private banking magazin: Herr Stodtmeister, woher rühren die Wachstumspläne einer eher kleineren, regionalen Privatbank?
Philipp Stodtmeister: Der Private-Banking-Markt ist der größte, den wir jemals in Deutschland und Europa hatten. Die privaten Vermögen sind trotz aller Marktschwankungen und Immobilienkrisen so groß wie nie zuvor. Das ist eine gute Nachricht für uns alle, denn der Bedarf für Beratung und das Potenzial sind ebenfalls so groß wie noch nie.
Das erkennen viele Anbieter. Interessant ist ja: Welche Argumente kann eine kleine und recht lokale Privatbank an diesem Markt ins Feld führen, um zu bestehen?
Stodtmeister: Wir sitzen in Stuttgart und der Großteil unserer Kunden ist hier aus der Region. Aber natürlich haben wir Kunden in ganz Deutschland. Baden-Württemberg ist neben München und Hamburg der vielleicht wichtigste Private-Banking-Standort hierzulande. Und um auf den Kern Ihrer Frage zu kommen: Es gibt insgesamt kaum eine Bank mit solch einer Historie, mit solch einer weißen Weste und mit solch einem einfachen Geschäftsmodell. Wir machen genau zwei Dinge: erstens die Beratung von vermögenden Privatkunden, Unternehmen und Stiftungen in Vermögensangelegenheiten in Mandatsform oder als Advisory-Dienstleistung und zweitens die Beratung dieser Kunden auf der Finanzierungsseite mit Eigenkapitalhinterlegung oder bei der Immobilienfinanzierung. Wir haben auch ein kleines eigenes Kreditbuch, können aber eben auch zu größeren oder speziellen Finanzierungen beraten.
Warum reicht das für Sie aus?
Stodtmeister: Weil Kunden sofort verstehen, was wir können und was wir nicht können. Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit unserer Mitarbeiter an unserem Stuttgarter Standort liegt bei über 16 Jahren – das spricht für Konstanz und auch für Kompetenz.
Birgt es aber nicht auch die Gefahr, dass es eine gewisse Betriebsblindheit oder zu wenig Einflüsse von außen gibt?
Stodtmeister: Sie kennen ja unsere Branche – bei der regelmäßige Jobwechsel an der Tagesordnung sind. Das haben wir bei uns nicht. Und das ist gut. Denn Private Banking ist ein langfristiges Geschäft, Kunden bleiben über Jahrzehnte oder Generationen hinweg in einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Beratern und Beraterinnen. Ich finde: Das ist etwas, was sich sprichwörtlich nicht mit Gold aufwiegen lässt.
Erfahrung und Langfristigkeit lassen sich aber nicht skalieren und in Wachstum übersetzen.
Stodtmeister: Natürlich suchen wir in ausgewählten Segmenten auch Mitarbeiter von außen. Wir sind interessiert daran, auch jüngere Kolleginnen und Kollegen bei uns zu begrüßen. Insbesondere im Private Banking, im digitalen Segment und in der Neukundenentwicklung haben wir das Potenzial, die Belegschaft zu verjüngen.
Keine leichte Aufgabe. Junge Mitarbeitende sind hart umkämpft. Welch andere Strategien haben Sie noch in der Hinterhand?
Stodtmeister: Wir loten Felder wie digitale Vermögensverwaltung aus, wollen unsere guten Vermögensverwaltungskonzepte weiterentwickeln und neue anbieten. Zudem sehe ich bei der Finanzierungsberatung Potenziale in Volumen und Mitarbeitenden. Das alles bauen wir mit unseren guten Mitarbeitenden auf der Historie, der soliden Eigenkapitalsituation und der soliden Eigentümerstruktur auf – und auf unserem klaren Plan, im Private Banking wachsen zu wollen.
Wie viel Wachstum ist für eine kleine Privatbank wie Ellwanger & Geiger realistisch?
Stodtmeister: Ein sehr konservatives, nicht zu spekulatives oder kostspieliges Wachstum. Da unser Private Banking den größeren Teil unseres Geschäfts ausmacht, wird es zum einen das Wachstum bestimmen und ist zum anderen in meinen Augen auch der Geschäftsbereich, der mehr Wachstum verspricht. Wie viel das dann ist, möchte ich nicht beziffern – schließlich spielen auch die Märkte dabei eine Rolle. Aber: Für vermögende Familien ist nicht nur die Verwaltung des Eigenkapitals relevant, sondern auch das Fremdkapital. Deswegen wollen wir das Zusammenspiel aus beiden Faktoren nutzen.
