Interview mit Heiko Schlag, Deutschlandchef von Julius Bär „Unser Wachstum ist nicht abhängig von Neueinstellungen“

Heiko Schlag von Julius Bär

Heiko Schlag von Julius Bär: Hier spricht der Deutschlandchef der Bank bei einer Eröffnungsveranstaltung im Februar 2020 in der Schweizerischen Botschaft in Berlin mit dem Botschafter und Raymond Bär, Ehrenpräsident von Julius Bär. Foto: Julius Bär

private banking magazin: Julius Bär Deutschland erzielte 2021 einen Nettogewinn von rund 22 Millionen Euro. Was waren wesentliche Ertragstreiber?

Heiko Schlag: Bereits in den vergangenen Jahren sind wir nachhaltig profitabel gewachsen. 2021 konnten wir im Vergleich zum Vorjahr unseren Gewinn sogar verdreifachen. Die Ertragstreiber? Wir haben eine schlanke Struktur und sind sehr kundenzentriert. Das spüren die Interessentinnen und Interessenten, die sich nach einem Wealth-Management-Anbieter umsehen. Schon seit vielen Jahren können wir im Durchschnitt pro Jahr 600 bis 700 Neukunden bei uns begrüßen. Zudem bleiben die Kundinnen und Kunden, die sich für Julius Bär entschieden haben, meist über Generationen und stocken ihr Vermögen bei uns weiter auf oder empfehlen uns weiter. Damit konnten wir auch im vergangenen Jahr eine Ertragssteigerung von 30 Prozent und einen Netto-Neugeld-Zufluss von rund 1,5 Milliarden Euro verzeichnen.

Wie stellen Sie sicher, dass sich das Ergebnis dieses Jahr wiederholt?

Schlag: Angesichts des Krieges in der Ukraine und der damit verbundenen geopolitischen Unsicherheiten ist die Ausgangssituation 2022 sicher eine andere. Dennoch sind wir zuversichtlich, dass unser Geschäftsmodell als fokussierter Wealth-Management-Anbieter auch und gerade vor diesem Hintergrund seine Stärken unter Beweis stellen wird. Heute dominiert eindeutig die Nachfrage nach globalen Aktienlösungen. All unseren Kundinnen und Kunden, egal ob Unternehmerinnen, Freiberufler, Stiftungen, Family Offices, vermögende Privatkunden oder kirchlichen Institutionen, ist eigen, dass sie ihre Aktienquote in den letzten Jahren ausgeweitet haben.

„Unsere Kundinnen und Kunden haben oftmals einen unternehmerischen Hintergrund und möchten ihrer Beraterin oder ihrem Berater auf Augenhöhe begegnen.

Offenbar ist dies etwas, das man uns als spezialisiertem Anbieter eher zutraut. So konnten wir bereits in den ersten drei Monaten 2022 knapp 700 Millionen Euro Netto-Neugeld erzielen. Wir haben in der Vergangenheit aber auch diverse Investitionen, zum Beispiel in unsere Marktpräsenz oder unser Angebot, getätigt, um die Zufriedenheit unserer Kundinnen und Kunden kontinuierlich zu erhöhen. In unserer jährlichen Kundenumfrage gaben zuletzt über 99 Prozent der Befragten an, dass sie mit unserer Beratung zufrieden beziehungsweise sehr zufrieden sind. Ein guter Ausgangspunkt, um uns weiter zu verbessern und so auch weiter zu wachsen.

Worin liegen aktuell und künftig die größten Herausforderungen für das deutsche Private-Banking-Geschäft der Bank?

Schlag: Wir möchten gerne weiterhin nachhaltig wachsen. Dies gelingt uns durch talentierte Beraterinnen und Berater. Und hier sehe ich einen Engpass. Viele Kolleginnen und Kollegen in der Branche wurden in den vergangenen Jahren zunehmend für den Produktverkauf ausgebildet. Wir suchen Menschen mit Expertise, Empathie und Engagement. Mit Engagement meine ich nicht nur den täglichen Einsatz, sondern eine Haltung. Unser übergeordnetes Ziel ist es, Mehrwert zu schaffen, der über das Finanzielle hinausgeht. Zudem stehen unsere Kundinnen und Kunden im Zentrum unseres Denkens und Handelns. Dabei berücksichtigen wir, was für sie wirklich wichtig ist – geschäftlich und privat, heute und für zukünftige Generationen. Dies müssen unsere Beraterinnen und Berater zu jeder Zeit kompromisslos im Blick behalten. Extrem wichtig ist für uns zudem eine selbstständige und unternehmerische Denkweise. Nicht nur für unsere Bank, sondern auch für unsere Kundinnen und Kunden, die oftmals einen unternehmerischen Hintergrund haben und ihrer Beraterin oder ihrem Berater auf Augenhöhe begegnen möchten.


Mehr Neukunden! Mehr Berater? Wie sehen die Einstellungspläne von Julius Bär Deutschland 2022 aus, wird es neue Standorte geben?

Schlag: Ich würde gerne eine andere Gleichung aufstellen. Unser Wachstum ist nicht abhängig von Neueinstellungen. Seit vielen Jahren tragen die langjährigen Beraterkolleginnen und -kollegen mit einem Anteil von über 90 Prozent zum Netto-Neugeld-Zufluss bei. Gleichwohl haben wir in diesem Jahr bereits Berater eingestellt und weitere werden kommen. Unser Einstellungsplan 2022 gleicht dem der Vorjahre: Wir stellen immer dann neue Beraterinnen und Berater ein, wenn diese zu uns und unserer Kultur passen. Genauso gehen wir mit der Erweiterung unserer Standorte vor. Nur wenn diese nachhaltig in unsere Strategie passen und das Team unsere Kultur tragen kann, werden wir uns vergrößern. Übrigens: In vielen anderen Fachabteilungen, wie etwa im Portfoliomanagement oder in der Kredit- und Personalabteilung, haben wir in diesem Jahr ebenfalls bereits Einstellungen vorgenommen.