Interview mit Johnny el Hachem von Edmond de Rothschild „Ich bin dankbar, dass die Amateure wieder vom Markt verschwinden“

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Interview mit Johnny el Hachem von Edmond de Rothschild
„Ich bin dankbar, dass die Amateure wieder vom Markt verschwinden“
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Johnny el Hachem von Edmond de Rothschild

Johnny el Hachem von Edmond de Rothschild: „Jede noch so gute Idee wird in Europa kein Geld finden, wenn das meiste Geld in den Aktienmarkt fließt. Ich sage nicht, dass wir keine Aktienmärkte brauchen, aber wir brauchen in Europa mehr Diversifizierung und mehr Risikobereitschaft.“ Foto: pbm

private banking magazin: Herr el Hachem, wie haben die Zinswende und die Inflation den Private-Equity-Markt verändert?

Johnny el Hachem: In den letzten zehn Jahren hat die Private-Equity-Branche von dem billigen Geld profitiert. Insbesondere die Strategien, die auf Übernahmen, Immobilien oder Infrastruktureinrichtungen auf Brachflächen abzielten, profitieren von den günstigen Darlehenszinsen. Was Inflation und den Wertverlust betrifft, so wird sich die Zinswende ebenfalls positiv auswirken, auch auf die Private-Equity-Industrie, da die derzeitige Situation ein Bewusstsein dafür schafft, dass sich Dinge ändern müssen, auch mit Hilfe der Private Markets

Wie meinen Sie das?

el Hachem: Wir müssen massiv investieren und ein anderes Umfeld schaffen, das sich auf die Versorgung, den Zugang zu Energie, den Übergang, die Auswirkungen und die Nachhaltigkeit bezieht. All diese Elemente müssen uns helfen, Fehler der Vergangenheit zu tilgen. Die Private Markets haben dabei mehr Möglichkeiten zur Gestaltung und Beeinflussung eines Wandels im Geschäftsleben als der öffentliche Markt. Die derzeitige Situation wird für die Investoren und alle Akteure der Branche definitiv ein Ansporn sein, die Fähigkeiten die Private-Equity-Manager haben müssen, immer mehr zu nutzen – weil die Schaffung von Werten der einzige Ausweg ist. Wir kehren zu den Grundlagen zurück.

Laut einer weltweit getätigten Umfrage von Goldman Sachs, halten viele institutionelle Anleger Private Equity derzeit für überteuert…

el Hachem: Ich stimme dem aus vielen Gründen zu. Die Realität ist, dass das Volumen, das die Anleger in die Fondsmanager einbringen, in den Jahren 2022 und 2023 im Vergleich zum Rekordjahr 2021 drastisch zurückgegangen ist. Es gibt mehr Angebot als Nachfrage. In den letzten zehn Jahren war das nicht der Fall. Dies führt zu einem weiteren Element. Diese Branche wird das Verschwinden vieler Fondsmanager erleben, weil sie nicht in der Lage sind, Fundraising zu betreiben. Wenn man sich die Bewertungen in der Branche anschaut, die in der gegenwärtigen Situation wirklich hoch sind, sollten die Preise normalerweise sinken. Warum tun sie das nicht? Dafür gibt es Gründe.

Die da wären?

el Hachem: Erstens: Die Fondsmanager haben eine Menge „Dry Powder“ in der Hand, verfügbares Geld, das sie in Deals investieren, bei denen sie der Meinung sind, dass es für sie besser ist, in diese Deals zu investieren, als Fundraising zu betreiben. Bei Geschäften die Geld benötigen, verwenden viele Manager ihr „Dry Powder“, anstatt sich auf dem Markt um neue Geschäfte zu bemühen. Zweitens wurden in den letzten Jahren die Haltefristen immer länger. Die Manager haben die Zeit, sich nicht in einem "Fire Sale"-Verfahren zurückzuziehen. Das alles hat zur Folge, dass wir erst jetzt beginnen, Preisanpassungen zu beobachten. Der Zyklus kehrt zurück.

 

Befeuert von der Zinswende…

el Hachem: Da der Zinssatz nicht mehr auf das frühere Niveau sinken wird, müssen Fondsmanager jede Transaktion, jedes Unternehmen, jeden Betrieb, in den in der Vergangenheit investiert wurde und bei dem das Ziel darin bestand, nur durch Hebeleffekte einen Wert zu schaffen – und das Unternehmen nicht wirklich über hohe Wachstumseigenschaften und positiven Elemente verfügt – verkaufen. Die Bewertungen solcher Investments werden schnell und drastisch sinken.

