Interview mit Frank Oliver Paschen „Jede Pensionskasse muss etwas auf der Passivseite tun“

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An dem Niedrigzins hat sich nichts geändert und wird sich auf Jahre vermutlich nichts ändern. Wie reagieren Sie darauf?

Paschen: Wir legen schon seit 2013 nicht mehr in festverzinslichen Wertpapieren im Direktbestand an. Bildlich gesprochen ist der Tresor leer. Stattdessen haben wir beispielsweise seit Jahren ein größeres globales Fixed-Income-Mandat im Rahmen unseres Spezial-AIFs laufen, welches uns viel Freude bereitet und auf die entsprechenden Marktphasen reagieren kann, sei es im Bereich der Währungen, der Emerging Markets, der Veränderung von Quoten zwischen Government Bonds und Corporate Bonds et cetera.

Allzu viele Gleichgesinnte werden Sie nicht finden.

Paschen: Viele Pensionskassen haben unseres Erachtens diesen Trend verpasst. Die durchschnittliche deutsche Pensionskasse hat noch heute einen Bestand von 40 bis 50 Prozent des Gesamtportfolios in festverzinslichen Wertpapieren investiert und ist nun angesichts der häufigen Fälligkeiten gezwungen, unter Beachtung von Anlageverordnung und Marktgegebenheiten massiv umzuschichten. Das stellt viele vor Probleme, denn es laufen ja Schuldscheine mit Kupons über 4 oder 5 Prozent Verzinsung aus. Im Bereich der Festverzinslichen kann man heute nur noch durch aktives Managen und damit über Fonds-Lösungen bei überschaubarem Risiko eine auskömmliche Rendite erwirtschaften.

Versuchen Sie, mit niedrigeren Renditen auszukommen, um die Anlagerisiken nicht überzustrapazieren?

Paschen: Die Bäume wachsen bekanntlich nicht in den Himmel und die durch die Zentralbanken massiv gefluteten Märkte werden noch lange für ein Niedrigstzinsszenario sorgen. So ist jede Pensionskasse über die regulatorischen Vorgaben der Bafin hinaus gefordert, auf der Passivseite etwas zu tun, um das durchschnittliche Rechnungszinserfordernis abzusenken, aber auch die Kapitalanlage selbst so zu optimieren, dass sie auskömmliche Renditen erwirtschaften kann. Wir sind da nicht bange, haben einen für uns sehr passenden Anlagemix mit überdurchschnittlichem Aktien-, Edelmetall- und Immobilien-Anteil gefunden und sehen uns auch zukünftig in der Lage, eine angemessene Rendite zu erwirtschaften.

Werden Sie in diesem Jahr voraussichtlich stille Reserven heben, um damit Renditeeinbußen auszugleichen?

Paschen: Wir haben – Stand heute – durch die Corona-Krise keinerlei Renditeeinbußen erlitten und planen nicht stille Reserven zu heben. Dieses Mittel wäre uns allerdings problemlos gegeben, sollte es wider Erwarten doch noch zu einer zweiten Welle mit erneuten massiven Verwerfungen an den Kapitalmärkten kommen.

 


Über den Interviewten:
Frank Oliver Paschen ist seit August 2018 als Mitglied des Vorstandes der Pensionskasse der Hamburger Hochbahn Aktiengesellschaft tätig. Beim Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit verantwortet er unter anderem die Kapitalanlage, das Reporting/Controlling sowie die Bereiche IT und Recht. Von Januar 2010 bis Juli 2018 war Paschen als Vorstandsvorsitzender der ältesten überbetrieblichen Pensionskasse Deutschlands, der Dresdener Pensionskasse VVaG in Kulmbach tätig, die über 400 zumeist mittelständische Unternehmen zu ihren Mitgliedern zählt.

 

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