Herr Bieberbach, Herr Schreiber, die vergangenen Jahre waren auch und insbesondere für Energie-Manager sehr fordernd, welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Florian Bieberbach: Das Thema Resilienz ist viel stärker ins Bewusstsein getreten - bei allen Energiemanagern. Es ist jedem in Deutschland bewusst geworden, wie verletzlich die Energieversorgung war und in Teilen noch immer ist. Die stabile Energieversorgung hat nun bei allen Planungen eine höhere Bedeutung.
Gibt es weitere Veränderungen mit Blick auf die Zukunft?
Bieberbach: Für uns als SWM ist eine ganz wesentliche Konsequenz aus den Krisen, dass wir stärker in verschiedenen Szenarien denken müssen. Bislang hatten wir eine Zukunfts- und Wirtschaftsplanung der wir folgten. Das reicht nicht aus, das war naiv, das wissen wir heute. Drei Zukunftsplanungen werden notwendig sein, um auf überraschende Wendungen der Rahmenbedingungen vorbereitet zu sein.
Wie war die ursprüngliche Planung konzipiert und wie werden die dazu kommenden aussehen?
Bieberbach: Der Blickpunkt lag ausschließlich darauf, Schritt für Schritt Klimaneutralität herzustellen, auf Basis der langen Jahre gewohnten Rahmenbedingungen. Dazu gekommen sind Strategien zu einer längeren Krise öffentlicher Haushalte, Cyber-Angriffen und weiteren Krisenszenarien, die eintreten und die Versorgungssicherheit gefährden können. Ich spreche da auch von Angriffen auf die Energieinfrastruktur.
Inwieweit haben Sie diesbezüglich personell aufgebaut?
Bieberbach: Wir haben uns verstärkt, um unsere Verteidigungsfähigkeit zu stärken, sowohl gegen Cyber- als auch gegen physische Angriffe. Zudem müssen wir uns aufmögliche politischeSzenarien vorbereiten.
Was meinen Sie konkret?
Bieberbach: Sich möglicherweise verschiebende politische Prioritäten, auf europäischer Ebene. Es deutet sich an, dass Verteidigungsfragen auch hier wichtiger werden und Klimaschutz möglicherweise depriorisiert wird. Welche Auswirkungen das für Energieversorger haben wird, ist nicht vollkommen klar. Aber es wird Auswirkungen haben und wir wollen vorbereitet sein.
Bei ihrem ursprünglichen Ziel, nämlich sauberen Strom zu produzieren, kommt Herr Schreiber ins Spiel. SWM und CEE arbeiten seit vielen Jahren zusammen…
Detlef Schreiber: Was bei dem Thema sauberer Strom aus Sicht eines Asset Managers interessant ist, sind die in den vergangenen zwei bis drei Jahren durch die geopolitischen Unsicherheiten entstandenen Preis-Volatilitäten am Strommarkt. Wir haben von den höheren Strompreisen profitiert, haben moderat geplant und dementsprechend mehr erwirtschaftet. Auf der anderen Seite haben wir steigende Kapitalkosten, die wiederum mehrere Auswirkungen haben.
Welche sind die in ihren Augen gravierendsten Auswirkungen?
Schreiber: Zum einen sind wir bei unseren Investitionen auf Fremdfinanzierungen angewiesen, da wir ein hohes Investitionsvolumen haben. 200 bis 300 Basispunkte mehr, wirken sich auf die Eigenkapitalrendite aus. Eine Preisanpassung im Markt war dadurch notwendig. Preise für Assets mussten sinken, um den Zinsnachteil auszugleichen.
Das war ein herausfordernder Prozess. Auf der anderen Seite müssen wir institutionelles Kapital in unseren Fonds bündeln. Unsere Ansprechpartner mussten ebenfalls den Zinsschock verkraften. Die Verfügbarkeit von Kapital war in den vergangenen zwei Jahren deutlich eingeschränkt. Das alles bedeutet viel Stress für Projektentwickler bei dem Aufbau neuer Portfolios.
Wie hat all das die langjährige Partnerschaft von SWM und CEE berührt?
Schreiber: Die Stadtwerke München sind neben anderen Investoren in ein Bestandportfolio investiert, das in den Jahren 2007 bis 2011 aufgebaut wurde. Was dieses Investment angeht, konnte also von den höheren Strompreisen profitiert werden.
Bieberbach: Wir haben versucht, die unerwarteten Gewinne im Bereich der Windparks, insbesondere derer die wir direkt halten und nicht über die CEE, an unsere Kunden weiterzugeben. Bilanziell gab es über die Jahre Verwerfungen, aber wir haben das ganz gut hinbekommen.
Von welchen Verwerfungen sprechen Sie?
Bieberbach: Die extreme Volatilität auf den Energiemärkten hat einerseits über Margin Calls vorübergehend sehr viel Liquidität gebunden und kurzfristige Finanzierungen erfordert. Andererseits mussten für Sicherungsgeschäfte hohe Rückstellungen gebildet und wieder aufgelöst werden. Beides sieht man sehr deutlich in den Jahresabschlüssen. Dazu kamen temporär sehr hohe Counterparty-Risiken.