Die Gebührenstruktur für Private Equity wird auch oft als intransparent kritisiert, beispielsweise im Vergleich zu ETFs, was sollte hier geschehen?

el Hachem: Seit einigen Jahren ist die Branche stark reguliert. Dies zwingt die Manager zu mehr Transparenz bei den Gebühren. Einige der Gebühren werden nicht vom Fondsmanager, sondern von einem Drittanbieter erhoben – es gibt keine versteckten Gebühren. Man könnte argumentieren, dass ein Fondsmanager übermäßig viel Geld verdient, wenn er einen eine Milliarde Euro großen Fonds verantwortet und deshalb 2 Prozent, also 20 Millionen Euro verdient. 

Die Frage aus Anlegersicht sollte jedoch lauten: Verwendet der Fondsmanager die 20 Millionen, um mehr Dividende zu erwirtschaften, oder verwendet er das Geld, um Mitarbeiter zu bezahlen, die er zur Wertschöpfung einsetzt? Ich bin der festen Überzeugung, dass es in dieser Branche eine sehr starke Angleichung der Interessen gibt. Erstens: Investieren alle Fondsmanager in ihr Geschäft. Zweitens: Das Honorar orientiert sich an der erbrachten Leistung. Einen nur kurzfristigen Wert schaffen, ist dabei nicht das große Ziel.

Haben Tipps für institutionelle Anleger, Privatbankiers und vermögende Privatpersonen, wenn es um Private Equity geht?

el Hachem: Sie sollten nicht aufhören, zu investieren. Es gibt viele Möglichkeiten, jetzt und in Zukunft unterversorgte Segmente der privaten Märkte zu erobern. Infrastruktur ist eines davon. Europa ist ein riesiger Markt für Infrastruktur. Sie sollten das Engagement in dieser Anlageklasse erhöhen, denn sie bietet einen Inflationsschutz und echte Lösungen für die Probleme des Kontinents und des Planeten. Zweitens haben die institutionellen Anleger mehr Zeit. Wir müssen in Afrika investieren, um eine Mittelschicht zu schaffen. Das ist unsere Antwort auf die demografischen Veränderungen auf dem Kontinent. Diese sind eine Chance für uns.

Und was raten Sie Privatbanken und vermögenden Privatpersonen?

el Hachem: Private Equity ist eine sehr komplexe Anlageklasse. Zweifellos brauchen wir Privatbankiers, denn sie sind die Vermittler, die Privatanleger dazu bewegen können, in diese Anlageklasse zu investieren und ein Engagement zu erhalten, das einen finanziellen Mehrwert bringt und etwas bewirkt und somit Probleme löst. Privatanleger werden mehr denn je gebraucht. Europa bleibt das Land der Innovation und wird es auch bleiben. Hier wurde das Internet erfunden, die erste E-Mail geschrieben, ein Impfstoff gegen Corona entdeckt. In den USA sind die Finanzierungsmöglichkeiten jedoch dank der Größe der privaten Märkte größer. Das ist schade und sollte nicht so bleiben.

 

Aber jede noch so gute Idee wird in Europa kein Geld finden, wenn das meiste Geld in den Aktienmarkt fließt. Ich sage nicht, dass wir keine Aktienmärkte brauchen, aber wir brauchen in Europa mehr Diversifizierung und mehr Risikobereitschaft. Die Private Markets sind unverzichtbar für Innovationen, sie treiben den Wandel voran. Jeder sollte in die illiquiden Klassen investieren. Geschehen muss dies auf dem Wege B-to- B-to-C. Es braucht einen Privatbanker oder einen Versicherer, der diese komplexe Anlageklasse verständlich vermarkten kann.

Sie sind seit 2002 bei Edmond de Rothschild. Wie hat sich das Geschäft verändert?

el Hachem: Ich hatte während keiner Krise Angst. Ich bin während des Bürgerkriegs in Beirut aufgewachsen, für mich bleibt das Glas halbvoll. Worüber ich sehr glücklich bin ist, dass die vergangenen zehn Jahre der niedrigen und negativen Zinsen vorbei sind. Die Menschen sind faul geworden. Es wurden unseriöse Hebelwirkungen genutzt, um Werte zu schaffen. Ich bin sehr dankbar, dass die Amateure nun wieder vom Markt verschwinden werden. Die Blase ist geplatzt, jetzt geht es wieder um ehrliche Arbeit, die einen Mehrwert für Investoren und für die Gesellschaft schafft.

Über den Interviewten

Johnny el Hachem leitet seit 2002 den Bereich Private Equity bei Edmond de Rothschild. Vor dieser Zeit hatte er verantwortungsvolle Aufgaben unter anderem bei dem Infrastrukturinvestor TIIC .

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