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Interview mit Michael Hasenstab „In Indien hat sich viel getan“

Michael Hasenstab, Chef der Templeton Global Macro Group

Herr Hasenstab, unter der neuen Regierung von Premier Narendra Modi in Indien sind bereits viele Reformen auf den Weg gebracht worden. Wie bewerten Sie die Ereignisse?

Michael Hasenstab: Für Indien hat eine spannende Zeit begonnen. Einige bislang beispiellose Strukturreformen wurden umgesetzt, die langfristige positive Auswirkungen haben werden und für das Land von historischer Tragweite sind.

So wurde die Steuergesetzgebung überarbeitet und die Einführung einer Mehrwertsteuer beschlossen, wodurch mittelfristig die Steuererhebung effizienter wird und wovon wahrscheinlich auch die Staatskasse profitiert.

In diesem Zusammenhang ist auch die überraschende Abschaffung der alten 500- und 1000-Rupien-Scheine im November 2016 zu sehen?

Hasenstab: Bei diesen Banknoten handelte es sich um die gängigsten Zahlungsmittel in Indien. Die am weitesten verbreiteten Banknoten im Wert von umgerechnet 8 beziehungsweise 16 Euro wurden aus dem Verkehr gezogen und anschließend neu aufgelegt. Nur bis Ende Dezember 2016 konnten die alten Scheine dann bei Banken umgetauscht werden – gegen Vorlage eines Personalausweises. Neue 500-Rupien-Scheine sowie 2.000-Rupien-Scheine, die die alten Tausender ersetzen, wurden in Umlauf gebracht. Diese überraschende Maßnahme hat dazu geführt, dass viele liquide Mittel, die im informellen Sektor im Umlauf waren, jetzt im Bankensystem formell erfasst sind. Damit sind die Geldflüsse leichter zu überwachen und das Steuersystem wird gerechter und effizienter.

Hintergrund war aber auch die Eindämmung von Korruption und Schattenwirtschaft, oder?

Hasenstab: Der Schattenwirtschaft und illegalen Geschäften konnte zugleich ein ziemlich heftiger Schlag versetzt werden. Ich finde, das ist eine großartige Verbesserung. Hinzu kommt: In jüngster Zeit haben wir die Einführung neuer Insolvenzgesetze erlebt, um der großen Häufung an notleidenden Vermögenswerten im Bankensystem beizukommen. Die Regierung Modi setzt sich entschieden für die Haushaltsdisziplin ein.

Und nicht zu vergessen: Indien hat mit Urjit Patel einen neuen Zentralbankgouverneur, dem die gezielte Inflationssteuerung ein Anliegen ist. Seine Geldpolitik wird entscheidend dazu beitragen, den althergebrachten Kreislauf der Phasen hoher Inflation in Indien, der ziemlich destabilisierend sein kann, aufzubrechen.