Gutes Personal ist gerade sehr gefragt. Kann man als junges Unternehmen mit den Etablierten mithalten?
Cimen: Es kommen oft die klassischen Fragen nach der Stabilität, der Zukunft und der Ausfinanzierung des Unternehmens. Das sind aber Themen, die wir immer positiv beantworten können. Daher haben wir es geschafft, ein sehr gutes Team zusammenstellen. Besonders in der Beratung und dem Investmentbereich sind wir ein attraktiver Arbeitgeber und auch im Technologiebereich machen wir Fortschritte. Die letzten 12 Monate sind wir personell stark gewachsen. Außerdem haben wir gelernt, dass Mitarbeiterentwicklung eine große Rolle spielt, damit wir neue Talente finden. Wir sind also schon ziemlich stolz auf das Erreichte.
Sehen Ihre Kunden das genauso?
Cimen: Wir binden sie systematisch ein. Alleine das freut viele Kunden – normalerweise kennen sie aus der Finanzdienstleistungsbranche nicht, dass sie nach Verbesserungen oder Wünschen gefragt werden. Mit einigen Kunden haben wir zusätzlich detailliertere Jahresgespräche geführt und alle haben uns versichert, dass sie ihre Entscheidung für Finvia heute genauso treffen würden. Natürlich gab es aber auch Verbesserungsvorschläge.
„Wer es nicht schafft, den Kunden jederzeit einzubinden und Prozesse digital zu skalieren, der hat in der Branche langfristig einen schweren Stand.“
Nämlich?
Cimen: Das eine Thema der Rückmeldungen war Nachhaltigkeit bei Investments. Allerdings nicht auf der liquiden Seite - das bieten wir bereits an, sondern viel mehr bei Private-Equity-Investments. Da sind Investoren näher dran und können direkter einen Impact erfahren. Deshalb wollen wir voraussichtlich ab Sommer eine entsprechende Kampagne starten. Das zweite Thema, das den Kunden ebenfalls wichtig war, sind Direktinvestments. Da arbeiten wir mit unseren Investoren an detaillierten Konzepten. An der Grundvision von Finvia ändern wir übrigens nichts.
Apropos Grundvision: Sie haben sich vor allem auch Digitalisierung auf die Fahnen geschrieben. Reicht das, um sich am Markt zu differenzieren?
Cimen: Unsere These ist: Wer es nicht schafft, den Kunden jederzeit einzubinden und Prozesse digital zu skalieren, der hat in der Branche langfristig einen schweren Stand. Daneben ist aber natürlich die persönliche Betreuung – also Mensch zu Mensch – elementar. Denn selbst wenn die Beratung bei Investments noch so gut ist, zählt es vor allem, dass man mit den Kunden kommuniziert. Das ist aktuell wichtiger denn je, wenn wir uns tragische Situationen wie die Ukraine-Krise anschauen, die viele Anleger verunsichert. Das weiß natürlich auch die Konkurrenz, sogar Banken investieren hier kräftig.
Wie lassen sich in einem so umkämpften Markt noch genügend Mandate gewinnen?
Cimen: Für die angesprochenen Banken ist es etwa eine smarte Lösung, die Betreuung vermögender Kunden enger mit dem Firmenkundengeschäft zu verweben. Generell ist es aber eine gute Zeit für Akteure, die vor allem die Beratung ihrer Kunden in den Vordergrund stellen. Wenn die Märkte volatil und die geopolitische Lage unklar sind, braucht es nämlich Expertise und Betreuung.
Viele Familien holen sich diese Expertise aber inzwischen direkt. Die Zahl der Single Family Offices steigt seit Jahren…
Cimen: Das beobachten wir natürlich auch. Die Single Family Offices werden immer professioneller, es werden gute Strukturen aufgebaut und professionelle Mitarbeiter eingestellt. Aber auch für Single Family Offices sind wir ein gefragter Partner, wenn es um Kooperationen, Austausch von Research und Investment-Lösungen geht.