Sie haben bereits angedeutet, dass sie auch direkt in Windparks investiert sind. Wie sieht das Portfolio der Stadtwerke München insgesamt aus?
Bieberbach: Wir haben zwei vollkommen voneinander getrennte Portfolios im Bereich der Finanzanlagen. Das eine sind die operativen Anlagen, das andere sind die reinen Finanzanlagen. In beiden haben wir elementar verschiedene Anlagegrundsätze. Bei der reinen Geldanlage sind wir aufgestellt wie eigentlich jeder große institutionelle Investor. Aktuell haben wir gut 1,2 Milliarden Euro. Die sind klassisch global vor allem in Anleihen und Aktien investiert. Dazu haben wir kleinere Beimischungen in illiquiden Anlagen. Wir streben eine geringe Volatilität bei angemessener Rendite an. Bei diesem klassischen Anlageverhalten wird sich auch nicht viel ändern.
Haben Sie sich vor der Zinswende nicht gewünscht, mehr illiquide Vermögenswerte im Portfolio zu haben?
Bieberbach: Regulatorisch sind wir wenig eingeschränkt. Wir könnten 25 Prozent Private Equity im Portfolio haben, wollen das aber gar nicht. Der konservative Ansatz ist und bleibt unser Vorgehen, weil wir das so wollen und nicht, weil der Regulator uns eingrenzt. Unkonventionelle Anlagen können sich schnell rächen. Vollkommen anders sieht es im Bereich der direkten Anlagen aus.
Dieser Artikel richtet sich ausschließlich an professionelle Investoren. Bitte melden Sie sich daher einmal kurz an und machen einige berufliche Angaben. Geht ganz schnell und ist selbstverständlich kostenlos.
Herr Bieberbach, Herr Schreiber, die vergangenen Jahre waren auch und insbesondere für Energie-Manager sehr fordernd, welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Florian Bieberbach: Das Thema Resilienz ist viel stärker ins Bewusstsein getreten - bei allen Energiemanagern. Es ist jedem in Deutschland bewusst geworden, wie verletzlich die Energieversorgung war und in Teilen noch immer ist. Die stabile Energieversorgung hat nun bei allen Planungen eine höhere Bedeutung.
Gibt es weitere Veränderungen mit Blick auf die Zukunft?
Bieberbach: Für uns als SWM ist eine ganz wesentliche Konsequenz aus den Krisen, dass wir stärker in verschiedenen Szenarien denken müssen. Bislang hatten wir eine Zukunfts- und Wirtschaftsplanung der wir folgten. Das reicht nicht aus, das war naiv, das wissen wir heute. Drei Zukunftsplanungen werden notwendig sein, um auf überraschende Wendungen der Rahmenbedingungen vorbereitet zu sein.
Wie war die ursprüngliche Planung konzipiert und wie werden die dazu kommenden aussehen?
Bieberbach: Der Blickpunkt lag ausschließlich darauf, Schritt für Schritt Klimaneutralität herzustellen, auf Basis der langen Jahre gewohnten Rahmenbedingungen. Dazu gekommen sind Strategien zu einer längeren Krise öffentlicher Haushalte, Cyber-Angriffen und weiteren Krisenszenarien, die eintreten und die Versorgungssicherheit gefährden können. Ich spreche da auch von Angriffen auf die Energieinfrastruktur.
Inwieweit haben Sie diesbezüglich personell aufgebaut?
Bieberbach: Wir haben uns verstärkt, um unsere Verteidigungsfähigkeit zu stärken, sowohl gegen Cyber- als auch gegen physische Angriffe. Zudem müssen wir uns aufmögliche politische Szenarien vorbereiten.
Was meinen Sie konkret?
Bieberbach: Sich möglicherweise verschiebende politische Prioritäten, auf europäischer Ebene. Es deutet sich an, dass Verteidigungsfragen auch hier wichtiger werden und Klimaschutz möglicherweise depriorisiert wird. Welche Auswirkungen das für Energieversorger haben wird, ist nicht vollkommen klar. Aber es wird Auswirkungen haben und wir wollen vorbereitet sein.
Bei ihrem ursprünglichen Ziel, nämlich sauberen Strom zu produzieren, kommt Herr Schreiber ins Spiel. SWM und CEE arbeiten seit vielen Jahren zusammen…
Detlef Schreiber: Was bei dem Thema sauberer Strom aus Sicht eines Asset Managers interessant ist, sind die in den vergangenen zwei bis drei Jahren durch die geopolitischen Unsicherheiten entstandenen Preis-Volatilitäten am Strommarkt. Wir haben von den höheren Strompreisen profitiert, haben moderat geplant und dementsprechend mehr erwirtschaftet. Auf der anderen Seite haben wir steigende Kapitalkosten, die wiederum mehrere Auswirkungen haben.
Welche sind die in ihren Augen gravierendsten Auswirkungen?
