Interview mit Volker Kurr von LGIM „Wir nehmen unser Stimmrecht sehr ernst, um Einfluss auf Unternehmen auszuüben“

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Last but not least: im indischen Gesellschaftssystem gibt es, wie in allen Staaten, zweifelsohne kritische Aspekte, aber es ist die größte Demokratie unter den Schwellenländern – ein unter ESG-Gesichtspunkten in der heutigen Welt immer wertvolleres Gut.

Was plant LGIM noch in Indien?

Kurr: Indien ist ein wichtiger Markt. Außer durch den L&G India INR Government Bond UCITS ETF können Anleger auch über unsere Schwellenländerfonds in das Land investieren. Da sich Indien auf dem Weg zur Aufnahme in die wichtigsten festverzinslichen Indizes befindet, würde dies auch den Zugang über aktiv gemanagte Schwellenländer-Anleihefonds ermöglichen. Wir beobachten daher die Entwicklung dieses Marktes genau, um in Zukunft möglicherweise weitere Anlagestrategien zu entwickeln.

Die Korruption ist ein großes Problem in Indien, wie schätzen Sie diese ein?

Kurr: Laut dem Korruptionskontrollindex der Weltbank gilt: Je reicher ein Land ist, desto besser die Korruptionskontrolle. Mit einem sehr geringen Leistungsbilanzdefizit und größeren Devisenreserven scheint Indien im Vergleich zu anderen Schwellenländern eher weniger anfällig. Dies zeigt auch der Corruption Perception Index 2021 von Transparency International.

Eignet sich Indien in Ihren Augen auch für beispielsweise Private-Debt-Investitionen und ist LGIM dort in den Private Markets engagiert?

Kurr: Für Anleiheinvestoren war Indien bis vor Kurzem einer der am schwersten zugänglichen Märkte weltweit. Wir haben uns für eine passive Anlagelösung entschieden, da diese ein effizientes, liquides und reguliertes Engagement ermöglicht.


Durch die UCITS-Struktur erhalten Anleger Zugang zu indischen Staatsanleihen, ohne sich mit der Währung befassen oder einen Steuerberater oder einen lokalen Makler beauftragen zu müssen. Der ETF wird sowohl auf dem Primär- als auch auf dem Sekundärmarkt gehandelt und kann dadurch auch in Zeiten von Marktstress erhebliche Liquidität bieten. Private Debt Investitionen in Indien sind für ausländische Investoren nicht üblich.

Wie geht es Indien mit der Pandemie?

Kurr: Indien hat inzwischen die dritte Covid-Welle überstanden. Viele Inder haben bereits eine Infektion durchgemacht und 70 Prozent mindestens eine Impfdosis erhalten. Die Bevölkerung Indiens ist außerdem mit einem durchschnittlichen Alter von circa 28 Jahren jung. Selbst wenn die Anzahl der Covid-Todesfälle deutlich unterschätzt werden sollte, verlaufen doch Infektionen in Indien seltener tödlich als in vielen anderen Ländern. Von zukünftigen Wellen erwarten wir daher keine großen wirtschaftlichen Auswirkungen.

Sie verantworten seit 2017 das institutionelle Geschäft von LGIM in Europa. Wie hat sich das Geschäft verändert, wo stehen Sie heute und wo wollen sie hin?

Kurr: Seither haben wir unser Geschäft in Europa ausgebaut. Dazu beigetragen haben im Wesentlichen die Track Records in unseren aktiven Credit-Strategien, wie Euro Investment Grade, Global High Yield und Emerging Market Debt, sowie unsere Indexstrategien (Pragmatic Indexing). LGIM ist der größte nicht-amerikanische institutionelle Indexmanager. Wir verzeichnen zudem eine starke Nachfrage im Bereich ESG Investments. Hier sind die nordischen und niederländischen institutionellen Investoren bereits führend, und wir machen diese Expertise auch unseren deutschen Investoren zugänglich.