private banking magazin: Wie erklärt man einem Family Officer die Blockchain?
Sebastian Borek: Wir haben mit zig Family Offices gesprochen. Nur wenige Family Officer haben sofort verstanden, was wir begeistert von der Blockchain erzählt haben. Wir haben dann unsere Strategie verändert und für Ethereum einfach den Discounted Cashflow berechnet. Das hilft beim Verständnis ungemein. Wer Ethereum als Software begreift, dessen Einkommen sich aus den Gebühren der Nutzer ergibt, versteht auch das Geschäftsmodell.
Gilt das auch für Vermögensträger?
Borek: Das kann funktionieren, muss es aber nicht. Mein Vater, selbst Unternehmer, versteht aber natürlich Zinszahlungen und dass sie Vorteile haben. Wenn sie verstehen, das sie mit Staking quasi Blockchain-Zinsen erhalten können, dann verstehen sie auch das Thema besser. Insofern gibt es verschiedene Strategien, die aber ihre Zeit brauchen. Im Family Office unserer Familie haben wir aber erst vor einem Jahr Bitcoins gekauft. Und auch nur, weil mein Vater einen Podcast eines Philosophen gehört hat, der ihn überzeugt hat. Vielleicht hat meine jahrelange Überzeugungsarbeit aber auch geholfen (lacht).
„Sowohl jüngere Vermögensträger als auch deren Family Officer kennen sich tendenziell besser mit der Anlageklasse aus als der Rest“
Aber: Passen Blockchain-Investments überhaupt zu auf Vermögenserhalt ausgerichteten, unternehmerisch geprägten Familienvermögen?
Borek: Klar ist: Family Offices aus konservativen Unternehmerfamilien müssen und wollen nicht jeden Trend als erstes entdecken. Deswegen ist Blockchain auch eher noch ein Thema ambitionierterer Family Offices oder der jüngeren Generation. Sowohl jüngere Vermögensträger als auch deren Family Officer kennen sich tendenziell besser mit der Anlageklasse aus als der Rest. Zum anderen merken auch ältere Generationen, dass es eine ernstzunehmende Anlageklasse ist. Dazu hat sicherlich auch beigetragen, dass Blackrock inzwischen entsprechende Produkte anbietet. Aber: Sowohl die Vermögensträger als auch deren Family Officer verorten die Anlageklasse im Portfolio als Risikokapital.
Zurecht?
Borek: Mit Blick auf Volatilität, aber auch mögliche Renditen: Auf jeden Fall. Aber es sind ja auch inhaltliche Vorbehalte. Ich komme aus einer sehr konservativen Unternehmerfamilie, kenne also die Reflexe. Als Anfang der 2000er Jahre das Internet in den Fokus der Investoren rückte, war mein Vater genauso kritisch: Ist das überhaupt seriös? Wo sind Anwendungsfälle und wo lässt sich damit Geld verdienen? Kann ich nicht lieber auf bewährtere Geschäftsmodelle setzen? Damals wie heute gilt: Vor dem Investmentauftrag haben wir oft erst einen Bildungsauftrag.
Dann führen Sie den gerne aus: Wo finden sich neben Dogecoins und Spaß-Tokens denn sinnvolle Investments?
Borek: Mit dem ersten Fonds haben wir 2017 gemeinsam mit einem Single Family Office in die Infrastruktur der Blockchain investiert: strukturiert als GmbH & Co. KG und damit als Alternativer Investmentfonds, klassische Buy-and-hold-Strategie über drei Jahre hinweg. Inzwischen ist der Markt groß genug, um verschiedene Themen wie künstliche Intelligenz, Gaming oder Tokenisierung abzudecken. Nur als Beispiel: Allein für die Tokenisierung gibt es mehrere hundert interessante Blockchain-Infrastrukturprojekte, bei 100 Projekten schon signifikantes Kapital und interessante Teams. Diese Projekte teilen ihr Kapital dann nicht mehr nur auf klassische Unternehmensanteile, sondern auch auf Tokens auf – in die wir dann gemeinsam mit Family Offices und über mehrere Spezialfonds aktiv investieren.
Im Venture-Capital-Markt sind Bewertungen für junge Projekte und Unternehmen zuletzt deutlich zurückgekommen. Merkt man davon etwas auf der Blockchain?
Borek: Das muss man differenziert betrachten. Denn: Die Blockchain ist für Analysten eigentlich ein Eldorado, weil es so viele öffentlich einsehbare Daten gibt. Analysieren kann man pro Blockchain, wie viele Nutzer es gibt, wie hoch das Volumen der Werte ist und wie hoch die durchschnittlichen Gebühren sind. Dazu kommen weichere Faktoren wie die Qualität der Entwickler, die bei den Projekten arbeiten. Einflussfaktoren wie das Halving des Bitcoin beeinflussen dagegen den gesamten Markt. Etabliertere Blockchain-Projekte steigen und fallen mäßig mit dem Markt, riskantere Projekte dafür um ein Vielfaches. Um zurück zu den Unternehmungen zu kommen: Von den 25.000 auf Blockchain öffentlich gelisteten Projekten werden 95 Prozent verschwinden. Gleichzeitig sind sie als Ideengeber enorm wichtig.