Schreiber: Zum einen sind wir bei unseren Investitionen auf Fremdfinanzierungen angewiesen, da wir ein hohes Investitionsvolumen haben. 200 bis 300 Basispunkte mehr, wirken sich auf die Eigenkapitalrendite aus. Eine Preisanpassung im Markt war dadurch notwendig. Preise für Assets mussten sinken, um den Zinsnachteil auszugleichen.
Das war ein herausfordernder Prozess. Auf der anderen Seite müssen wir institutionelles Kapital in unseren Fonds bündeln. Unsere Ansprechpartner mussten ebenfalls den Zinsschock verkraften. Die Verfügbarkeit von Kapital war in den vergangenen zwei Jahren deutlich eingeschränkt. Das alles bedeutet viel Stress für Projektentwickler bei dem Aufbau neuer Portfolios.
Wie hat all das die langjährige Partnerschaft von SWM und CEE berührt?
Schreiber: Die Stadtwerke München sind neben anderen Investoren in ein Bestandportfolio investiert, das in den Jahren 2007 bis 2011 aufgebaut wurde. Was dieses Investment angeht, konnte also von den höheren Strompreisen profitiert werden.
Bieberbach: Wir haben versucht, die unerwarteten Gewinne im Bereich der Windparks, insbesondere derer die wir direkt halten und nicht über die CEE, an unsere Kunden weiterzugeben. Bilanziell gab es über die Jahre Verwerfungen, aber wir haben das ganz gut hinbekommen.
Von welchen Verwerfungen sprechen Sie?
Bieberbach: Die extreme Volatilität auf den Energiemärkten hat einerseits über Margin Calls vorübergehend sehr viel Liquidität gebunden und kurzfristige Finanzierungen erfordert. Andererseits mussten für Sicherungsgeschäfte hohe Rückstellungen gebildet und wieder aufgelöst werden. Beides sieht man sehr deutlich in den Jahresabschlüssen. Dazu kamen temporär sehr hohe Counterparty-Risiken.
Sie haben bereits angedeutet, dass sie auch direkt in Windparks investiert sind. Wie sieht das Portfolio der Stadtwerke München insgesamt aus?
Bieberbach: Wir haben zwei vollkommen voneinander getrennte Portfolios im Bereich der Finanzanlagen. Das eine sind die operativen Anlagen, das andere sind die reinen Finanzanlagen. In beiden haben wir elementar verschiedene Anlagegrundsätze. Bei der reinen Geldanlage sind wir aufgestellt wie eigentlich jeder große institutionelle Investor. Aktuell haben wir gut 1,2 Milliarden Euro. Die sind klassisch global vor allem in Anleihen und Aktien investiert. Dazu haben wir kleinere Beimischungen in illiquiden Anlagen. Wir streben eine geringe Volatilität bei angemessener Rendite an. Bei diesem klassischen Anlageverhalten wird sich auch nicht viel ändern.
Haben Sie sich vor der Zinswende nicht gewünscht, mehr illiquide Vermögenswerte im Portfolio zu haben?
Bieberbach: Regulatorisch sind wir wenig eingeschränkt. Wir könnten 25 Prozent Private Equity im Portfolio haben, wollen das aber gar nicht. Der konservative Ansatz ist und bleibt unser Vorgehen, weil wir das so wollen und nicht, weil der Regulator uns eingrenzt. Unkonventionelle Anlagen können sich schnell rächen. Vollkommen anders sieht es im Bereich der direkten Anlagen aus.
Inwiefern?
Bieberbach: Das sind unsere direkten Beteiligungen an EE-Erzeugungsanlagen, vor allem an großen Windparks. Hier reden wir über ein Anlagevolumen von gut 4 Milliarden Euro. Historisch gesehen, hatten wir auch hier ein konventionelles Portfolio. Vor 20 Jahren waren das vor allem eine Kernkraft-Beteiligung, fossile Kraftwerke, Erdgas-Pipelines. Seit 2008 bauen wir dieses Portfolio um. Wir sind nicht mehr in Kern- und Kohlekraft investiert. Parallel haben wir viel in erneuerbaren Energien aufgebaut. Offshore- und Oshore-Wind macht den größten Anteil aus. Hier sind wir auch stark außerhalb Deutschlands, in erster Linie in Skandinavien aktiv. In diese Richtung wird es weitergehen, zuletzt verstärkt durch Investments in erneuerbare Wärmeerzeugungsanlagen, in erster Linie aus Geothermie.
Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern, findet Atomenergie jetzt wieder gut. Wie denken Sie darüber?
Bieberbach: Ich habe den Eindruck, dass die Debatte um Kernenergie ein Stück weit Teil des allgemeinen Kulturkampfes geworden ist. Aus dieser eher emotionalen Debatte halte ich mich raus. Ganz sachlich betrachtet, befinden sich die bestehenden deutschen Kernkraftwerke im Rückbau. Diese wieder anzufahren ist unmöglich. Wir sind an Isar 2 beteiligt, hier ist der Point of no return längst erreicht. Spricht man in Deutschland über einen Wiedereinstieg, dann bedeutet das Neubau. Realistischerweise haben diese Anlagen in Deutschland eine Planungs-, Genehmigungs- und Bauzeit von 20 Jahren plus X.