planners.