Interview mit Elmar Schobel „Langsam blickt die Finanzbranche nach vorn“

Elmar Schobel ist Partner bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG

Elmar Schobel ist Partner bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG Foto: Tom Hoenig

private banking magazin: Die KPMG-Studie „Investing in the future“ skizziert ausgehend von künftigen Megatrends die Zukunft der Finanzindustrie. Ist das derzeit überhaupt ein Thema unter den Branchen-Entscheidern?

Elmar Schobel: Man hat sich bisher intensiv mit der Aufarbeitung der Finanzmarktkrise und mit der Umsetzung der zahlreichen regulatorischen Vorgaben beschäftigt. Erst jetzt fangen einzelne Branchenteilnehmer an, den Blick in die Zukunft zu richten. Und gemeint ist damit nicht die mittelfristige Budget-Planung, sondern eine zukunftsgewandte Strategieplanung. Man hat wieder Zutrauen und wagt den Blick nach vorne. Um diese langfristigen Entwicklungstrends der Finanzbranche geht es auch in der KPMG-Studie.

Hat die Branche denn überhaupt verstanden, dass sie sich stellenweise grundlegend verändern muss?

Ja, durchaus. Die Finanzindustrie hat sich intensiv mit ihren Fehlentwicklungen auseinandergesetzt und auch Schlussfolgerungen gezogen. Zusätzlichen Druck gab und gibt es von den Gesetzgebern. Deren Ziel ist ein besserer Anlegerschutz und mehr Transparenz. Ich wage zu behaupten, dass es aber auch ohne Regulierung ganz automatisch zu mehr Transparenz kommen wird. Die fortschreitende Digitalisierung unserer Welt wird die Regeln – auch die der Finanzindustrie – neu definieren.

Gibt es einen Grund für das zurückkehrende Selbstvertrauen der Branche?

Das Selbstvertrauen nimmt wieder zu, weil die Chancen gerade im Asset Management groß sind. Auch, weil Banken weiterhin ihre Risikoquoten zurückführen müssen. Am Ende bleibt es jedoch dabei, dass die Industrie ihren zentralen Dienstleistungen, dem Erwirtschaften von Alpha und dem Kapitalerhalt, nach kommen muss. Was noch fehlt, ist der Druck zur Veränderung.

Die Ertragsströme der Vermögensverwalter sind meist an die Höhe der Assets under Management gekoppelt. Die hohen Wertpapier-Bewertungen der jüngsten Zeit helfen der Branche also enorm. Zwar spielen einige Verantwortliche künftige Szenarien durch. Sie fragen sich unter anderem, was eigentlich passiert, wenn die Zinswende kommt.

Wann kommt sie, wie schnell kommt sie, und wie wirkt sie sich auf die Bewertungen aus? Aber wenige beschäftigen sich wirklich intensiv mit den Folgen dieser möglichen Drucksituation auf die Gewinnmargen und das eigene Geschäftsmodell.

Was verursachen die Regulierungen im Geschäftsmodell der deutschen Banken?

Ziel der verschiedenen Regulierungen im Finanzbereich ist die Stabilisierung des Systems. Ein Lehman-Brothers-Fall soll nicht wieder vorkommen. Allerdings hat das seinen Preis. Die Finanzinstitute müssen nicht nur Einbußen bei ehemals lukrativen Geschäftsfeldern verkraften, sondern auch höhere Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen erfüllen. Diese indirekten Kosten kommen zu den direkten hinzu: Geschätzt sind es dadurch ingesamt 9 Milliarden Euro jährlich.

Effekt auf die jeweiligen Bankgeschäfte


Quelle: KPGM 2013


In welchem Banksegment gibt es bis 2015 das größte Wachstumspotential?


Quelle: KPGM 2013


Kosten der Regulierung in Deutschland

Sie sind neugierig aufs Private Banking?

Wir auch. Abonnieren Sie unseren Newsletter „pbm daily“. Wir versorgen Sie vier Tage die Woche mit aktuellen Nachrichten und exklusiven Personalien aus der Welt des Private Bankings.


Quelle: Bundesbank 2013

Woher wird der Druck kommen?

Zum einen durch die massiv gestiegenen Regulierungskosten. Wenn dann andererseits die Erträge abschmelzen, haben wir das typische Margen-Problem.

Dürfte das Anreiz sein, innovative Wege im Geschäftsmodell zu gehen?

Damit Innovation überhaupt entsteht, muss es in den Unternehmen eine Kultur geben, die Innovatives fördert. Zusätzlich braucht es Druck und Veränderungswillen. Nur dann sind Menschen und Unternehmen bereit, sich anzupassen und zu verändern. Diesbezüglich ist es interessant, dass es viele Häuser aus dem Wealth Management meiden zu sagen, dass sie alte Kunden haben. Stattdessen sprechen sie von älteren Kunden.

Damit drücken sie letztendlich aus, dass sie selbst in zehn Jahren noch keine Probleme bei ihrem Kundenstamm sehen. Sie blenden einfach aus, dass die aktuelle Kunden-Generation, um die sich heutige Geschäftsmodelle drehen, irgendwann durch eine jüngere Generation ersetzt wird. Und diese sogenannte Generation Y tickt anders. Die Verantwortlichen müssten sich fragen, inwiefern das Verhalten ihrer Kunden von morgen anders ist als das der jetzigen Kundschaft.