Philipp Schröder von 1Komma5° „Niklas passt perfekt zu uns“

Philipp Schröder

Philipp Schröder: Der Gründer des Cleantech-Start-ups 1Komma5° will in Zukunft Milliardenumsätze erwirtschaften. Foto: 1Komma5°

private banking magazin: 1Komma5° – so heißt das Startup, mit dem Sie vor einem Jahr gemeinsam mit weiteren Machern aus dem Private-Equity- beziehungsweise Venture Capital-Geschäft an den Start gegangen sind. Wie passen Private Equity, traditionelles Handwerk und Technologie zusammen?

Philipp Schröder: Das Geschäftsmodell ist praktisch die Quintessenz meiner letzten 15 Arbeitsjahre im Bereich Erneuerbare Energien mit Stationen bei Sonnen und Tesla. Ich habe die Entwicklung der Technologie-Komponenten miterlebt und mittlerweile ist es so, dass das Geld, der politische Wille und die Technologien da sind, um die Klimaziele auch im Gebäudesektor voranzutreiben. Aber es hakt bei der Umsetzung, irgendwer muss die Dekarbonisierung in der breiten Masse schließlich möglich machen und den Bereich standardisieren. Ohne massenhafte Skalierung wird das nicht funktionieren. 1Komma5° bringt innovatives Handwerk mit digitalisierter Technologie zusammen und bietet dem Kundinnnen und Kunden alles aus einem Guss, was sie brauchen, um ihr Haus klimaneutral zu heizen und mit Strom zu versorgen – Stromlieferung inklusive. Denn wir sind seit März dieses Jahres auch Stromanbieter. Kurzum: Wir sehen in der Symbiose von innovativem Handwerk und Automatisierung durch digitale Instrumente großes Potenzial.

Sie leisten in zweierlei Hinsicht Überzeugungsarbeit – zum einen bei Investoren und zum anderen bei Mittelständlern wie etwa Ibeko Solar, an denen Sie sich beteiligen. Welcher Part war bisher der einfachere und wo mussten Sie sich mehr ins Zeug legen?

Schröder: Die Unternehmer zu überzeugen ist definitiv der anspruchsvollere Part, denn sie verkaufen ja nur einmal. Bei ihnen muss erst Vertrauen aufgebaut werden – und zwar nicht nur in unser Unternehmen, sondern auch in ein neues Geschäftsmodell. Als Teil von 1Komma5° bieten die Betriebe zum Beispiel die Leistungen unseres virtuellen Kraftwerks im Paket an. Auf der Investorenseite hingegen können wir uns aussuchen, mit wem wir zusammenarbeiten. Dabei hilft uns, dass der Kapitalmarkt das Potenzial des Cleantech-Sektors angesichts der Gesamtlage aus gesellschaftlichem Konsens, der Klimaziele und der Wirtschaftlichkeit erkannt hat und mittlerweile überzeugt ist, dass da etwas Großes passiert.


Aus unserer Sicht werden die Cleantech-Unternehmen von heute langfristig die großen Ölkonzerne komplett verdrängen. So prognostiziert etwa der Geschäftsführer von Blackrock, dass die nächsten 1.000 Unicorns aus diesem Bereich kommen werden. Insgesamt wird das Marktpotenzial allein im europäischen Gebäudesegment in den nächsten 20 Jahren auf 3,5 Billionen Euro geschätzt. Da entsteht ein neuer Markt, der größer ist als der Automobilmarkt. Wer jetzt als Unternehmen abliefert, wird keine Probleme haben, Eigen- oder Fremdkapital zu beschaffen.

Welche Rolle spielen Private Equity und Venture Capital bei 1Komma5°?

Schröder: Wir gehen bei der Akquise profitabler Handwerksbetriebe nach typischen Private-Equity-Prinzipien vor, setzten also auf profitables Wachstum und Synergien von Tag eins an. Das grenzt uns von anderen Cleantech-Start-ups ab. Gleichzeitig bilden diese Beteiligungen den Brückenkopf, indem jede Solaranlage, Ladeinfrastruktur und Wärmepumpe, die wir installieren, gleich in unser Technologieangebot Heartbeat integriert wird, also die Vernetzung aller Systeme im virtuellen Kraftwerk. Das ist der Clou. Denn diese Systeme können wir so steuern, dass sie dann Strom laden, wenn dieser im Überfluss vorhanden ist und damit besonders günstig ist. Unser Private Equity senkt also das Risiko für den Technologie-Teil und umgekehrt. Unsere Investorenliste spiegelt diesen hybriden Ansatz wieder. Zur Hälfte bestehend aus Familien, die sich eher auf Private Equity fokussieren; zur anderen Hälfte bestehend aus Venture Capital-Investoren. Wir verbinden also das Beste aus beiden Welten.

„Wir haben uns für Investoren entschieden, die an einem enkelfähigen Geschäft interessiert sind.

Einem Businessinsider-Bericht zufolge haben Sie bei der ersten Finanzierungsrunde 40 Absagen verschickt, Sie konnten sich Ihre Partner also gezielt aussuchen. Wie sind Sie vorgegangen und welchen Stellenwert hatten Impact und Nachhaltigkeit dabei?

Schröder: Wir haben sämtliche Anfragen von Venture-Capital-Fonds abgelehnt, die fossiles Geld haben. Das wollen wir so beibehalten, solange wir unsere Investoren aussuchen können. Dazu muss man wissen, dass solche Fonds sehr aktiv sind. Big Oil ist der größte Cleantech-Investor in Deutschland, was ziemlich absurd ist. Geldgebern aus der so genannten Berlin-Bubble haben wir ebenfalls meist eine Absage erteilt. Das hat auch damit zu tun, dass wir gegenüber unseren Kunden und Mitarbeitern glaubwürdig sein wollen. Daher haben wir uns für Investoren entschieden, die an einem enkelfähigen Geschäft interessiert sind – um es mal mit den Worten der Familie Haniel zu sagen, die bei uns ebenso investiert ist wie zum Beispiel der Eigentümer der Parfümeriekette Douglas, Henning Kreke. Anderseits haben wir mit Porsche Ventures, Eurazeo und Ecapital echte und vor allem glaubwürdige Venture-Capital-Investoren aus Clean- und Deeptech an Bord. Unser neuester Zugang im Investorenkreis kommt aus Schweden – Niklas Adalberth, Ex-Geschäftsführer und Gründer von Klarna – er soll uns insbesondere bei der Expansion in den nordischen Ländern, aber auch bei der Entwicklung von Heartbeat helfen.