Evgeny Zasorin von Othis „Dem Private-Banking-Sektor in Europa mangelt es an Raffinesse“

Evgeny Zasorin

Evgeny Zasorin ist Mitgründer von Othis: „Die Personalisierung im heutigen Private Banking ist vor allem ein Marketing-Schlagwort.“ Foto: Othis

private banking magazin: Am Private-Banking-Markt gibt es schon diverse Anbieter für Softwarelösungen. Warum haben Sie Othis gegründet?

Evgeny Zasorin: Derzeit finden massive Verschiebungen statt, welche in der Finanzbranche ausgezeichnete Möglichkeiten für neue Lösungen bieten. In den technologiebezogenen Sektoren wird mehr Geld verdient und in Europa findet ein Vermögenstransfer von 3,5 Billionen US-Dollar statt, dies verändert auch den Typus des Private-Banking-Kunden. Die „Next Generation“ dieser Kunden ist global vernetzt, risikobereit und komplett digital. Während die Auswirkungen auf die Branche aktuell noch nicht für alle unmittelbar spürbar sind, werden wir bereits in den nächsten fünf Jahren eine massive Verschiebung der Kundenerwartungen erleben. 

Wie sehen diese Verschiebungen aus? 

Zasorin: Die meisten Innovationen beschränkten sich bisher auf den Privatkundenbereich. Dort revolutionierten Fintech-Unternehmen die Branche mit einfachen und benutzerfreundlichen Apps, die teils komplexen und schwerfälligen Handelsplattformen ersetzten. Dazu mit Gebühren, die nur einen Bruchteil des vorherigen Niveaus ausmachten. Bei der wohlhabenden und HNWI-Kundschaft hat ebenfalls eine starke Demokratisierung stattgefunden, verschiedene Investitionsplattformen bieten hier direkten Zugang zu alternativen Investments und auch das „Fund-of-Fund“ Modell erlebt eine Renaissance.

„Viele Anleger haben Probleme mit dem wichtigsten Element des Investierens, nämlich dem eigenen Portfoliomanagement“

Die Innovation in der Branche beschränkt sich jedoch weitgehend auf das Handeln mit Vermögenswerten. Viele Anleger haben aber weiterhin Probleme mit dem wichtigsten Element des Investierens, nämlich dem eigenen Portfoliomanagement.

Und hier will Othis ansetzen? 

Zasorin: Die Personalisierung im heutigen Private Banking ist vor allem ein Marketing-Schlagwort. Die meisten „maßgeschneiderten“ Portfolios sind Lösungen von der Stange in einer schicken Verpackung. Institutionelle Anleger verfügen über die gesamte Bandbreite an Werkzeugen, um mit allgemeinen Herausforderungen wie dem Klumpenrisiko umzugehen. Diesen Luxus haben Privatanleger oft nicht. Infolgedessen werden alle Vorteile einer vereinfachten Veranlagung durch fehlende systematischer Anlageentscheidungsprozesse und Portfolioüberwachung schnell zunichte gemacht.

Wir sind fest davon überzeugt, dass Technologie inzwischen so weit ist, dass sie für alle Kunden fein abgestimmte, hochgradig personalisierte Portfolios ermöglicht. Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen ermöglichen mittlerweile eine vermögensübergreifende Analyse, die sowohl Public- als auch Private-Markets umfasst – dies war bisher nicht möglich.

Bleibt die Eingangsfrage: Wie unterscheidet sich das Angebot von Othis vom Markt? Personalisierte Lösungen schreiben sich ja viele Unternehmen auf die Fahne...

Zasorin: Dem heutigen Private-Banking-Sektor in Europa mangelt es an der dringend benötigten Raffinesse, und daher ist es unser Ziel, die Fähigkeiten institutioneller Investoren auch für Private-Banking-Kunden verfügbar zu machen.

Im Mittelpunkt unserer Innovationen stehen ausgefeilte Portfolio- und Marktanalyse-Tools, die auf unserer eigenen quantitativen Forschung basieren. Unsere Tools sind robust und replizieren, was Investoren auf einem professionellen Trading Desk in einem quantitativen Hedgefonds sehen würden.

Mit diesen Tools wollen wir Investoren dabei helfen, häufige Herausforderungen bei Investitionen zu bewältigen, wie zum Beispiel Diversifikationsanalysen und Klumpenrisiken. Im Wesentlichen erklären wir, was die Renditen in den Portfolios der Kunden wirklich antreibt. Wir helfen dabei, Befangenheiten aufzudecken, die die Performance beeinträchtigen, und zeigen die Auswirkungen verschiedener Marktregime auf. Mit Othis können Kunden das Rätselraten bei Allokationsentscheidungen vermeiden.