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Interview mit Pieter Jansen „Cash-Quoten erinnern an Zeiten der Lehman-Krise“

Pieter Jansen, Senior Strategist Multi-Asset bei NN Investment Partners

Pieter Jansen, Senior Strategist Multi-Asset bei NN Investment Partners

Herr Jansen, das Jahr ist für Anleger schlecht gestartet. Woran lag es?

Pieter Jansen: Dafür gab es mehrere Gründe. Die chinesische Regierung hat die Währung nochmals abgewertet und die Märkte verunsichert. Hinzu kamen der weiter gesunkene Ölpreis und enttäuschende Daten aus den USA, die Rezessionsängste schürten. Das Anlageverhalten ist zurzeit extrem stimmungsgetrieben. Die Sentiment-Indikatoren zeigen, dass die Investoren sehr vorsichtig sind. Die Cash-Quoten sind aktuell fast so hoch wie zu Zeiten der Lehman-Krise.

Das ist eigentlich für die Märkte und für den Rest des Jahres ein gutes Zeichen. Zumindest wenn das fundamentale Umfeld so stark bleibt, wie wir es erwarten. Die Risikoprämien für Investoren sind gegenwärtig durchaus interessant.

Was sind die entscheidenden Faktoren für die Kapitalmärkte im weiteren Jahresverlauf?

Jansen: Am wichtigsten ist das Wachstum in den USA. Davon hängt auch das globale Wachstum stark ab. Wir sind hier positiv gestimmt. Die Arbeitslosenquote ist unter fünf Prozent gefallen, was Druck auf das Lohnwachstum ausüben dürfte. Die Stärke der US-Wirtschaft liegt vor allem im Konsum, aber auch im Unternehmensbereich.

Beim Ölpreis fokussiert sich der Markt zurzeit auf die negative Seite des Preiseinbruchs für die US-Industrie. Die längerfristigen positiven Auswirkungen sowohl auf die Industrie als auch auf den Konsum sind noch nicht in den Vordergrund gerückt.

Auch die US-Notenbank Fed scheint zurzeit eher vorsichtig. Setzt sie den im Dezember gestarteten Zinserhöhungszyklus fort?

Jansen: Noch zurückhaltender als die Fed-Mitglieder sieht der Markt die Zinspolitik. Gegenüber dem Jahresanfang sind die Erwartungen noch einmal deutlich gesunken. Für 2016 ist aktuell ein Zinsschritt in den Futures eingepreist. Wir rechnen jedoch mit zwei bis drei Zinsschritten in diesem Jahr, allerdings nicht vor Juni. Zum Jahresende sollte der US-Leitzins bei um die ein Prozent liegen.

Was erwarten Sie von der Europäischen Zentralbank im März?

Jansen: Die EZB ist aktuell das wichtigste Thema. Notenbank-Chef Mario Draghi möchte den Markt wahrscheinlich nicht wieder enttäuschen wie im Dezember. Wir gehen davon aus, dass die EZB den Einlagenzins noch weiter senkt, vielleicht um 20 Basispunkte, und dass die Ankäufe noch etwas ausgeweitet oder nach vorne gezogen werden. Generell sollte die EZB im Ton sehr vorsichtig, sehr „dovish“ (dem Tauben-Lager der expansiven Geldpolitiker zuzuordnen) sein.