Das Bankhaus hatte einst auch ein Immobiliengeschäft – das 2018 verkauft wurde. Hätte das nicht auch noch in dieses Zusammenspiel hereingepasst?
Stodtmeister: Ich finde es eher angenehm, dass wir nun ein fokussierteres Geschäftsmodell haben. Und diese Fokussierung können wir gut nach außen tragen. Wir sind in allen Geschäftsbereichen profitabel und nur so können wir das Moment nutzen, ein moderates Wachstum zu erwirtschaften. Meine These ist: Wir sind deshalb für Kunden und die Menschen, die hier arbeiten wollen, eine sehr attraktive Bank.
Sie arbeiteten zuvor im Family-Office-Segment – wo die Kundenklientel sicher ein anderes war als bei einer kleinen Privatbank. Welche Kunden wollen und können Sie bei Ellwanger & Geiger ansprechen?
Stodtmeister: Wenn man es pathetisch formulieren möchte, könnte man sagen: Jeder Euro hat das Recht, eine maßgeschneiderte Beratung zu erfahren. Ich stimme Ihnen aber zu, dass wir natürlich eine gewisse Ausrichtung definieren müssen. Unsere Zielkundschaft sollte mindestens ein Vermögen im einstelligen Millionenbereich haben, das ist nun mal das klassische Private-Banking-Segment. Nur dann können wir über die Allokation einen Mehrwert umsetzen. Das avisierte und auch der Regionalität zuträgliche Segment liegt deshalb zwischen 1 und 5 Millionen Euro. Das Angebot ist aber auch interessant für Unternehmerfamilien, die über deutlich mehr Vermögen verfügen.
Sie haben die Regionalität angesprochen – soll es dabei auch in Sachen Niederlassungen bleiben?
Stodtmeister: Wir sind eine Regionalbank in Baden-Württemberg. Hier werden wir auch geografisch bleiben, hier ist unsere Kernklientel. Aber wir erkennen auch, dass Deutschland zwar bevölkerungsreich, aber relativ klein ist. Und deshalb betreuen wir, wie eingangs erwähnt, Kunden im gesamten Bundesgebiet. Das hat in unserer Historie auch aus Stuttgart heraus funktioniert.
Auch in der Anlageberatung, die ja Kostenfaktor sein kann?
Stodtmeister: Wir schauen, wann diese Anlageberatung sinnhaft ist, wollen nur anspruchsvolle Anlageberatung bieten. Der Anspruch und die Sinnhaftigkeit ergeben sich aus der Vermögenskomplexität und der Familienstruktur. Wir sind also sicher keine Retail-Anlagebank und wägen ab.
Heißt: Fokus auf der Vermögensverwaltung?
Stodtmeister: Jedenfalls sind wir dort gut aufgestellt, am bekanntesten sind sicher unsere Dachfonds-Strategien. In der Manager-Selektion sehen wir unsere Stärke, wir decken aber auch Spezialthemen wie Megatrends ab und sind in der Einzelwertanlage aktiv. Diese Einzelwerte kaufen wir aber nur an den Märkten, an denen wir uns auskennen. Wir wollen vornehmlich Vermögen schützen. Insbesondere dann, wenn die Märkte es einem schwer machen. Das können wir mit Zahlen belegen. Und deswegen öffnen wir uns nicht nur für neue Mitarbeiter, sondern auch für freie Vermögensverwalter, die unsere guten Produkte in ihre Portfolios kaufen können.
Apropos Vermögensverwalter: Mit welch anderen Anbietern wollen und müssen Sie sich messen?
Stodtmeister: Wir wollen erster Ansprechpartner für vermögende Familien, Stiftungen und Privatpersonen in und außerhalb der Region sein. Das Problem ist: Den Anspruch haben hier natürlich relativ viele Anbieter. Wir werden deshalb sicher nicht die Nummer 1 in Sachen Volumen, auch nicht Nachfolger von anderen regionalen Instituten, die sich vielleicht nach und nach vom Markt zurückgezogen haben. Unser Ziel ist im ersten Schritt, uns in diesem Wettbewerb klarer zu positionieren.
Über den Interviewten:
Philipp Stodtmeister ist seit dem 1. April 2023 Generalbevollmächtigter des Bankhauses Ellwanger & Geiger und verantwortet die Vermögensberatung und -verwaltung, das Kreditgeschäft sowie das Portfoliomanagement des Stuttgarter Instituts. Zudem soll er künftig in den Vorstand der Bank aufrücken. Stodtmeister arbeitete zuletzt für das Multi Family Office der Frankfurter Bankgesellschaft. Dort verantwortete er seit 2020 als Generalbevollmächtigter das deutschlandweite Immobiliengeschäft der Gruppe.